Parler ist am (vorläufigen?) Ende.

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Es gab einen kurzen Moment in der Geschichte des Internets, da galt Parler manchen als eine ernsthafte Alternative zu Twitter. Mit einer gezielten Ausrichtung auf eine rechte bis rechtsextreme Klientel und dem Versprechen einer – angeblich – uneingeschränkten Meinungsfreiheit hoffte man punkten zu können. Das nahmen einige der solcherart Angesprochenen allerdings ziemlich wörtlich und benutzten die Plattform zur Vorbereitung von Angriffen auf das US-Kapitol am 6. Jänner 2021.

Die Konsequenzen waren ebenso absehbar wie nachhaltig. Nachdem Amazon der Plattform das Hosting entzog, wurde die App aus den Smartphone-Stores von Apple und Google geworfen. Auf diese Realität reagiert man zunächst empört, nur um dann später doch einzulenken und eine deutlich schärfere Moderation der Inhalte einzuführen. So durfte die App denn auch in die App Stores zurückkehren – viel geholfen dürfte das aber nicht mehr haben.

Vorübergehendes (?) Aus

Nun wird Parler abgedreht – wenn auch nur temporär, wie die Betreiber versichern. Wie auf der Webseite des Dienstes nachzulesen ist, soll die Social-Media-Plattform nämlich verkauft werden – an das Medienunternehmen Starboard. Und der neue Besitzer scheint wenig Interesse an Parler in seiner derzeitigen Form zu haben: "Kein ernstzunehmender Mensch glaubt, dass ein Twitter-Klon für Konservative ein tragfähiges Geschäftsmodell ist", heißt es unmissverständlich.

Also sollen Strategie und Ausrichtung der Plattform nun grundlegend überdacht werden. Dabei will man offenbar mit der eigenen Geschichte komplett brechen, der bisherige Dienst wurde jedenfalls bereits deaktiviert. Der Aufruf der App produziert nur mehr eine Fehlermeldung. Wann Parler zurückkehren soll, wird nicht verraten.

KI soll alles ändern

Das Statement der neuen Eigentümer lässt aber auch erahnen, dass man nicht ganz so weit vom bisherigen Parler-Gedankengut entfernt ist, wie es zunächst klingen mag. So ist die Rede davon, dass "Fortschritte in der KI-Technologie" in Kombination mit der bisherigen Codebasis dazu genutzt werden sollen "ein Zuhause für nicht-unterstütze Online-Communities zu bauen", und zwar "fern von regulatorischen Eingriffen und der Hand der Plattformen, die sie hassen".

Fragliches Geschäftsmodell

Dass die Einsicht der neuen Besitzer in Hinblick auf die Ausrichtung der Plattform nicht ganz verkehrt sein dürfte, zeigt auch ein Blick auf direkte Konkurrenten. So hat auch das von Ex-US-Präsident Donald Trump favorisierte Truth Social mit finanziellen und rechtlichen Problemen zu kämpfen. Ähnlich sieht es bei Gettr aus, wo noch dazu kommt, dass einer der frühen Investoren, der chinesische Milliardär Guo Wengui, im Fokus von Betrugsermittlungen steht.

Erinnert sei daran, dass es auch anders für Parler hätte kommen können, stand ein Verkauf von Parler doch schon einmal im Raum. Vergangenen Oktober kündigte der US-amerikanische Rapper Kanye West an, die Plattform übernehmen zu wollen. Diese Abmachung wurde aber bereits knapp danach wieder gekappt, als West in einem Interview Hitler und die Nazis lobte. (apo, 15.4.2023)