Der überregionale Pflegeengpass macht auch vor dem Wiener Donauspital nicht halt.

APA / Hans Punz

Der massive Personalengpass vor allem in der Pflege sorgt für immer größere Auswirkungen im Wiener Spitalsbetrieb. Zuletzt warnten Oberärzte der Klinik Ottakring in einer Gefährdungsmeldung davor, dass ein temporärer Ausfall der Zentralen Notaufnahme im ehemaligen Wilhelminenspital bevorstehe. Diensträder für Oberärztinnen und Oberärzte ließen sich derzeit aufgrund von Abgängen an einzelnen Tagen im Sommer 2023 nicht mehr besetzen.

Jenseits der Donau, in der Klinik Donaustadt, warnten Primarärzte Anfang April davor, dass ein regulärer Betrieb der neurochirurgischen Abteilung aufgrund des Mangels an Pflegerinnen und Pflegern nicht mehr möglich sei. Ein entsprechendes Schreiben wurde an Michael Binder, den medizinischen Direktor des Wiener Gesundheitsverbunds (Wigev), geschickt. Bei der Warnung ist es aber nur kurz geblieben: Die neurochirurgische Abteilung muss tatsächlich wegen Pflegemangels temporär schließen. Die Maßnahme soll bereits Anfang Juni oder spätestens Anfang Juli umgesetzt werden. Das gab Lothar Mayerhofer am Dienstag im Gespräch mit dem STANDARD bekannt. Mayerhofer ist seit rund elf Jahren Ärztlicher Direktor der Klinik Donaustadt (früher Donauspital, SMZ Ost).

Im Donauspital kommt es zu einem Novum: Die Neurochirurgie kann nicht mehr in der bisher bekannten Form betrieben werden.
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Mögliche Übersiedlung in die Notaufnahme

"Wir müssen Betten umordnen", sagt er. So übersiedeln zwölf der insgesamt 15 Betten aus der Neurochirurgie-Station in eine andere Abteilung des Hauses, um dort neurochirurgische Betreuung sicherzustellen. Dem Vernehmen nach dürfte künftig die halbe Station der Zentralen Notaufnahme (ZNA) in der Donaustadt neurochirurgisch genützt werden. Das ist deshalb möglich, weil die ZNA noch nicht im Vollbetrieb ist: Hier wurden erst im November 2022 die ersten Betten in Betrieb genommen. "Dass hier Platz für die Neurochirurgie ist, ist auch diesem Zufall zu verdanken", räumt Mayerhofer ein.

Eine Neurochirurgie, die in Wien aufgrund der Personalprobleme nicht mehr in der bisher bekannten Form betrieben werden könne, sei jedenfalls ein Novum und "präzedenzlos".

"Massives Pflegeproblem"

Mit der behelfsmäßigen Lösung könne man aus der Not heraus einen bevorstehenden Schaden vermeiden, skizziert der Ärztliche Direktor. Die Situation der medizinischen Versorgung in Wien werde dadurch aber nicht besser, sagt Mayerhofer. "Sicher ist, dass wir ein massives Pflegeproblem haben. Die Dramatik ist in ganz Wien zu spüren." Alleine in der bisherigen Neurochirurgie der Klinik Donaustadt sind aktuell nur 13 der 19 Pflegedienstposten besetzt. Das Team der Ärztinnen und Ärzte ist hingegen verfügbar.

Neben der Übersiedlung von Betten der Neurochirurgie in die Notaufnahme der Klinik Donaustadt soll auch die neurochirurgische Abteilung im Krankenhaus Rudolfstiftung aushelfen: Hier dürften künftig sechs Betten zusätzlich in dieser Station verfügbar sein.

Der Pflegemangel hat im Donauspital nicht nur Auswirkungen auf die Neurochirurgie: Insgesamt mussten rund 20 Prozent der regulär verfügbaren Betten gesperrt werden. Auch diese Situation sei bisher einzigartig, sagt Mayerhofer. (David Krutzler, 18.4.2023)