Der Umweltdachverband befürchtet einen Wildwuchs an Windkraftanlagen in Salzburg.

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Der Umweltdachverband (UWD) warnt vor einer Schwächung des Naturschutzes und einer Entmachtung der Landesumweltanwaltschaft (LUA) nach der Landtagswahl in Salzburg. "Es droht die Ausschaltung der letzten Instanzen, die auf Landesebene dem Wildwuchs von Projekten in der Natur Einhalt gebieten können", sagte UWD-Präsident Franz Maier im APA-Gespräch. Dies gefährde nicht nur die Biodiversität: "Ohne die Erhaltung der Natur lassen sich die Klimaziele nicht erreichen."

Seit Anfang 2023 fordern in Salzburg Stimmen die Abschaffung (Industriellenvereinigung, FPÖ) oder zumindest Entrechtung (ÖVP, SPÖ) der LUA – nicht zum ersten Mal, seit die Einrichtung im Jahr 1987 gesetzlich verankert wurde. Zuletzt übermittelte Anfang März die ÖVP ihren Koalitionspartnern im Land einen umstrittenen Gesetzesvorschlag. Eine Umsetzung vor der Wahl scheiterte zwar an der kurzen Begutachtungsfrist und am Widerstand der Grünen, Landeshauptmann Wilfried Haslauer hat die Novelle mittlerweile aber zur Koalitionsbedingung für eine neue Regierung erklärt.

Revisionsrecht soll entzogen werden

Um den Ausbau von Erneuerbaren Energien wie Windkraft zu beschleunigen, will die Volkspartei der LUA bei Genehmigungsverfahren für Anlagen im Bereich der "Erneuerbaren" das Revisionsrecht vor dem Verwaltungsgerichtshof streichen. Zugleich soll das Naturschutzgesetz reformiert werden. Laut den Grünen würden bei der vorgeschlagenen Änderung aber nicht nur Projekte der Energiewende, sondern auch Betriebsansiedlungen, Skilifte oder Hotels rasch von "öffentlichem Interesse" sein. Der Entwurf sieht zudem vor, Bewilligungspflichten für Wege und Nebenanlagen für Erneuerbare Energieanlagen wegfallen zu lassen. Und in Verfahren könnte man neu generell auch nicht amtliche Sachverständige beiziehen.

Maier erteilt diesen Plänen eine strikte Absage. "Weltklimarat und Weltbiodiversitätsrat sagen: Ohne Sicherung und Bewahrung der natürlichen Grundlagen und der Funktionsfähigkeit von Wäldern, Mooren, Böden als wertvolle Lebensräume, die CO2 aus der Atmosphäre speichern und dämpfend bei der Klimaerhitzung wirken, wird man die Klimaziele keineswegs erreichen können." 24 Prozent aller CO2-Emissionen weltweit kommen laut dem UWD-Präsidenten nicht aus der Verbrennung von fossilen Energien, sondern aus der Zerstörung der Natur, aus übernutzten oder vernichteten Ökosystemen. Hier falle Einrichtungen wie der LUA große Bedeutung zu: "Die Landesumweltanwaltschaft sorgt in Verfahren für den wichtigen Ausgleich zwischen der stimmlosen Natur auf der einen Seite und wirtschaftlichen Interessen auf der anderen Seite."

Erneuerbare auch ohne Naturverbrauch möglich

Es gebe Möglichkeiten, den Ausbau der Erneuerbaren Energien voranzutreiben, ohne den Naturverbrauch steigern zu müssen, betont Maier. Die "EU-Notfallverordnung Erneuerbare Energie" bringe etwa positive Punkte zur Beschleunigung: Rasche Bewilligung von Solaranlagen und PV-Anlagen auf Dächern, von Wärmepumpen oder dem "Repowering" bestehender Windkraftanlagen – also dem Ersetzen alter Kraftwerksteile durch effizientere oder größere Anlagenteile. In Salzburg ist letzteres allerdings kein Thema: Es gibt im Bundesland noch kein einziges Großwindrad.

Mit dem neuen UVP-Gesetz werde ganz Salzburg zum Planungsgebiet für Windkraft-Anlagen, sagt Maier. "Projektbetreiber können nun ohne Widmung und ohne Beschluss der Standortgemeinde ihre Planungen beginnen. Das ist unbefriedigend, weil ein Wildwuchs an Windrädern droht." Vielmehr brauche es neben Vorrangzonen für Windenergie (die in Salzburg im Landesentwicklungsprogramm ausgewiesen sind, Anm.) auch ausgewiesene No-Go-Bereiche. Generell sieht Maier die Windkraft im Gebirge jedoch skeptisch. "Die Erschließung der Standorte mit Zufahrtsstraßen und der Ableitung des Stroms ist aufwendig und bringt enorme Eingriffe in die Natur."

Dafür hält er Maßnahmen zur Effizienzsteigerung vielfach auch bei Wasserkraftwerken für sinnvoll. Neue Kraftwerke in den Naturschutzgebieten der Hohen Tauern, wie für FPÖ-Salzburg-Chefin Marlene Svazek vorstellbar, lehnt er entschieden ab. "Das käme einer Zerstörung von Naturheiligtümern gleich. Das wäre, als würde man ein Windrad im Schlosspark von Schönbrunn aufstellen." Der Umweltdachverband mit Sitz in Wien ist die Dachorganisation für 36 Umwelt- und Naturschutzorganisationen bzw. Alpine Vereine in Österreich mit rund 1,3 Millionen Mitgliedern. (APA, 13.04.2023)