Es soll vorwärtsgehen in der SPÖ. Jedenfalls, wenn es nach der neuen roten "Boygroup" geht, die sich am späten Montagnachmittag medienwirksam formiert hat. Die Landesparteichefs Sven Hergovich aus Niederösterreich, Michael Lindner aus Oberösterreich, David Egger aus Salzburg und Georg Dornauer aus Tirol – neben den beiden 40-jährigen Lindner und Dornauer zwei Männer in ihren Dreißigern – wollen einen "konstruktiven Beitrag" zur Entwicklung der SPÖ leisten, sagen sie.

Die vier jungen Genossen wollen das mit einem "neuen Zugang zu Parteiarbeit" und "klaren Ansagen" erreichen. Eines ihrer wichtigsten Ziele sei, eine Neuauflage von Schwarz-Blau im Bund zu verhindern.

Das solle etwa mit einem Fokus auf soziale Sicherheit, mit Plänen für den Arbeitsmarkt, aber auch einer strengeren Migrationspolitik, als in manch früheren Jahren von der SPÖ kommuniziert, gelingen. "Integration vor Zuzug" wird als Motto ausgegeben.

SPÖ-Selbstinszenierung: Georg Dornauer, Michael Lindner und Sven Hergovich trafen sich zu einem ersten Gespräch in der Linzer Tabakfabrik. David Egger fehlte wahlkampfbedingt.
Foto: MecGreenie

Entstanden sei die Bundesländerallianz oder "Westbahnachse", wie sie Egger nennt, bei einem Gespräch zwischen Lindner und dem Salzburger Landesparteichef. "Wir haben gesagt, es würde uns gefallen, dass sich alle entlang der Westbahn mit dem jungen Spirit einmal treffen", sagt Egger zum STANDARD.

Vernetzung und Inhalte

Der Grund für das Zusammentreffen: sich zu vernetzen und Inhalte zu besprechen, die auf Länderebene entschieden werden. "Man muss das Rad nicht neu erfinden. Wir können Sachen übernehmen und adaptieren", sagt Egger. Es werde weniger über Plakate diskutiert als darüber, wie man die Leute entlaste, eine gute Kinderbetreuung sicherstelle und was man gegen das teure Wohnen machen könne.

Der Entschluss der vier Genossen fiel wohl nicht ganz zufällig mitten in die Führungsdebatte, auch wenn man betont, dass die Allianz seit Anfang des Jahres geplant war. Und offiziell lassen sie auch keine Präferenz für die künftige Parteispitze erkennen. Wer der Bundes-SPÖ vorsitze, tue "nichts zur Sache", ließ Lindner wissen.

Mit Aussagen wie etwa "die SPÖ zur Mehrheitsfähigkeit zu bringen" und eine "pragmatische Politik der neuen Mitte" zu betreiben, reihen sich die vier Politiker allerdings in ein aus dem Burgenland bekanntes Wording ein – es sind Formulierungen, die auch Landeshauptmann Hans Peter Doskozil gerne verwendet.

Neben dem jungen Alter verbindet die vier roten Parteichefs noch etwas: In drei der vier Bundesländer sitzt die SPÖ zwar in der Regierung, ist aber eher der stiefmütterlich behandelte Partner der ÖVP. Und während in Tirol die SPÖ sogar als Juniorpartner der Koalition fungiert, stellt sie in Ober- und Niederösterreich lediglich wegen des Proporzsystems Landesräte. In Salzburg hofft die SPÖ darauf, nach der Landtagswahl am 23. April in Regierungsverantwortung zu kommen.

Damit stellen die vier ein Gegenstück zu jenen mächtigeren SPÖ-Landesparteien im Osten und Süden des Landes dar, die in ihren Bundesländern den Landeshauptmann stellen und aktiv regieren können.

Eine "starke Stimme"

Dass es auch um einen bewussten Zusammenschluss geht, um die Kräfteverhältnisse in der Partei ein Stück weit zu verschieben, ist offenkundig. Die selbsternannte "Westbahnachse" umfasst nicht gerade die einflussreichsten Landesorganisationen. Zu viert wolle man eine "starke Stimme im Bund bilden".

Das heißt auch: eine starke Stimme gegen die im Osten sitzende Wiener Landespartei mit ihren zahlreichen Mitgliedern werden. Wiens SPÖ unter Michael Ludwig hat sich offen hinter die amtierende Parteichefin Pamela Rendi-Wagner gestellt. Auch die Kärntner SPÖ unter Landeshauptmann Peter Kaiser ist zu Rendi-Wagners Unterstützern zu zählen. Burgenlands Doskozil kandidiert ohnehin selbst.

Wie die vier roten Landesparteichefs allerdings Projekte wie etwa die für den Sommer angekündigte Infrastrukturoffensive länderübergreifend ohne nötige Regierungsmehrheit umsetzen will, blieb auf STANDARD-Anfrage noch offen.

Die Kern-Frage

Trotz der offenkundigen Sympathien, die manche aus der Vierergruppe für Doskozil hegen, taucht rund um ihre Initiative auch ein anderer prominenter Name wieder häufiger auf: Christian Kern. Obwohl der rote Ex-Kanzler selbst öffentlich dementierte, wird er weiterhin als Kompromisskandidat für die Parteispitze gehandelt – oder als nächster Spitzenkandidat unter einem Vorsitzenden Doskozil.

Aus Parteikreisen ist zu hören: Kern würde durchaus wollen. Gescheitert soll diese Variante aber am Widerstand Ludwigs sein, der sich auf Rendi-Wagner festgelegt hat. (Max Stepan, Martin Tschiderer, Stefanie Ruep, 4.4.2023)