In einem 90-minütigen Interview mit dem britischen Nachrichtensender BBC überraschte der Twitter-Chef mit einigen Aussagen.

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In einem überraschenden Interview mit dem britischen Nachrichtensender BBC resümierte Elon Musk, was sich bei Twitter seit seiner Führung verändert habe. Neben für ihn typische Scherze, wonach etwa sein Hund Floki der neue CEO von Twitter sei, sprach der Tech-Milliardär im 90-minütigen Gespräch nahezu alle heiklen Themen der letzten Monate an. Und ließ unter anderem mit der Aussage aufhorchen, dass er Twitter nur gekauft habe, weil ihn ein Richter früher oder später dazu gezwungen hätte.

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DER STANDARD

Kündigungen notwendig

Musk sprach mit der nBBC natürlich auch über die Kündigungswellen, mit denen sich Twitter seit der Übernahme laufend konfrontiert sah. Das Unternehmen, das Gerichtsunterlagen zufolge mittlerweile in Musks Mutterunternehmen X aufgegangen ist, hätte ohne massiven Sparkurs aber nur "vier Monate zu leben" gehabt, argumentierte der Tech-Milliardär. Von den ursprünglich mehr als 7.000 Mitarbeitern seien derzeit nur noch rund 1.500 übrig.

Musk räumte auch ein, dass in den letzten Monaten viele Fehler gemacht worden seien und das Unternehmen unter seiner Leitung mit ernsthaften technischen Problemen zu kämpfen gehabt habe. In diesem Zusammenhang zählte er unter anderem die Abschaltung eines Rechenzentrums im Dezember letzten Jahres auf, die kurzfristig zu Serverproblemen geführt habe.

Fast wieder in der Gewinnzone

Und doch wies der Twitter-Eigentümer im Interview auch auf positive Entwicklungen des Unternehmens hin. So habe beispielsweise Twitter beschlossen, seinen Empfehlungsalgorithmus als Open Source zu veröffentlichen, um für mehr Transparenz darüber, was einem Nutzer in seinem Feed angezeigt wird, zu sorgen. Musk lobte auch die von ihm gewünschte Fokussierung auf Videos und dass das Unternehmen trotz des großen Wandels widerstandsfähig bleibe.

Nicht zuletzt merkte er in diesem Zusammenhang an, dass Twitter finanziell fast die Gewinnzone erreicht habe. Seiner Ansicht nach würden Werbekunden nach den chaotischen ersten Tagen wieder zur Plattform zurückkehren, und die Nutzung und das Wachstum von Twitter seien zufriedenstellend.

Schlechter Ruf in den Medien "schmerzhaft"

Im Gespräch beklagte sich der 51-Jährige auch, dass er in den Medien seinen Platz als "golden boy" der Tech-Branche verloren habe. Viele der Artikel über ihn seien nur noch negativ, was für Musk manchmal "schmerzhaft" sei. Gleichzeitig gab er aber auch mit einem Augenzwinkern zu, dass er sich mit seinen Aussagen "selbst in den Fuß geschossen" habe und es für ihn künftig vermutlich besser sei, nach drei Uhr morgens keine Tweets mehr abzusetzen.

"Ich bin ständig angegriffen worden", sagte er. "Es ist nicht so, dass ich ein eiskaltes Herz habe oder so. Es ist hart. Wenn die Medien pausenlos darüber berichten, warum man ein schrecklicher Mensch sei, ist das verletzend." Dennoch würde er Twitter nicht verkaufen wollen, selbst wenn man ihm die 44 Milliarden Dollar Kaufpreis zurückgeben würde, die er dafür bezahlen musste.

Kein freiwilliger Kauf

Das ist insofern überraschend, als dass Musk nach der Kaufankündigung im letzten Jahr monatelang versucht hat, aus dem Deal wieder herauszukommen. Der Vorwurf automatisierter Bot-Accounts und das damalige Twitter-Management selbst, das sich vergeblich gegen eine Übernahme wehrte, reichten nicht aus, den Twitter-Kauf zu verhindern. Auf die Frage, ob er Twitter nur deshalb gekauft habe, weil ein Richter ihn sowieso dazu gezwungen hätte, erwiderte er schlicht: "Ja, das ist der Grund."

Das Interview dürfte jedenfalls auch dazu beigetragen haben, dass Musk im Konflikt mit der BBC zumindest teilweise einsichtig ist. Das Twitter-Konto des britischen Senders war zuvor wie im Fall von NPR als "staatlich kontrolliertes" Medium gekennzeichnet worden. Im Gespräch kündigte er nun an, das Label in "öffentlich finanziert" zu ändern. Bleibt für den Sender zu hoffen, dass nicht Floki für diese Aufgabe verantwortlich ist. (bbr, 13.4.2023)