Für die thermische Sanierung von Altbauten gibt es in Österreich bereits seit 2009 die "Sanierungsscheck"-Aktion, unter der türkis-grünen Bundesregierung wurde sie noch massiv aufgestockt.

Grafik: STANDARD/Jecel

Sämtliche Gebäude in der Europäischen Union sollen bis 2050 klimaneutral sein – darauf hat sich kürzlich das EU-Parlament verständigt. Im Zuge einer europaweiten Harmonisierung von Energieeffizienzklassen sollen alle bestehenden Wohngebäude aber schon bis 2030 auf einer Skala von A bis G, wobei G die schlechtesten 15 Prozent des Gesamtbestands des jeweiligen Mitgliedslands darstellt, mindestens Klasse E erreichen. Und bis 2033 soll kein einziges Gebäude schlechter als Klasse D sein.

"Sanierungswahnsinn"

Ausnahmen wird es geben, im Grunde ist das alles aber noch nicht fix – es wird nun mit den Mitgliedsländern darüber verhandelt. Die Aufregung ist dennoch groß. Etwa in Italien, wo seit Wochen gegen die Pläne Stimmung gemacht wird. Aber auch in Deutschland gehen die Wogen hoch. "Sanierungswahnsinn: Viele haben das Geld nicht", titelte "Bild" kürzlich.

Kurz zuvor hatte die Berliner Ampelkoalition einen Entwurf für ein Gebäudeenergiegesetz vorgestellt, das den etappenweisen Ausstieg aus Öl- und Gasheizungen vorgeben soll. Ab 2024 müssen neu eingebaute Heizungen zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden. Allerdings sind Ausnahmen vorgesehen, etwa für über 80-jährige Hauseigentümer. Laut einer Berechnung des deutschen Wirtschaftsministeriums werden die deutschen Haushalte aber bis 2028 jährlich mehr als neun Milliarden Euro für den Umstieg auf klimafreundliche Heizsysteme in die Hand nehmen müssen.

Wo bleibt das EWG?

In Österreich gibt es schon seit dem Vorjahr einen Entwurf für ein entsprechendes Gesetz, nämlich das Erneuerbare-Wärme-Gesetz (EWG). Es ist unter den Koalitionspartnern ÖVP und Grüne ausverhandelt und im Ministerrat beschlossen, braucht aber eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Parlament. "Die Verhandlungen laufen, ich hoffe dass diese bald zu einem Abschluss kommen", sagt Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) zum STANDARD.

Die Immobilienwirtschaft mahnt außerdem schon seit Monaten wohnrechtliche Begleitgesetze ein, denn ohne diese würde die Pflicht zum Austausch einer Öl- oder Gasheizung in vielen Fällen mit bestehenden Rechten von Mieterinnen und Mietern, die solche gravierende Eingriffe in das eigene Mietobjekt nicht dulden müssen, kollidieren. Hier ist die Regierung noch säumig. Sie sei diesbezüglich im Austausch mit ihrer grünen Regierungskollegin Alma Zadić (Justiz), sagt Gewessler, "Priorität hat aber zunächst einmal das EWG."

Milliarden an Förderungen

Schon länger auf den Weg gebracht wurde ein begleitendes Förderprogramm, in das bis 2026 zwei Milliarden Euro fließen sollen. Im Prinzip besteht es in Form der Bundesaktion zur thermischen Sanierung von Altbauten ("Sanierungsscheck") schon seit 2009, die türkis-grüne Regierung hat es aber um einen sehr beliebten "Raus aus Öl und Gas"-Bonus erweitert und massiv aufgestockt. Im Rahmen der Aktion können sanierungswillige private Haushalte seit heuer bis zu 14.000 Euro abholen, wenn sie einen alten Ölkessel tauschen oder von Gas auf ein erneuerbares Heizsystem umstellen wollen.

Förderung bis zu 100 Prozent

940 Millionen Euro stehen für 2023 und 2024 für Private und Betriebe zur Verfügung. Bis zum 11. April wurden bereits 3708 Anträge und weitere 12.427 Registrierungen gezählt. 811,5 Millionen Euro sind noch im Topf. Im Vorjahr wurden 45.800 Anträge bewilligt, heißt es von der Kommunalkredit Public Consulting, die die Förderaktion für die Bundesregierung abwickelt. Für Menschen mit geringem Einkommen wurde außerdem die Förderschiene "Sauber Heizen für alle" ins Leben gerufen, die bis zu 100 Prozent einer neuen Heizung fördert.

Dass es solche Unterstützungen für schutzbedürftige Haushalte geben muss, darauf pochten auch die EU-Parlamentarier, und ganz generell sollten die Mitgliedstaaten "kostenlose Informationsstellen und kostenneutrale Renovierungsprogramme" einrichten, wie es in dem Beschluss von Mitte März hieß. Für Gebäude mit Sozialwohnungen sollen die Mitgliedsländer übrigens Ausnahmen von der Sanierungspflicht beschließen können, ebenso für denkmalgeschützte Objekte oder Gotteshäuser. Rund 300.000 österreichische Häuser werden aber wohl saniert werden müssen, heißt es, eher noch mehr: Wohnbauforscher Wolfgang Amann (IIBW) schätzt den Sanierungsbedarf auf rund 1,2 Millionen Wohneinheiten, davon allein rund 400.000 in Ein- und Zweifamilienhäusern. (Martin Putschögl, 17.4.2023)