Bei der Langen Nacht der Unternehmen 2023 diskutierten Rosa Kaufmann und Robert Langer mit der Moderatorin Karin Bauer über Tipps und Tricks für die Bewerbung.
Foto: Klaus Ranger

Mehr denn je überschwemmen Stellenanzeigen den Jobmarkt. Aber viele schrecken ab. Es wird ordentlich gefordert. Man bekommt fast den Eindruck: Gesucht wird der perfekte Mensch – am besten mit aller Erfahrung und allem Wissen dieser Welt. Wann hat es Sinn, sich zu bewerben, wann eher nicht? Sind alle aufgelisteten Anforderungen gleich wichtig?

Die Lange Nacht der Unternehmen 2023 bot dabei Hilfe. 42 Unternehmen präsentierten sich am Dienstag zu diesem Anlass im Wiener Rathaus. Eingeladen waren Studierende, die sich für den Einstieg ins Berufsleben interessieren.

Eine meterlange Wand schmückte die Mitte des Festsaals, vollgeklebt mit Stellenausschreibungen. Wie man diese richtig liest und entdeckt und ob die beschriebene Stelle persönlich zu einem passt, erklärten zwei Fachleute genau.

Auf der Jobwall können die Besuchenden die Stellenausschreibungen der teilnehmenden Unternehmen ansehen.
Foto: Klaus Ranger

Rosa Kaufmann vom Uniport Karriereservice der Universität Wien und Robert Langer vom Karrierecenter der Wirtschaftsuniversität Wien plauderten bei einer Podiumsdiskussion aus dem Nähkästchen und verrieten einige Tipps.

Tipps und Tricks

Frage: Wie entscheide ich mich, ob ich mich auf die Stellenanzeige bewerben soll?

Kaufmann: Man sollte sich fragen: Wer bin ich, was will ich, was kann ich? Habe ich eine gewisse Leidenschaft für das Thema? Denn Motivation spürt man. Hinterfragen Sie sich selbst: Will ich das wirklich? Der Arbeitsmarkt wandelt sich gerade. Bewerbende sind nicht mehr automatisch in der Bittstellerposition. Umso wichtiger ist es, sich selbst klar zu sein, wo man gerne arbeiten wollen würde.

Frage: Ich erfülle einige der gewünschten Skills der Stellenanzeige nicht. Soll ich mich trotzdem bewerben?

Kaufmann: Mein Tipp ist immer: Auch wenn man nicht alle Kriterien erfüllt – trotzdem bewerben. Es gibt zwei Arten von Anforderungen: MUSS und KANN. Diese sind meistens auch gut gekennzeichnet. Bei den Fähigkeiten, die man nicht unbedingt haben muss, stehen meistens Wörter wie "vorteilhaft" oder "wünschenswert" dabei. Die Muss-Kriterien sollten allerdings schon erfüllt sein. Das Einzige, was passieren könnte, ist eine Absage.

Rosa Kaufmann arbeitet beim Karrierecenter der Universität Wien.
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Frage: Was mache ich, wenn ich ein Muss-Kriterium nicht erfülle? Etwa wenn ich ein Fach nicht studiert, aber in diesem Bereich Arbeitserfahrung habe.

Kaufmann: Arbeitserfahrung kann erlerntes Wissen kompensieren. Muss-Kriterien können also auch substituiert werden. Zwei Jahre Praxis können ein Studium ersetzen. Und, wichtig zu wissen: Einzelne Punkte können im Bewerbungsgespräch auch verhandelt werden.

Frage: Es gibt zwei passende Stellen bei derselben Firma. Soll ich mich doppelt bewerben?

Kaufmann: Ich würde sagen, ja. Es ist wichtig, auch zwei Bewerbungen zu schreiben. Das Motivationsschreiben sollte sich unterscheiden und genau zur jeweiligen Stelle passen. Eine Erwähnung, dass man sich zweimal beworben hat, ist auch ratsam, da in manchen Firmen nicht alle Bewerbungen über eine Stelle laufen.

Robert Langer arbeitet im ZBP Career Center der Wirtschaftsuniversität Wien.
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Frage: Ich studiere ein geisteswissenschaftliches Studium. Welche Fähigkeiten gebe ich bei der Bewerbung an?

Langer: Kennen Sie Ihre Kompetenzen. Was können Sie zusätzlich noch? Strukturiert zu sein und Durchhaltevermögen zu haben ist in vielen Berufen enorm wichtig. Ebenso wie die Persönlichkeit. Scheuen Sie also nicht zurück und analysieren Sie Ihre Stärken.

Frage: Reicht eine Onlinebewerbung?

Langer: Der persönliche Eindruck ist sehr wichtig. Es hilft immer, schon mal mit einer Person des Unternehmens gesprochen zu haben, bevor man sich bewirbt. Gerade deshalb sind Veranstaltungen wie die heutige, Messen oder Tage der offenen Tür besonders gut. Man kommt in Kontakt – bleibt vielleicht sogar im Gedächtnis.

Frage: Nehmen wir nun an, man wird eingeladen. Gibt es No-go-Fragen bei der Bewerbung?

Langer: Die erste Frage sollte nicht das Gehalt betreffen. Stellen Sie lieber eine interessante, vielleicht ungewöhnliche Frage. Wie ist die Fehlerkultur des Unternehmens? Wie handhabt die Firma Feedback? Wie läuft das Onboarding ab? Bleiben Sie authentisch und trauen sie sich, auf diese Weise viel über das Unternehmen zu erfahren. (Natascha Ickert, 21.4.2023)