Die Räume, in denen Eva Kinauer-Bechter Kunden und Kundinnen in ihrer Partnervermittlung in Wien-Hietzing empfängt, sind denkbar nüchtern. Hier wird einmal abgeklopft, ob Wünsche realistisch sind und Fremd- und Selbstbild zusammenpassen.

STANDARD: Man hat Ihnen den Titel Luxuskupplerin verpasst ...

Kinauer-Bechter: … eigentlich Partnervermittlerin der Schönen und Reichen, ist ja so ähnlich.

STANDARD: Wollten Sie immer Partnervermittlerin für Betuchte werden?

Kinauer-Bechter: Ich war schon als Kind wissbegierig und kommunikativ und wollte immer mit Menschen zu tun haben. Ich bin sehr früh ins Ausland gegangen, bin mit zwölf zu einer englischen Familie gekommen. Nach der Matura war ich ein Jahr in Lausanne. In Wien, während des Studiums, habe ich zu arbeiten begonnen, eine Ausbildung zum Managementcoach gemacht und viele Jahre mit tollen Persönlichkeiten zusammengearbeitet.

STANDARD: Sie haben in Managementfragen beraten. Wie kamen Sie auf die private Ebene?

Kinauer-Bechter: Eines Tages hatte ich einen Klienten, einen Österreicher mit toller Karriere im Ausland, der in die Heimat zurückgekommen ist. Der hat eines Tages zu mir gesagt: Jetzt haben wir ein neues Projekt. Sie suchen mir eine Frau.

Männer, Frauen, Junge wie Ältere kommen mit hohen Ansprüchen, sagt Partner-Vermittlerin Eva Kinauer-Bechter.
Robert Newald

STANDARD: Der erste Auftrag?

Kinauer-Bechter: Ich habe gesagt, das kann ich nicht, da gibt es Profis, aber ich suche Ihnen eine Agentur. Er hat gemeint: Wenn Sie keine finden, zu der Sie gehen würden, dann machen Sie es. Dann habe ich so geschaut, was es in Österreich gibt. Da gab es damals diese Kleinanzeigen unter den Gebrauchtwagen, es war einfach schrecklich.

STANDARD: Nichts gefunden?

Kinauer-Bechter: Nein, ich habe keine gefunden. Dann dachte ich mir, jetzt fange ich einmal an, meinen ersten Klienten hab ich ja schon mitgenommen. Es ging mir nicht darum, Profit zu lukrieren, sondern ich wollte weiterhin mit erfolgreichen, spannenden Persönlichkeiten zusammenarbeiten. Ich betreue die, die ihre Ziele erreicht haben und erfolgreich sind, Unternehmer, Ärzte, Anwälte, Steuerberater, Top-Management.

STANDARD: Im Privatleben erreichen sie ihre Ziele offenbar nicht?

Kinauer-Bechter: Ich wurde oft gefragt: Wieso kommen die, die erfolgreich sind und alles haben, zu Ihnen? Man könnte denken, beim Superunternehmer, der sich alles leisten kann, stehen die Frauen Schlange. Ja, das stimmt, aber die, die in der Schlange stehen, die will er nicht, weil er viel bietet und sich selber extrem viel wünscht.

STANDARD: Hört sich an, als wären mehr erfolgreiche Menschen Männer?

Kinauer-Bechter: Stimmt schon lange nicht mehr. Zu mir kommen gleich viele Männer und Frauen. Wir haben inzwischen mehr weibliche Bachelor-Absolventen als männliche. Wir haben extrem viele Frauen, die erfolgreich sind. Wir haben die Welt schon erobert. (lacht)

STANDARD: Erwarten Ihre Kunden von Ihnen zuweilen Wunder?

Kinauer-Bechter: Ich bin eine ehrliche Ratgeberin, Freunde sind oft Schönreder. Im Erstgespräch scheiden 70 Prozent aus. Manche glauben, sie sind biologisch 30, in Wirklichkeit sind sie 60. Da klafft es oft total auseinander. Wenn der 60-Jährige sagt, er möchte jetzt noch eine Familie gründen mit einer 25-Jährigen, muss ich sagen: nicht mit mir.

Selbst- und Fremdbild stimmen oft nicht überein, sagt Kinauer-Bechter.
Robert Newald

STANDARD: 70 Prozent ist viel.

Kinauer-Bechter: Ja, das ist natürlich auch in den letzten 20 Jahren durch Online-Dating entstanden. Da ist es plötzlich dazu gekommen, dass man Anforderungen definiert. Und je länger jemand Single ist, desto länger wird die Anforderungsliste. Und irgendwann ist die Liste längst unrealistisch. Die Vorstellung ist: Ich habe auf der ganzen Welt Möglichkeiten, ich muss nur lange genug warten. Die Online-Dater wischen nur weiter und denken, irgendwann ploppt da der Prinz auf.

STANDARD: Kluge Menschen wie Ihre Kunden glauben das nicht?

