Derzeit wird noch viel gebaut, hier im Bild ein Wohnprojekt in Wien-Liesing.

Foto: Putschögl

Die gemeinnützigen Bauvereinigungen (GBV) haben österreichweit im Jahr 2022 rund 16.700 Wohneinheiten fertiggestellt, etwa 80 Prozent davon mit Wohnbauförderung, der Rest freifinanziert. 2021 war die Bauleistung mit 16.500 Einheiten etwas geringer.

Heuer dürfte es nochmals eine ähnliche Höhe werden, doch ab 2024 erwarten Verbandsobmann Klaus Baringer und sein Stellvertreter Herwig Pernsteiner einen massiven Einbruch, wie sie am Mittwoch auf einer Pressekonferenz in Wien sagten. Darauf lässt unter anderem die Zahl der im Vorjahr an Gemeinnützige erteilten Baubewilligungen schließen, die im Vergleich zum langjährigen Schnitt von 16.800 um etwa ein Viertel niedriger war (12.700). "Die Zahl der in Bau befindlichen GBV-Wohnungen beläuft sich mit Anfang 2023 auf 29.200", sagte Pernsteiner. Das seien um acht Prozent weniger als im zehnjährigen Mittel (31.700).

Dekarbonisierung als "Thema Nummer eins"

Das gesamte Investitionsvolumen der Gemeinnützigen betrug im Vorjahr rund fünf Milliarden Euro, wovon 3,8 in den Neubau und 1,2 Milliarden in Sanierungen flossen. Auf die Sanierungsquote ist man sehr stolz, laut Baringer wurden mittlerweile 96 Prozent des GBV-Bestands bis zum Baujahr 1980 thermisch saniert. Insgesamt werden noch 36 Prozent der GBV-Wohneinheiten fossil beheizt, "das wird das große Thema der nächsten Jahre", sagte Baringer. Die Dekarbonisierung des Bestands hatten die Gemeinnützigen auf dem letzten Verbandstag im Mai 2022 zum "Thema Nummer eins" erklärt.

Was die aktuelle Neubautätigkeit betrifft, gibt es allerdings ebenfalls große Herausforderungen. Baringer sprach gar von einem "herausfordernden Gemisch" aus hohen Grundstückspreisen, hohen Baukosten und hohen Zinsen. Gefordert seien hier die Gebietskörperschaften, etwa die Gemeinden bezüglich der Grundstücke und die Länder punkto Wohnbauförderung, aber auch der Bund, wenn es beispielsweise um eine Bevorzugung der Gemeinnützigen beim Verkauf bundeseigener Grundstücke geht.

Pernsteiner ging auf die hohen Baukosten näher ein und strich hervor, dass die Löhne am Bau im Mai stark steigen werden. Dies sowie ein eklatanter Fachkräftemangel mache die Lage derzeit sehr schwierig. Sein Unternehmen, die Innviertler Siedlungsgenossenschaft (ISG) in Ried im Innkreis, habe aktuell immerhin wieder Ausschreibungen laufen; ob die strengen Höchstgrenzen der oberösterreichischen Wohnbauförderung bei den Baukosten eingehalten werden können, sei aber noch offen.

"Mehr Wohnbaufördermittel"

Baringer und Pernsteiner appellierten ganz grundsätzlich an die Politik, für eine deutlich höhere Dotierung der Wohnbaufördermittel zu sorgen. "Wenn in den ersten Bundesländern Gemeinnützige verkünden müssen, dass sie aktuell nicht mehr bauen können, muss das ein Warnsignal für die Branche und die Politik sein", sagte Baringer. "Die Länder müssen wieder wesentlich mehr Wohnbaufördermittel in die Hand nehmen, als das zuletzt der Fall war." Einmal mehr wies Baringer darauf hin, dass "vor 25 Jahren 1,4 Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Wohnbauförderung eingesetzt wurden", heute seien es lediglich 0,8 Prozent.

Rund 60 Prozent der Gesamtbauleistung der Gemeinnützigen spielte sich im vergangenen Jahr im Osten Österreichs ab. In Wien und Niederösterreich wurden je 4.500 Wohnungen fertiggestellt, im Burgenland waren es 1.080. In Oberösterreich seien mit 2.770 Wohnungen vergangenes Jahr überdurchschnittlich viele übergeben worden. In der Steiermark waren es mit 1.330 weniger, ebenso in Tirol (1.050), Salzburg (890), Kärnten (380) und Vorarlberg (300).

Die Zahl der gemeinnützigen Bauvereinigungen ist übrigens seit dem Vorjahr wieder zurückgegangen, von 185 auf 182. Grund dafür waren Fusionierungen. (Martin Putschögl, 19.4.2023)