Stimmen am runden Horizont des bedrohten blauen Planeten: "Erdbeben in London" feiert am Freitag Österreich-Premiere.

Foto: Anja Köhler

Klimastücke bilden seit wenigen Jahren ein neues thematisches Segment im zeitgenössischen Dramenschaffen. Begonnen hat es in Österreich 2010 mit Anna Mendelssohns über viele Jahre auf Festivals und Kongressen gelaufener, weil visionärer Performance Cry Me A River. Viele Autorinnen und Autoren widmeten sich in der Folge dem Konflikt mit und den Folgen der Klimaerwärmung – von Thomas Köck bis Teresa Dopler, von Kim de l’Horizon bis zuletzt Elfriede Jelinek. Zu den Pionieren zählt auch der Brite Mike Bartlett, der 2010 sein viel beachtetes und nun erstmals in Österreich aufgeführtes Stück Erdbeben in London herausgebracht hat. Premiere ist diesen Freitag am Landestheater Vorarlberg.

Wirtschaftsinteressen bremsen

Bartlett, 1980 geboren und einer der produktivsten, zwischen Bühne und Fernsehen wechselnden britischen Stückeschreiber, lässt drei Figuren auf die klimatischen Veränderungen blicken. Es sind drei Schwestern, die sich mit den spürbaren und absehbaren Umweltveränderungen auseinanderzusetzen haben: eine junge Studentin mit Klimakleber-Energie, eine depressive Schwangere und eine von den Interessen der Wirtschaft getriebene Politikerin. Sie alle stehen ihrem Vater gegenüber, der sie zwar einst im Stich gelassen hat, aber einen anerkannten Klimaforscher abgibt.

Die britische Presse bot bei der Uraufführung viel Lob für dieses "expansive" Drama auf, das eine zerrüttete Familienstruktur mit einer herausfordernden globalen Situation verwebt. Olivier Keller und Patric Bachmann inszenieren dieses große Ensemblestück nun in Bregenz. Zum Thema ist zusätzlich am 24. April ein Gespräch mit Produktionsbeteiligten und Akteurinnen und Akteuren aus Politik und Zivilgesellschaft anberaumt. (Margarete Affenzeller, 12.4.2023)