ÖVP-Verhandler Jochen Danninger ist unzufrieden mit den Verhandlungen – und macht Ideen der SPÖ öffentlich.

Foto: apa / helmut fohringer

Der designierte SPÖ-Chef in Niederösterreich, Sven Hergovich.

Foto: apa / helmut fohringer

St. Pölten – Die Verhandlungen zur künftigen Landesregierung in Niederösterreich stehen offenbar kurz vor der Eskalation. ÖVP und SPÖ werfen einander fehlende Ernsthaftigkeit vor – am Dienstag machte die Volkspartei rote Forderungen aus den vertraulichen Gesprächen öffentlich.

Normalerweise finden Regierungsverhandlungen ja hinter verschlossenen Türen statt – schließlich wollen beide Seiten auch bei schmerzhaften Kompromissen ihr Gesicht wahren. Die rot-schwarzen Verhandlungen in St. Pölten finden nun allerdings zunehmend öffentlich statt. Am Freitag definierte der designierte rote Landesparteiobmann Sven Hergovich sechs Bedingungen als "Untergrenze" für die Verhandlungen – und brüskierte damit die ÖVP.

"Ganz bewusst unverrückbar Hürden"

Seitdem sind die Teams der Parteien zweimal zusammengesessen. Nach dem Termin am Dienstag drehte die ÖVP nochmals an der Eskalationsschraube: "Ich habe das Gefühl, dass von manchen in der SPÖ versucht wird, den aktuellen Richtungsstreit innerhalb der Bundes-SPÖ nach Niederösterreich zu tragen", sagt der schwarze Chefverhandler Jochen Danninger in einer Aussendung. Und zwar, "indem sie ganz bewusst unverrückbar Hürden aufbauen, um es sich dann in der Opposition einzurichten". Für die Umsetzung der roten Forderungen "wäre es notwendig, dass die ÖVP wesentliche Grundprinzipien aufgibt".

Baulandabgabe und Lkw-Maut

Danninger offenbart dann einige Forderungen der SPÖ aus den Verhandlungen: etwa eine Abgabe auf unbebautes Bauland, die "wird es mit uns nicht geben" – schließlich sei Niederösterreich "das Land der Eigentümer".

Laut ÖVP ebenfalls im roten Forderungskatalog: eine flächendeckende Lkw-Maut auf Landesstraßen. Auch die kommt aus Sicht der Volkspartei nicht infrage, wegen des Wirtschaftsstandorts.

Wirtschaftlich argumentiert die ÖVP auch gegen die (bereits bekannte) SPÖ-Idee, allen Langzeitarbeitslosen im Land öffentlich finanzierte Stellen zu verschaffen, wie das Hergovich bereits als AMS-Chef in einem Pilotprojekt in Gramatneusiedl umgesetzt hatte. Für die ÖVP ist das nicht nur unfinanzierbar, sondern auch in Zeiten zahlreicher unbesetzter Stellen nicht angemessen: "Wir müssen doch schauen, dass die Arbeitslosen in den Betrieben eine echte Anstellung bekommen, und sie nicht mit hunderten Millionen Euro künstlich beschäftigen", sagt Danninger.

Interpretierbarer Schlusssatz

Der VP-Verhandler beschließt die ungewöhnliche Offenbarung so: "Daher kann ich nur nochmals an die SPÖ appellieren, mit uns ernsthafte Gespräche zu führen. Denn wir wollen weiterhin mit allen in der Landesregierung vertretenen Parteien zusammenarbeiten." Den letzten Satz kann man als Hoffnung für eine rot-schwarze Zusammenarbeit interpretieren – oder als Drohung, dass die ÖVP auch mit der FPÖ in der Landesregierung einen Deal eingehen könnte. Damit stünde ein Ende der Verhandlungen im Raum.

Die ÖVP strebt "Arbeitsübereinkommen" sowohl mit den Freiheitlichen als auch mit der Sozialdemokratie an, alle drei Parteien sitzen wegen des Proporzsystems in der Landesregierung. De facto braucht die ÖVP aber einen Koalitionspartner – weil sie weder eine Mehrheit im Landtag noch eine Mehrheit in der Landesregierung hat.

Die SPÖ spricht in einer Reaktion dennoch von einem "produktiven" Gespräch. "Leider gibt es innerhalb der ÖVP Niederösterreich noch wenig Bewusstsein, dass sie über konkrete Verbesserungen für die Niederösterreicherinnen und Niederösterreicher verhandeln muss." (Sebastian Fellner, 7.3.2023)