Kinauer-Bechter: Manche glauben, sie werden glücklich durch einen Partner. Das ist falsch. Wenn ich mir das Leben nicht super gemacht habe und mit mir selbst glücklich bin, dann werde ich auch den Partner nicht glücklich machen. Dort setzt es auch manchmal an.

STANDARD: Sie sind beim ersten Date dabei. Wie läuft das ab?

Kinauer-Bechter: Meine Klienten kommen immer pünktlich – auf die Minute. Ich bleibe die erste halbe Stunde dabei und moderiere das Date, das wird geschätzt. Meine Jahresbetreuung kostet 20.000 Euro, während andere internationale Agenturen lediglich Telefonnummern austauschen und ein Vielfaches verlangen. Ich habe mir überlegt, wie ich das gerne hätte, und gedacht: Wie schrecklich, da sitzt du im Kaffeehaus, legst eine rote Nelke auf den Tisch und erschrickst bei jedem, der hereinkommt. Das ist elend. Ich habe auch Klientinnen – Ende 20 –, die sagen: Fein, dass Sie das gemacht haben.

STANDARD: So jung? Nachdem Ihre Kundschaft vermögend ist, dachte ich eher an fortgeschrittenes Alter.

Kinauer-Bechter: Nein, wir haben so viele Erben im Land und gut ausgebildete und extrem ehrgeizige Menschen. Die haben in Rekordzeit studiert, sprechen vier Sprachen, sind extrem erfolgreich. Wir haben viele Junge. Frauen fangen bei Ende 20 an, Männer nehme ich erst ab 30. Die 20-Jährige, die noch studiert, ist falsch bei mir. Ich mache ausschließlich Lebenspartnerschaften.

STANDARD: Liest man die Anzeigen in einer Zeitung für die gebildete Leserschaft, erwarten Männer schöne, gebildete Frauen und Frauen finanzielle und gefühlsmäßige Sicherheit. Viel hat sich nicht geändert, oder?

Kinauer-Bechter: Nein, hat sich nicht. Aber das Modell Arzt/Krankenschwester, Chef/Sekretärin ist nicht das Modell der Jetztzeit. Gesucht sind Partnerschaften auf Augenhöhe, und das ist auch eine gute Nachricht für die Frauen.

Wer zu Kinauer-Bechter kommt, muss viel von sich erzählen.
Robert Newald

STANDARD: Gutes Aussehen ist eine Selbstverständlichkeit?

Kinauer-Bechter: Bei Frauen ist Attraktivität extrem wichtig. Wichtiger als bei Männern. Wie es immer war. Regel Nummer eins: Ich muss mich selbst lieben. Gleich danach kommt Selbstoptimierung. Will ich einen tollen Mann, muss ich halt sagen: Vielleicht sollte ich mich besser ernähren, mehr Sport machen, mir einen anderen Friseur suchen, mich in gewissen Bereichen mehr bilden. Die Gesamterscheinung muss den Mann bezaubern.

STANDARD: Frauen müssen mehr bieten?

Kinauer-Bechter: Nein, aber die Anzahl der erfolgreichen charismatischen Männer ist nicht riesig groß. Und alle, alle wollen diese Männer, alle. Jede Frau auf dieser Welt hätte gerne einen tollen Mann, der ein Superhaus hat, gut verdient und ihr ein sorgloses Leben bereitet. Und wenn ich so hohe Ansprüche habe, muss ich auch schauen, dass ich für den Mann attraktiv bin. Wenn ich immer nix kann, dann wird es schwierig. Das gilt auch für den Mann.

STANDARD: Anderes Thema: Was gilt: Gleich und gleich gesellt sich gern, oder Gegensätze ziehen sich an?

Kinauer-Bechter: Gegensätze ziehen sich überhaupt nicht an. Gegensätze sind eine Katastrophe. Der eine ist der Supersportler, der andere will sich gar nicht bewegen. Erfolgreiche Menschen haben nicht so unendlich viel Freizeit. Wenn jeder völlig andere Interessen hat, dann wird es schwierig, weil du zu wenig gemeinsame Zeit hast. Einer lebt verschwenderisch, und der andere ist ein Erbsenzähler, auch schwierig, da diskutierst du über jede Ausgabe.

STANDARD: Was haben Sie in all den Jahren über die Liebe gelernt?

Kinauer-Bechter: Nicht viele Menschen haben das Glück, dass sie einen Menschen finden, mit dem sie das Leben verbringen und glücklich und zufrieden sind. Vor zwanzig Jahren war das auch cool, dass du ewig Single bist. Aber heute wünschen sich die Jungen eine stabile, glückliche Familie, auch Frauen.

STANDARD: Muss man aufpassen, dass dieser Zug nicht vorüberrauscht?

Kinauer-Bechter: Sie sagen es. Ich habe in meinem Leben drei Säulen definiert: Beruf, Partnerschaft, Kinder. Wenn du 40 bist, gehören zwei dieser drei erfüllt. Das gilt aber auch für den Mann. Wenn ein Mann nur Karriere macht, ist das ja auch öde. Für uns Frauen gilt: nicht zu lange warten und nichts dem Zufall überlassen. (Regina Bruckner, 12.3.2023)