Arbeiten von überall aus: Die Gen Z verliert dadurch häufig das Gefühl für soziale Interaktionen im Job.

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Die neue Generation in der Arbeitswelt ist faul, will so wenig wie möglich arbeiten und interessiert sich nur für ihre Freizeit. Diese und mehr sind häufig vorgebrachte Vorurteile gegenüber jungen Menschen zwischen 18 und 29 Jahren, die gerade in ihren Job einsteigen.

Dabei ist genau das Gegenteil der Fall, analysierte das Jobportal "karriere.at" in Zusammenarbeit mit dem Motivforschungsinstitut Comrecon Brand Navigation in einer neuen qualitativen Studie zur Generation Z. Basis für die Untersuchung bildete ein zehntägiges Online-Forum mit 64 Teilnehmenden und rund 3.400 analysierten Beiträgen sowie zwölf Tiefeninterviews.

Junge Arbeitende suchen neue Herausforderungen und Chancen, wollen Leistung erbringen und sind lernfreudig, lautet das Fazit von "karriere.at" in der Untersuchung. Dafür müssen aber die Rahmenbedingungen stimmen. Das könnte auch der Grund dafür sein, warum ältere Kolleginnen und Kolleginnen die Jungen häufig als aufmüpfig empfinden und ihnen zu hohe Ansprüche attestieren.

"Arbeitnehmende der Generation Z wollen nicht Arbeitskraft sein, sondern als Menschen wahrgenommen werden, die ihr Können und Wissen einbringen", erklärt Motivforscherin und Studienleiterin Charlotte Hager. "Sie möchten gefördert und gefordert werden, fühlen sich jedoch häufig nicht ernst genommen und ausgenutzt."

Dabei wären junge Angestellte durchaus bereit, erst nach Hause zu gehen, wenn eine Aufgabe erledigt ist. Sie würden auch häufig Arbeitgeber suchen, die ihre persönliche und fachliche Weiterentwicklung fördern.

Mehr Konfliktpotenzial

Konfliktherde können aber häufig die neuen Arbeitsbedingungen sein, die bereits normalisierte Heim- und Fernarbeit und die hybride Zusammenarbeit, mit welchen die neue Arbeitsgeneration quasi aufwächst.

Das können schon einfache Beobachtungen von Interaktionen am Arbeitsplatz sein, informelle Gespräche nebenbei oder Kommunikation zwischendurch, welche ein Gefühl dafür geben können, wie man gut zusammenarbeiten kann.

Viele Fachleute sind der Meinung, dass Berufsanfänger in Online-Umgebungen wichtige Fähigkeiten für Verhalten, Zusammenarbeit und Vernetzung verpassen. So auch Helen Hughes, außerordentliche Professorin an der Leeds University Business School, Großbritannien, im Gespräch mit BBC.

"Es geht um Dinge wie das Verständnis von Normen, Werten und Umgangsformen: Wen sollte man anrufen? Wie sollte man mit ihnen in Kontakt treten? Sind manche Leute nicht erwünscht?" Solche Fragen wurden früher schnell zwischendurch beantwortet – ein Besuch am Schreibtisch oder ein kurzes Treffen in der Teeküche.

Der soziale Vergleich wäre in einer hybriden Umgebung schwieriger, und man kann nicht jeden um sich herum sehen und ein Gefühl dafür bekommen, wie es anderen gehe, sagt die Professorin. In einem virtuellen Arbeitsumfeld gäbe es mehr Konfliktpotenzial, wenn man etwa aus einer E-Mail einen falschen Tonfall ableitet oder Unverständnis darüber herrscht, wann und wie ein Treffen zustande kommt.

Bedingungen anpassen

Ohne Verhaltenshinweise vom Team im Büro kann es dann für junge Mitarbeiter schwierig sein, nicht zu übereifrig oder untätig zu erscheinen. Im hybriden Umfeld kann ein Mensch außerdem leichter aus dem Blickfeld fallen und die Arbeit unbemerkt bleiben. Das Ergebnis, so Hughes, könnte sein, dass Berufsanfänger sich hauptsächlich auf ihren Eindruck auf andere fokussieren und nicht auf ihre tatsächliche Arbeit.

Natürlich hat nicht jeder oder jede junge Arbeitende im Home- oder Remote-Office Probleme. Aber für viele kann der Berufseinstieg dadurch mehr Stress bedeuten. "Arbeitgeber müssen sich anstrengen, ein authentisches, schlüssiges Bild vom Arbeitsalltag zu zeichnen, um junge Menschen für sich zu gewinnen und Unternehmenswerte glaubhaft wiederzugeben", sagt "karriere.at"-CEO Georg Konjovic.

Dazu zählt ein intensiverer Austausch, wie er in einer Umgebung nur vor Ort im Büro stattfindet. Das können etwa Jour-fixe-Termine sein, die als einfacher Kaffeeplausch eingetragen sind und nur davon handeln, wie es den Personen im Team geht. Oder häufigere, sehr kurze Telefongespräche, die das Chatten in Messengern ablösen.

Fairness und Transparenz wichtig

Arbeitgeber seien gefordert, eine Atmosphäre der gegenseitigen Wertschätzung durch offene Kommunikation zu schaffen und den Teamspirit zu fördern, um junge Leute anzuziehen, sagt Konjovic. Dazu kommt, dass die Gen Z sehr oft Ehrlichkeit und Transparenz bei der Arbeit priorisiert.

Werden einzelne Mitarbeitende bevorzugt oder gibt es nur fürs Management Lob, kommt das bei ihnen nicht gut an. Besonders wichtig ist den Jungen ein gutes Arbeitsklima, das von Fairness, Feedback und gegenseitigem Respekt geprägt ist, nicht nur ihnen selbst, sondern auch ihren Kolleginnen und Kollegen gegenüber. Um das zu erlernen, ist im virtuellen Arbeitsumfeld noch mehr Kommunikation als üblich gefragt – mehr als kurze Gespräche in der Teeküche. (mera, 13.4.2023)