Die Corona-Pandemie, der Fachkräftemangel und die Ansprüche junger Generationen haben den Arbeitsmarkt verändert.
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Einige Trends am Arbeitsmarkt kommen einem Erdbeben gleich. Junge wollen anders arbeiten und geführt werden. New Work ist ein Sammelbegriff all dieser Veränderungen. Der Fachkräftemangel verschärft die Situation zusätzlich. Klar ist: Wer neues Personal finden oder Bestehendes halten will, muss kreativ werden und eventuell seine Strukturen und Arbeitsweisen überdenken.

Fünf Arbeitstrends stechen dabei besonders hervor: die Wünsche nach einer Viertagewoche, flachen Hierarchien, flexiblen Arbeitszeiten, Bildungskarenz und Anerkennung. Angemessenes Gehalt und gute Arbeitsbedingungen gehören selbstverständlich auch auf diese Liste.

Allerdings sind diese Forderungen schon lange bekannt – aber aus diversen Gründen bisher nicht in allen Branchen verwirklicht worden. Nicht jeder dieser Trends kann von allen Unternehmen umgesetzt werden. Und doch lohnt es sich, den Blick über den Tellerrand zu wagen.

Viertagewoche: Vollzeit ade

Die Viertagewoche lohnt sich. Für Firmen und Mitarbeitende. Erst 2023 wurde in Großbritannien eine Studie dazu veröffentlicht: 61 Unternehmen und knapp 3.000 Angestellte reduzierten ihre Arbeitszeit für sechs Monate um 20 Prozent bei vollem Gehalt.

Die Ergebnisse sind eindeutig: Über 50 Prozent der Belegschaft gab an, mehr Zeit für Care-Arbeit oder ihr Sozialleben zu haben. Rund 40 Prozent sagten, sie seien weniger gestresst. Die Zahl der Krankenstandstage verringerte sich um 65 Prozent, und weniger Mitarbeitende verließen das Unternehmen. Die Einnahmen der teilnehmenden Firmen blieben über die Testphase konstant.

Auch österreichische Firmen testen momentan dieses Arbeitsmodell oder haben es schon eingeführt – von der Hotellerie bis zum Handwerk. Doch meistens werden die Stunden nicht reduziert, sondern nur auf vier Tage aufgeteilt. Ob so trotzdem die gewünschten Effekte eintreten, ist fraglich.

Bildungskarenz: Auszeit für Weiterbildung

Die Zahlen belegen: Bildungskarenz oder Sabbatical wird immer beliebter. Mindestens zwei und maximal zwölf Monate innerhalb von vier Jahren, können sich Beschäftigte in Absprache mit dem Arbeitgeber frei nehmen, um Fortbildungen zu besuchen. Das AMS bezahlt für diesen Zeitraum weiterhin Lohn, und zwar maximal etwas über 1.400 Euro im Monat.

Doppelt so viele Personen wie noch vor zehn Jahren nehmen diese Art von Auszeit in Anspruch, belegen die Daten des AMS. Seit 2013 ist es in Österreich auch möglich, sich Bildungsteilzeit zu nehmen. Diese Möglichkeit ist sogar noch beliebter. Auffällig ist, dass es vor allem Frauen sind, die sich eine solche Fortbildungsauszeit nehmen.

Besonders beliebt ist sie auch bei Personen aus dem Gesundheits- und Sozialwesen. Menschen mit höherem Bildungsabschluss nutzen dieses Modell besonders häufig, zeigt eine Studie der Agenda Austria. Bildungskarenz sollte aber kein Luxus sein, der nur wenigen vorbehalten ist.

Flexibles Arbeiten: Vollzeit im Büro ist nicht mehr

Homeoffice, Remote Work, Gleitzeit und vieles mehr: Seit Corona ist ein Zurück zu 100 Prozent Anwesenheit im Büro für viele kaum mehr vorstellbar. Flexible Arbeitsmodelle sind auf dem Vormarsch und unabdingbar wichtig für das Employer-Branding von Unternehmen.

Laut einer Umfrage des Arbeitsministeriums wünschen sich Beschäftigte, mindestens ein bis zwei Tage von zu Hause aus arbeiten zu dürfen. Noch gibt es dafür allerdings keinen Rechtsanspruch. Ungestörtes und selbstbestimmtes Arbeiten und eine individuelle Pausengestaltung nennen die Befragten als Vorteile. Allerdings kann der Kontakt zu Kolleginnen und Kollegen oder die Arbeitsabstimmungen darunter leiden.

Es besteht auch die Gefahr, dass die Grenze zwischen Arbeit und Freizeit verschwimmt. Arbeitsplätze im Büro werden häufiger geteilt. Viele Firmen erstatten Angestellten bestimmte Kosten, wie zum Beispiel einen Anteil der Stromkosten oder für die Ausstattung für den remoten Arbeitsplatz. Dies ist mit Sicherheit eine Veränderung, die bleiben wird.

Flache Hierarchien: Kommunikation auf Augenhöhe

Hierarchisches Führen nach dem Top-down-Prinzip kommt bei den jüngeren Generationen nicht mehr gut an. Chefin oder Chef werden als Teil des Teams gesehen. Autorin und New-Work-Expertin Lena Marie Glaser schreibt in ihrem Buch Arbeit auf Augenhöhe:

"Es sind vor allem junge, gut ausgebildete Frauen, die ihre Anforderungen klar vor Augen haben. Sie wollen gleichgestellt sein." Das alte Motto: Die Jungen müssten erst mal was leisten, dann dürfen sie mitreden, lassen sich die Generation Y und Z oft nicht mehr gefallen. Sie fordern Mitspracherecht.

Flache Hierarchien brauchen aber neue Strukturen. Die Wiener Firma Tele Haase beispielsweise löste das Management komplett auf und gliederte die Teams in diverse Arbeitskreise. Es liegt allerdings auf der Hand, dass mit diesen Veränderungen auch Unmut oder Probleme entstehen können.

Wertschätzung, Lob und Feedback werden wichtiger

Besonders im Gesundheits- und Sozialbereich sind während der Pandemie zwei zentrale Forderungen laut geworden: mehr Gehalt und echte Wertschätzung. Es ist zwar kein neuer Trend, aber noch immer aktuell.

Zu lange galt der Mensch rein als Ressource auf dem Weg zur Umsatzsteigerung: billig, austauschbar und möglichst still. Gegen dieses Paradigma begehren besonders junge Generationen auf. Eine Umfrage der Jobplattform Zenjob ergab, dass Menschen der Generation Z Ehrlichkeit und offene Kommunikation im Job am wichtigsten sind. Sie fordern darüber hinaus auch aktiv Feedback ein.

Die Generation Z wünscht sich Wertschätzung und eine motivierende Dynamik. Die Umsetzung kann ganz verschieden sein: Lob, zuhören, ernst nehmen, höheres Gehalt, nach der Meinung fragen, mit einbeziehen, persönliche Gespräche, mehr Verantwortung. Es ist ein Trend, der sich nicht nur an Führungskräfte richtet, sondern alle Mitarbeitenden betrifft. (Natascha Ickert, 28.3.2023)