Der blaue Spitzenkandidat vor seinem Wahllokal in Mühldorf: Die kleine Gemeinde am Beginn des Mölltal wurde freiheitliche Hofburg. Die FPÖ kam dort auf 56 Prozent der Stimmen.

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Die Kärntner Parteien hatten im Wahlkampf definitiv ein Problem. Die aktuell drängendsten Themen und Herausforderungen sind allesamt solche, die die Landespolitik kaum oder nicht bearbeiten, geschweige denn lösen kann – von der Teuerung über den Ukrainekrieg bis zum Klimawandel. Dementsprechend inhaltsleer verlief der Wahlkampf. Einige wenige thematische Zugpferde und Trennlinien kristallisierten sich aber dann doch heraus, wie die Detailergebnisse der Wahl zeigen.

Corona-Impfung

In Tief- bis Mittelblau tauchte die Wahl die Kärntner Gemeindekarte im Westen des Bundeslandes. Dort befinden sich einige der impfskeptischsten Ortschaften Österreichs. Bereits bei der niederösterreichischen Landtagswahl hatte die FPÖ in Gemeinden mit großen Vorbehalten gegen die Corona-Impfung besonders reüssieren können. Dieses Muster setzte sich nun in Kärnten fort. Im Ort mit der geringsten Durchimpfungsrate Österreichs, in Stall im Mölltal, holten die Freiheitlichen satte 53,8 Prozent der Stimmen. Damit färbten sie den 1500-Einwohner-Ort, in dem bei der Landtagswahl 2018 noch die SPÖ vorn lag, um.

Ähnlich FPÖ-affin zeigten sich die teils ebenso impfskeptischen Nachbargemeinden von Stall. Dort holten die Blauen ebenso Platz eins: In Rangersdorf mit 48,6, in Flattach mit 43,2, in Reißeck mit 38,8 und in Mörtschach mit 35,2 Prozent. Der SPÖ kam in diesen Orten immerhin auf Platz zwei – mit der Ausnahme Mörtschach, wo die ÖVP am zweitbesten abschnitt.

Die Freiheitlichen hatten in derartigen Orten gezielt mobilisiert: So war Bundesparteichef Herbert Kickl nach Stall gereist, um Wahlkampfhilfe zu leisten. Ebenfalls für sich reklamieren konnte die FPÖ mehrere Gemeinden in den Bezirken Feldkirchen und St. Veit an der Glan.

Die Städte

In Kärntens Landeshauptstadt Klagenfurt gelang der SPÖ, was ihr im Land nicht glückte: die 40-Prozent-Marke halten – trotz gehöriger Verluste. Konkret kamen die Sozialdemokraten in der Heimatstadt des roten Landeshauptmanns Peter Kaiser (und des Neos-Spitzenkandidaten Janos Juvan) auf 43,2 Prozent. Grüne und Neos erreichten in dem urbanen Gebiet mit sechs und 4,5 Prozent bessere Ergebnisse als im Landesschnitt. Die FPÖ verlor entgegen den Kärnten-weiten Zugewinnen, schaffte es aber immerhin vor der ÖVP auf Platz zwei. Das Team Köfer wurde mit 11,7 Prozent Vierter.

In Klagenfurt spielt eines der wenigen landespolitischen Aufregerthemen des Wahlkampfs: die Debatte um den Flughafen. Die Ansichten der Noch-Koalitionspartner SPÖ und ÖVP gehen dabei diametral auseinander. Während die Volkspartei den teilprivatisierten Flughafen zur Gänze in Landeseigentum zurückführen will, möchten die Sozialdemokraten mit einem privaten Investor weitermachen.

Das Resultat von Villach, Kärntens zweitgrößter Stadt, folgt dem Klagenfurter Muster – mit einer Ausnahme: In Kickls Geburtsstadt legte die FPÖ zu.

Kärntner Slowenen und Haider

Besonders unter Beobachtung stand einmal mehr die Gemeinde an der Grenze zu Slowenien. Sie zählt zwar lediglich 600 Einwohnerinnen und Einwohner, ist bei Wahlen aber besonders interessant. Der Grund: 90 Prozent der Zellerinnen und Zeller gehören der Minderheit der Kärntner Sloweninnen und Slowenen an. Wie schon bei der Wahl vor fünf Jahren erreichten SPÖ und Grüne hier ihre besten Ergebnisse: 53,3 und 14,2 Prozent. Für die Neos ging sich das mit einem Resultat von 2,2 Prozent diesmal nicht aus.

Der blaue Stimmanteil von 5,2 Prozent in Zell war ähnlich wie das dortige Ergebnis der FPÖ von 2018 (3,1 Prozent). Dass die Volksgruppe im Wahlkampf zum Thema wurde, lag an den Freiheitlichen. Die blaue Jugendorganisation hatte vor einer "Slowenisierung Kärntens" gewarnt, Spitzenkandidat Erwin Angerer distanzierte sich nur halbherzig – und beförderte damit eine Art Jörg-Haider-Nostalgie.

Auch in anderen Ortschaften mit einem hohen Volksgruppenanteil wie Globasnitz und Eisenkappel-Vellach wurde die SPÖ mit besonders hohen Stimmanteilen Erster – und die FPÖ mit deutlichem Abstand Zweiter. Stichwort Haider-Nostalgie: In der Gemeinde Feistritz im Rosental, zu der Haiders Familiensitz im Bärental gehört, wurde ebenfalls die SPÖ Wahlsieger vor FPÖ und ÖVP. Das Bündnis Zukunft Kärnten, Nachfolger von Haiders BZÖ, kam auf 0,2 Prozent.

Heimatorte und Hochburgen

Klare freiheitliche Hochburg wurde eine kleine Gemeinde am Tor des Mölltals: In dem 1000-Einwohner-Ort Mühldorf, wo der blaue Kärntner Parteichef Angerer seit 20 Jahren Bürgermeister ist, fuhr die FPÖ 56 Prozent ein. Für einen anderen Bürgermeister reichte es in seinem Revier nur für Platz drei: Gerhard Köfer verzeichnete mit dem Team Kärnten in Spittal an der Drau 24 Prozent. Das sind 3,6 Prozentpunkte weniger als in der Köfer-Hochburg St. Georgen im Lavanttal.

Der Heimatort von ÖVP-Chef Martin Gruber wählte die Volkspartei auf den ersten Platz: Sie kam in Kappel am Krappfeld, wo Gruber bis 2018 Bürgermeister war, auf 38,5 Prozent. Die Bestmarke von 47,1 Prozent erreichte die ÖVP in der Gemeinde Lesachtal.

In Ludmannsdorf, der zweisprachigen Heimatgemeinde von Grünen-Spitzenkandidatin Olga Voglauer, wurde die SPÖ stimmenstärkste Partei. Die Grünen kamen mit 8,6 Prozent auf Platz fünf. Die Neos schafften ihr bestes Ergebnis von 8,2 Prozent in Krumpendorf am Wörthersee. (Stefanie Rachbauer, 5.3.2023)