Ein Langschwanzmakak – oder Javaneraffe – beim Werkzeuggebrauch.
Foto: Lydia V. Luncz

Makaken sind in Thailand weit verbreitet. Langschwanzmakaken bevölkern Städte, liefern sich Revierkämpfe und können sorglosen Urlaubsgästen gegenüber frech bis aggressiv werden. Und noch etwas verbindet uns mit ihnen: Sie nutzen Werkzeuge, um an ihr Essen zu kommen.

Zum Knacken harter Nüsse bearbeiten die Affen sie mit Steinen. Einer wird wie ein Hammer auf die harte Schale niedergeschmettert, der darunterliegende Fels dient als Amboss. Dabei entstehen manchmal Steinsplitter – und diese ähneln Artefakten, die auch an prähistorischen Fundstätten auftauchen, wie ein Team des Max-Planck-Instituts für evolutionäre Anthropologie in Leipzig im thailändischen Phang-Nga-Nationalpark herausgefunden hat.

Solche scharfkantigen Fragmente, die Millionen Jahre alt sein können, sind für Fachleute wichtige Indizien. Sie wurden oft als Anzeichen dafür interpretiert, dass unsere entfernten menschenartigen Verwandten – die wie wir zu den Homininen zählen – gezielt Steinwerkzeuge herstellten. Dies gilt als Alleinstellungsmerkmal des Menschen.

Artefakte von Makakenhand

Es liegt allerdings in der Natur der Wissenschaft, dass solche Definitionen immer wieder aufgebrochen und hinterfragt werden: Immerhin dachte man lange Zeit, nur Menschen würden überhaupt Werkzeuge benutzen. Mittlerweile ist klar, dass andere Tiere, vom Affen bis zum Vogel, ebenfalls versiert Werkzeuge herstellen und von ihnen Gebrauch machen können. Aber stellen die Steinsplitter, über die das Forschungsteam nun im Fachmagazin "Scientific Reports" schreibt, bisherige Artefaktfunde infrage?

Ja und nein. "Unsere Studie zeigt, dass die Herstellung von Steinwerkzeugen nicht nur für den Menschen und seine Vorfahren typisch ist", sagt Tomos Proffitt, der sich am Institut mit altsteinzeitlicher Archäologie befasst. Makaken nutzen nicht nur Steinwerkzeuge, um Nüsse zu knacken, sondern auch andere Hilfsmittel, um Schalentiere aufzubrechen. Das ist für den Experten keine große Überraschung. "Interessant ist aber, dass sie dabei unabsichtlich ein eigenes archäologisches Zeugnis produzieren, das beachtlich ist und sich teilweise nicht von homininen Artefakten unterscheiden lässt."

Keine prähistorischen Pfeilspitzen oder Ritzsteinchen: Solche scharfkantigen Steinfragmente können auch entstehen, wenn Makaken auf harte Nüsse einschlagen.
Foto: Proffitt et al., 2023

Fundkontext wichtig

Wie das Forschungsteam zeigt, sehen manche der steinernen Bruchstücke von Makakenhand Objekten ähnlich, die etwa in Ostafrika viele hunderttausende Jahre überdauert haben. Fachleute vermuten, dass die prähistorischen Steinsplitter von Vertreterinnen und Vertretern der Gattung Homo, aber auch der Gattungen Paranthropus und Australopithecus stammen.

Könnten auch diese Steine von ansässigen Affenspezies produziert worden sein? Das wäre möglich, aber nicht unbedingt wahrscheinlicher: Immerhin ist nicht nur ein einzelnes Fundstück wissenschaftlich relevant, sondern vor allem die Umgebung, in der es entdeckt wurde. Befinden sich daneben in derselben Schicht vor allem Knochen von menschenähnlichen Spezies, liegt es nahe, dass diese selbst die Steinsplitter produziert haben.

Affen helfen Anthropologie

Daher geht es weniger um die Frage, ob die prähistorischen Fundstücke von Affen anstatt von Homininen stammen. Vielmehr könnten auch unsere Vorfahren zunächst unabsichtlich scharfe Steine erzeugt haben – wie die Makaken, die Steine als Hammer und Amboss verwenden. Dies haben Fachleute bereits in der Vergangenheit in den Raum gestellt, sagt Lydia Luncz, die betreuende Autorin der Studie. Sie leitet am Max-Planck-Institut die Forschungsgruppe zu Technologischen Primaten.

Die Studie könne dabei helfen, entsprechende archäologische Signaturen künftig besser zu identifizieren und zu verstehen, sagt Luncz. Und sie macht deutlich, weshalb es sinnvoll ist, Affen zu erforschen, um mehr über ausgestorbene menschenähnliche Spezies herauszufinden: "Diese Entdeckung zeigt, wie heute lebende Primaten Forschenden dabei helfen können, den Ursprung und die Entwicklung des Werkzeuggebrauchs in unserer eigenen Abstammungslinie zu untersuchen." (Julia Sica, 10.3.2023)