Seit dem Ausrollen des Shapella-Upgrades gibt es zum ersten Mal wieder mehr gestakte als abgehobene Ether.

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Letzte Woche hat das Ethereum-Netzwerk eine wesentliche Umstellung hinter sich gebracht. Von Verzögerungen abgesehen ist alles nach Plan gelaufen: Das Upgrade unter der Bezeichnung Shapella hat dazu geführt, dass Investoren bislang mehr als eine Million Ether als Staking-Belohnung abgehoben haben. Beschränkungen in der Abhebung zeigen dennoch Grenzen des Netzwerks auf.

Die Absicht hinter dem Shapella-Upgrade ist klar: Die Einführung des Proof-of-Stake-Mechanismus im September des Vorjahres konnte den Energiebedarf des Ethereum-Netzwerks zwar enorm senken. Vereinfacht formuliert konnten bislang aber jene Anleger, die mit ihren Einlagen systemrelevanter Teil von Ethereum geworden sind, nichts mit ihren daraus resultierenden Belohnungen anfangen – sie waren gesperrt. Seit dem Upgrade letzte Woche sind diese nun zur Behebung freigegeben. Mit einem kleinen Haken.

Bitte warten

Wer seine Staking-Belohnungen sofort nach dem Upgrade beheben wollte, musste sich gedulden. Laut dem Blockchain-Analysten Nansen standen direkt nach dem Upgrade Ether im Wert von rund 1,4 Milliarden US-Dollar in der Warteschlange. Diese Verzögerungen sind ein Beispiel für die Grenzen der Transaktionen, die Ethereum verarbeiten kann, und verdeutlichen die potenziellen Unzulänglichkeiten des Systems, die dem Netzwerk zu einer weitverbreiteten Finanzinfrastruktur im Wege stehen.

Die Modalitäten für die Belohnungen sind bei Ethereum auch so geregelt hat, dass nur eine bestimmte Menge an Validatoren pro Tag komplett ausbezahlt werden kann. Es ist technisch also einfach nicht möglich, dass viele Staker gleichzeitig ihre Kryptowährungen abheben und auf den Markt bringen. Nur 16 Abhebungen können pro Block an Staking-Einlagen verarbeitet werden. Bei 800.000 Abhebungen müsste man umgerechnet mit einer Wartezeit von fast einer Woche rechnen.

Viele Adressen staken wieder

Seit dem Ausrollen des Shapella-Upgrades gibt es mittlerweile wieder mehr gestakte als abgehobene Ether. Laut Nansen hat das gestakte Ether-Volumen von 124.000 Ether am Montag erstmals das Auszahlungsvolumen von 64.800 Ether überschritten.

Von den momentan knapp 575.000 Anlegern mit Validatoren haben mehr als 22.000 eine Anmeldung für einen vollständigen Ausstieg gemacht. Das bedeutet, dass 910.930 von den insgesamt 18,6 Millionen gestakten Ether abgehoben werden sollen. Um in die Warteschlange für Abhebungen zu kommen, muss man derzeit ungefähr drei Tage warten.

Nicht zuletzt soll das Upgrade generell die Popularität von Liquid Staking erhöhen. Dabei kann eine Person ihre Tokens, die sie für das Staking von Kryptowährungen wie Ether verwendet, als Sicherheit verwenden, um eine andere Kryptowährung zu erhalten, die sie für andere Zwecke wie den Handel oder als Sicherheit für Kredite nutzen kann. Wie und ob sich diese Form von Staking für Ethereum etablieren kann, wird sich aber erst in den nächsten Wochen zeigen.

Kursverlauf positiv, Stimmung gut

Befürchtungen, wonach das Shapella-Upgrade zu einem massiven Abverkauf hätte führen können, waren – von der technischen "Bremse" abgesehen – bislang offenbar unbegründet. Ein Blick auf den aktuellen Kurs zeigt, dass Ether immerhin wieder die Vorjahreswerte vom Mai erreichen kann. Vom Höchstwert im November 2021, als Ether kurzfristig über die 4.800-Dollar-Marke kletterte, ist man freilich noch weit entfernt. Aber der Fear&Greed-Index für Ethereum zeigt, dass die Stimmung der Anleger derzeit eher wieder auf einen Kryptofrühling hindeutet. (bbr, 19.4.2023)