Die Chemie zwischen Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) und seinem künftigen Stellvertreter Martin Gruber (ÖVP) stimmt. Der Koalitionspakt wurde ohne großes Getöse ausverhandelt.

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Es geht auch anders. Während alle Spots auf Niederösterreich, auf die Verwerfungen in der dortigen nervösen Landespolitik und die finstere Liaison zwischen der ÖVP und den rechten Hardlinern der FPÖ gerichtet waren, haben sich die Kärntner Schwarzen und Roten im Schatten und in aller Ruhe auf eine Neuauflage der SPÖ-ÖVP-Koalition geeinigt.

Natürlich, es hätte auch anders kommen können. Die Kärntner ÖVP ist ebenso machtbewusst und durch ihren überraschenden Wahlerfolg selbstbewusster geworden. Alle Meinungsforscher hatten auch der Volkspartei in Kärnten einen Absturz prognostiziert. Am Wahlabend stand jedoch ein Plus von 1,6 auf 17 Prozent vor dem Ergebnis. Und mit einem Mal öffnete sich das Fenster für eine Alternative jenseits Peter Kaisers SPÖ, die an diesem Wahltag mit einem Minus von neun Prozentpunkten auf 39 Prozent absackte.

Kurz hatte ÖVP-Chef Martin Gruber die SPÖ geschreckt, als er meinte, er werde umgehend auch auf die FPÖ und das dem Populismus zuneigende Team Köfer zugehen. Eine Koalitionsvariante, die mit Blick auf die nach rechts rückende ÖVP in Niederösterreich und auch im Bund als durchaus plausibel erschien. Gruber hat dieser Versuchung aber widerstanden.

Der Kärntner ÖVP-Chef hatte schon im Wahlkampf und in der letzten Legislaturperiode vorgelebt, dass er für eine radikale und ideologiegetriebene Politik nicht zu haben ist. Der Nebenerwerbslandwirt ist, wie Peter Kaiser, ein pragmatischer Polithandwerker – auslotend, was geht und was nicht geht, was dem Partner zuzumuten ist und was nicht.

Hyperventilierende Blasen

In diesem Geist ist auch der neue Koalitionspakt geschrieben. Die Macht wurde geteilt, Gruber steigt als Landeshauptmannstellvertreter auf und verzichtet auf einen zusätzlichen Landesratsposten. Für die Personalpolitik und die Landesentwicklung sind nun beide zuständig – nicht mehr die SPÖ allein. Und auch für den einzigen Streitpunkt, die Frage des Rückkaufes des mehrheitlich privatisierten Flughafens, fand man einen Kompromiss. Die Entscheidung soll noch einmal genau geprüft, rechtlich abgewogen werden, und dann wird ein gemeinsamer Beschluss gefasst.

Kaiser und Gruber demonstrierten, dass es in gefährlich polarisierenden Krisenzeiten wie diesen auch noch so etwas wie eine vernünftige "Politik der ruhige Hand" geben kann. Man wird es zwar erst an den Taten ermessen, aber Kärnten könnte zum regionalen Vorbild werden, einem Modell für eine besonnene politische Gegenkultur zur hyperventilierenden Hauptstadtpolitik, einer Politik, die von destruktiven Innenpolitikblasen hergetrieben wird, die sich eine überhöhte Bedeutung zumessen. Blasen, die sich ständig im Erregungszustand befinden und in einem von den blauen Verführern dominierten, radikalen Politikdiskurs stecken.

Nikolaus Kowall, der mit seiner – später zurückgezogenen – Kandidatur für den SPÖ-Vorsitz eine Lawine in der SPÖ losgetreten hatte, notierte dieser Tage: "Die Innenpolitikblase saugt dich vollkommen auf, und wenn du dich darin bewegst, hältst du das für die Welt. Aber es ist nicht die Welt."

Die beiden Kärntner Politiker konzentrieren sich auf ihre "reale Welt", die sie zurechtrücken wollen. Vielleicht sollte sich Kanzler Karl Nehammer nicht im rechts regierten Schweden, sondern einmal im nahen Kärnten Ezzes geben lassen. (Walter Müller, 2.4.2023)