Seit November wird in Vorarlberg in Sachen Wifi-Kurse für Ukrainerinnen ermittelt.

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Feldkirch – Das Interesse an der Verhandlung hat dann auch die Richterin am Feldkircher Landesgericht überrascht. "Das gab es bei mir noch nie", sagt sie. Jeder Stuhl in der hinteren Reihe des Saals 124 ist an diesem Mittwoch besetzt; und das, obwohl das arbeitsrechtliche Verfahren auf den ersten Blick nicht sonderlich spektakulär erscheint: Eine Ex-Angestellte klagt ihren früheren Chef, den Hotelier und Tourismusobmann Markus Kegele, weil dieser sie im Sommer 2022 gekündigt hat – in den Augen der Klägerin ungerechtfertigterweise.

Zwei Monate war sie zuvor Leiterin von Tourismuskursen für ukrainische Geflüchtete, die im Hotel des Ex-Chefs im Vorarlberger Stuben stattfanden. Dort habe sie Missstände aufgezeigt und sich für die Ukrainerinnen eingesetzt, argumentiert ihr Anwalt. Der Beklagte weist all das von sich: Die Kursleiterin hätte sich durch Fehlverhalten selbst disqualifiziert.

Causa Ukrainerinnen-Kurse

Worüber im Saal jedoch Einigkeit herrschen dürfte: Das, was hier verhandelt wird, ist ein Nebenschauplatz einer weit größeren Causa, die besagte Ausbildungskurse für Ukrainerinnen betrifft. Gemeinsam mit dem Wifi Vorarlberg hatte Hotelier Kegele diese im Mai des vergangenen Jahres ins Leben gerufen, um dem Personalmangel in Gastronomie und Tourismus entgegenzuwirken und geflüchteten Ukrainerinnen eine Jobperspektive zu geben. Ein von Vorarlberg propagiertes Erfolgsprojekt, das von der öffentlichen Hand üppig gefüttert wurde – und über den Arlberg hinausstrahlte.

Doch im November 2022 kamen durch STANDARD-Recherchen Vorwürfe von Teilnehmerinnen auf, die grobe Missstände während und nach den Kursen beklagten. Eine anonyme Anzeige ging kurz zuvor bei der Staatsanwaltschaft Feldkirch ein. Die Ukrainerinnen sollen demnach in Betrieben des Hoteliers und in einer Reinigungsfirma ohne Entlohnung und Arbeitsverträge als Putzkräfte und Küchenhilfen ausgebeutet und auch mit falschen Versprechungen nach Österreich gelockt worden sein. Auch dem Wifi wurden in diesem Zusammenhang mangelnde Qualitätskontrollen vorgeworfen.

Hotelier bestreitet alles

Vorwürfe, die Kegele und das Wifi seither vehement bestreiten: Einerseits sei es "nie um Profit gegangen", beteuerte dieser auf einer Pressekonferenz im November. Auch könne sich Kegele die Vorwürfe nicht erklären, zumal die Rückmeldungen von Teilnehmerinnen positiv ausgefallen sein sollen. Hinter den Anschuldigungen sah er eine Vendetta der Kursleiterin.

Die Kurse selbst wurden kurz darauf eingestellt. Aufklärung in dieser Sache sucht man bislang vergebens: "Die Ermittlungen laufen noch", heißt es auf erneute STANDARD-Nachfrage von der Staatsanwaltschaft Feldkirch. Auch über den Ermittlungsstand gibt es keine Auskunft.

Missglückter Vergleich

Doch auch im kleinen Saal in Feldkirch wird schnell klar, dass dies nur der Auftakt eines längeren Verfahrens sein dürfte: Denn zu den Argumenten, die für oder gegen die Kündigung der Kursleiterin sprechen, kommt es gar nicht erst. Zuvor müsste geklärt werden, ob es sich tatsächlich um einen Dienstvertrag gehandelt habe. Der Hotelier bestreitet das. Er behauptet, dass die Kursleiterin mittels Werkvertrags die Kurse geleitet hat. Auch der Versuch der Richterin, beide Seiten zu einem Vergleich zu bringen, scheitert: Keiner der Anwälte ist bereit, einen Betrag zu nennen.

Und so wird die Verhandlung im Juli fortgesetzt, bei der mehr als zehn Zeuginnen geladen werden: ukrainische Kursteilnehmerinnen, ehemalige Kursleiter und Mitarbeiterinnen, die Aussagen über das Beschäftigungsverhältnis machen können – und über die Missstände, die die Leiterin gegenüber den Kursverantwortlichen vor ihrer Kündigung deponiert hatte. Auch die Beklagtenseite will weitere Zeugen laden. (Elisa Tomaselli, 9.3.2023)