Dass es einen Durchbruch bei den Gesprächen zwischen Saudi-Arabien und dem Iran geben würde, war angesichts der Spannungen um Irans Atomprogramm nicht erwartet worden.

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Angesichts der Funde von fast waffentauglichen Uranspuren im Iran wuchs zuletzt die Angst vor einem neuen Krieg im Nahen Osten: Seit langem gehört es zu den strategischen Überlegungen Israels, angesichts der wiederholt geäußerten Vernichtungsfantasien in Teheran die iranischen Atomanlagen militärisch zu zerstören. Gleichzeitig wusste die Gerüchteküche, dass trotz der israelisch-palästinensischen Eskalation eine offizielle Normalisierung zwischen Israel und Saudi-Arabien im Bereich des Möglichen liege.

Und dann – unterzeichnen Iran und Saudi-Arabien am Freitag nach sieben Jahren die Wiederaufnahme ihrer diplomatischen Beziehungen. In China, vermittelt von China. Die Karten im Nahen Osten werden nun neu gemischt.

Saudisch-iranische Gespräche hat es schon länger gegeben, an einen Durchbruch dachte man angesichts der offenen nuklearen Frage im Moment eher nicht. China – dessen Präsident Xi Jinping im Vorjahr in Riad wie ein Kaiser empfangen wurde, im Gegensatz zu US-Präsident Joe Biden – hat die Saudis offenbar davon überzeugt, dass eine Annäherung auf dem Weg zu einem neuen Atomdeal helfen könnte. Die Saudis, die früher Israel sogar dazu drängten, wollen keinen neuen Krieg: Im Gegenteil, sie wollen einen laufenden, im Jemen, beenden, und auch das geht nicht ohne Minimalkonsens mit Teheran.

Geschäftsmodell in Gefahr

Die Zukunftsvisionen und Entwicklungspläne von Kronprinz Mohammed bin Salman für Saudi-Arabien funktionieren nur mit einigermaßen Ruhe in der Region. Der schwere Raketen- und Drohnenangriff der jemenitischen Huthi-Milizen auf die Ölgesellschaft Aramco sitzt den Saudis noch in den Knochen. Genau aus dem gleichen Grund haben die Vereinigten Arabischen Emirate die Beziehungen zum Iran, aber auch zu Syrien normalisiert. Eine verrostete Rakete auf Dubai ließe dessen Geschäftsmodell zusammenbrechen.

Wird sich nun alles in der Region ändern? Nein. Saudi-Arabien wird keinen Zentimeter von seiner Aufrüstung mithilfe der USA und der Sicherheitskooperation mit Israel abweichen, und Iran wird seine Einflusspolitik in der Region und seine Raketenprogramme nicht aufgeben. Aber die vom saudisch-iranischen Hegemonialkonflikt besonders betroffenen Staaten – Jemen, Irak, Libanon, Syrien – können darauf hoffen, dass die Stellvertretergruppen der beiden Regionalmächte wieder zur politischen Konsensfindung angehalten werden. Das ist unter anderem für die libanesische Hisbollah eine schlechte Nachricht.

Verlierer in den USA

Ein großer Verlierer sitzt aber auch in Washington. China, das lange nur als wirtschaftlicher Riese in Nahost auftrat, beginnt neben Geschäften dort jetzt Politik zu machen. Mit Teheran hat Peking ein strategisches Abkommen, hat aber auch seinen Unmut über dessen nukleare Eskalationspolitik gezeigt. Saudi-Arabien, wichtiger strategischer Partner der USA im Kalten Krieg und danach, hat den Glauben an die US-Gestaltungskraft im Nahen Osten begraben und schaut sich woanders um. China wird umso wichtiger, je beschäftigter Russland mit der Ukraine ist.

Biden hat sich verkalkuliert, als er nach Donald Trump bei den Saudis ein Exempel wertebasierter Außenpolitik statuieren wollte. China fragt nicht nach der Ermordung Jamal Khashoggis. Das täte natürlich auch Israel nicht, wenn Riad sich entschließen würde, die Beziehungen zu Jerusalem zu normalisieren. (Gudrun Harrer, 13.3.2023)