Das Instrument gegen Zwangsmaßnahmen, so der sperrige Name, soll vor allem abschreckend wirken.

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Wien – Die EU will künftig für Handelskonflikte mit Drittstaaten besser gewappnet sein. Dazu haben die Mitgliedsstaaten und das Europaparlament ein Maßnahmenpaket auf Schiene gebracht, mit dem sie die Abwehrbereitschaft erhöhen wollen. Das Gesetz mit dem etwas sperrigen Namen "Instrument gegen Zwangsmaßnahmen" ist aus Sicht von EU-Kommissionsvize Valdis Dombrovskis wesentlich, um wirtschaftliche Einschüchterung zu verhindern. Sprich, die Union will mit dem Paket ihrerseits von Handelskonflikten abschrecken.

Adressat dürfte in erster Linie China sein, auch wenn das Land nicht explizit erwähnt wird. Die Regierung in Peking verhängte eine Wirtschaftsblockade gegen Litauen, nachdem dort 2021 eine diplomatische Vertretung Taiwans eröffnet worden war. Das Reich der Mitte will die internationale Anerkennung des Inselstaats, den es als Teil des eigenen Hoheitsgebiets ansieht, verhindern. China blockiert seitdem Lieferungen von litauischen Waren sowie Erzeugnissen aus anderen EU-Staaten, wenn diese Bestandteile aus Litauen enthalten.

Die Kommission hat zwar Klage bei der Welthandelsorganisation (WTO) gegen China eingereicht, allerdings kann es sehr lange dauern, bis solche Fälle entschieden sind. Die Regeln der WTO reichen zudem aus EU-Sicht nicht aus, um sich gegen politisch motivierte Handelsblockaden zur Wehr zu setzen. Auch manche Drohung mit Strafzöllen aus Washington – wegen der Iran-Geschäfte oder der Einführung der Digitalsteuer – dürfte nachschwingen.

Verlust geistigen Eigentums

Als Gegenmaßnahmen sieht die EU nun ihrerseits Strafzölle und Exportbeschränkungen vor. Darüber hinaus kann die Union auch den Schutz des geistigen Eigentums einschränken oder aufheben sowie den Zugang zu den Finanzmärkten der EU unterbinden. So will sie glaubhafte Gegendrohungen in den Raum stellen können, es handelt sich also um eine defensive Maßnahme.

Dafür muss die Kommission zunächst binnen drei Monaten feststellen, ob die EU oder ein Mitgliedsstaat wirtschaftlich erpresst wird. Dann haben die Länder sechs Monate Zeit, um mittels qualifizierter Mehrheit über die Gegenmaßnahmen zu entscheiden. Das bedeutet, mindestens 15 Mitglieder mit zumindest 65 Prozent der Gesamtbevölkerung müssen zustimmen.

Die Wirtschaftskammer Österreich begrüßte grundsätzlich den Vorschlag für das Instrument gegen Zwangsmaßnahmen. Dessen Sinn und Zweck müsse darin bestehen, derartige Schritte von Drittstaaten zu verhindern und nicht in eine Eskalationsspirale zu geraten, heißt es in einer Stellungnahme. Keinesfalls dürfe das Maßnahmenpaket zu einem "protektionistischen Außenhandelsinstrument" werden.

Einige EU-Länder standen dem Instrument skeptisch gegenüber. Auch sie befürchten, dass es zu protektionistisch sei und sogar Handelskriege auslösen könnte. Es bestehe die Gefahr, dass die Union in einem Konflikt zwischen den zwei weltgrößten Volkswirtschaften USA und China zerrieben werde. (Alexander Hahn, 4.4.2023)