Betont lässig absolvierte Andreas Babler den ersten Auftritt seiner Basis-Tour im Museum Arbeitswelt in Steyr

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Steyr – Der Weg führt durch das historische Wehrgrabenviertel. Vorbei an den denkmalgeschützten Zeugen früher Industrialisierung. Imposante Bürgerhäuser, deutlich kleinere Arbeiterhäuser, renovierte Fabrikshallen, das smaragdgrüne Wasser des Steyr-Flusses in Sichtweite. An der Adresse Wehrgrabengasse 1 befindet sich in einer ehemaligen Messerfabrik das Museum Arbeitswelt. Doch es ist an diesem Dienstagabend nicht der Moment, um dem Industriecharme des 19. Jahrhunderts zu erliegen. Denn die Genossen sind gekommen, um sich auf eine mögliche neue Führungsfigur in der SPÖ einzustimmen.

Rote Hoffnung

Andreas Babler wählte für den Auftakt seiner "Basis-Tour" die SPÖ-Hochburg und historische Arbeiterstadt Steyr. Das Museum Arbeitswelt war an diesem Abend mit rund 250 Genossinnen und Genossen gut gefüllt. Und für viele der Anwesenden scheint die Entscheidung längst gefallen zu sein. "Für mich verkörpert der Andi Babler Haltung, Herzlichkeit und Verstand. Es ist soviel passiert, was der Partei geschadet hat. Es ist Zeit für einen Neuanfang", ist Larissa Zivkovic im STANDARD-Gespräch überzeugt.

"Es muss sich endlich etwas ändern in der SPÖ. Da steht alles. Opposition? – Nix ist geschehen! Man muss was tun. Für mich ist die Zeit von Rendi-Wagner längst abgelaufen. Sie ist eine gescheite Frau, aber sie hat in der SPÖ nichts geändert", setzt eine rote Pensionisten nach. Und Hans Peter Doskozil? "Den mag ich sehr, auch seine Argumente. Aber leider ist das Problem mit der Stimme. Der Babler ist halt jung und klass."

Der grundnervöse "coole Hund"

Babler selbst betritt dann die Bühne im weißen Hemd, Jeans und Bikerboots. Zum Auftakt wird die FC-St.Pauli-Jacke noch lässig am Bühnenboden platziert, um so gleich zu bekunden, dass "es schon mit einem etwas mache, wenn man plötzlich für den Parteivorsitz kandiert." Nachsatz: "Ich verspüre eine gewissen Grundnervosität. Obwohl ich sonst eigentlich ein cooler Hund bin."

Andreas Babler in Steyr
Foto: APA/HELMUT FOHRINGER

In seiner Rede liefert Babler dann gekonnt, was die rote Menge hören will. Das Fazit nach einer viel beklatschten Lobpreisung roter Grundwerte: Der Sozialdemokratie müsse "wieder eine Bewegung werden, die sich vor nichts und niemandem fürchtet", das heiße "weniger Kompromisse eingehen" und "Stärke und Würde zu zeigen". Babler: "Wir Sozialdemokraten sind keine Bittsteller. Wir kämpfen für unsere Rechte."

"Ich bin selbst ein Arbeiterkind", gibt sich Babler als Mann der Basis, erzählt vom Großvater, der am Bauhof arbeitete, vom Vater, der bei Semperit war, von der Mutter, die den kleinen Andi oft zur Arbeit als Reinigungskraft mitgenommen habe, weil sie keine Kinderbetreuungsmöglichkeit hatte. Es ist, was die Genossen hören wollen. Der Jubel motiviert den Niederösterreicher sichtlich. Babler geißelt "Überprofite", Immobilienspekulation, Kinderarmut, fordert eine gerechtere Krankenversorgung, einen Rechtsanspruch auf Pflege, gleichen Lohn für gleiche Arbeit von Männern und Frauen, Lohntransparenz, 32-Stunden-Woche. Aber auch im Asylbereich will der Bürgermeister der Erstaufnahmezentrums-Gemeinde humanistische Werte hochhalten: "Kein Mensch ist illegal", das gelte nicht nur für Flüchtlinge, sondern für alle, "dass man niemanden im Dreck liegen lässt".

Absage an Schwarz-Blau

Als Babler dann das in der SPÖ durchaus stiefmütterlich behandelte Thema Klimawandel ins Spiel bringt und klarstellt, dass "der Klimawandel prioritär und als soziale Frage angegangen werden muss", schallen laute "Na endlich"-Rufe aus dem Publikum.

Einer "radikalen ÖVP" erteilte Babler dann eine klare Absage und die FPÖ sei "nicht nur ausländerfeindlich – es mangelt am Respekt gegenüber Menschen. " Der Traiskirchner Bürgermeister warnt vor einem Blinken nach rechts: "Es ist eine Gefahr, dass der (Herbert, Anm.) Kickl Kanzler wird", räumt er ein." Nur eine Rückbesinnung auf die eigenen Werte "wird den Kickl stoppen".

Das Publikum zeigte sich jedenfalls am Ende des Abends hörbar zufrieden. Zum Abschied geht ihm aber dann doch "da Reis" – denn, so sagt er, er werde ja noch in der ZIB2 erwartet. Dort betonte er Traiskirchner Errungenschaften, zum Beispiel Mietpreisbremsen sowie dass jedes Kind dort warmes Schulessen erhalte.

ORF

Mit solch einem Programm könne man die SPÖ zu 40 Prozent führen, so Babler – und sich sowohl eine Koalition mit der FPÖ als auch eine mit der ÖVP ersparen. Den Wahlprozess der eigenen Partei vergleicht er hingegen unvorteilhaft mit einer Klassensprecherwahl. Bei einer Niederlage, deutet er an, könnte er trotzdem noch einmal am Parteitag antreten.

Seinen Vorschlag, die Wochenarbeitszeit auf 32 Stunden zu verkürzen, verteidigte er. Es gelte, durch Arbeitsbedingungen Attraktivität zu schaffen. Es gebe nämlich einen Grund, wieso man in Pflege, Gastro und Polizei über Personalmangel klage: "Weil die Leute psychisch unter Druck sind, weil sie Überstunden leisten müssen". (Markus Rohrhofer, 11. 04. 2023)