Das Verteidigungsministerium unter Ressortchefin Klaudia Tanner (ÖVP) hat für die kommenden Jahre einige Anschaffungen vor.

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Es ist zwar nicht das erste Papier des Bundesheers, in dem strategische Lageeinschätzungen und Investitionspläne festgehalten werden – aber das neueste; und auch das detaillierteste. Der Landesverteidigungsbericht soll künftig vor allem einmal pro Jahr sehr genau ausweisen, in welche Bereiche das Bundesheer wie viel investiert.

Frage: Was ist der Landesverteidigungsbericht?

Antwort: Ein neues Strategiepapier des Heeres, das Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) gemeinsam mit Generalstabschef Rudolf Striedinger und dem Bundesheer-"Chefstrategen" Generalmajor Bruno Günter Hofbauer gerade erstmals präsentiert hat. Der Bericht wird künftig jährlich aktualisiert und soll damit an die jeweilige strategische Lage angepasst werden. Die Entscheidung zur Schaffung des neuen Papiers fiel mit dem Anfang des Jahres in Kraft getretenen Landesverteidigungs-Finanzierungsgesetz, das einen solchen Bericht über die Ziele der Streitkräfte vorsieht.

Frage: Warum wurde er aus der Taufe gehoben?

Antwort: Einerseits hat die veränderte Sicherheitslage seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine vor gut einem Jahr grundsätzliche Modifikationen bei der Gefahreneinschätzung – auch für Österreich – nötig gemacht. Andererseits soll das Papier künftig, auch für die Öffentlichkeit, ziemlich genau aufschlüsseln, in welchen Bereichen das Bundesheer welche Beträge ausgibt. Denn auch der Etat für Investitionen wurde seit Russlands Überfall auf die Ukraine deutlich aufgestockt: Das Verteidigungsbudget soll in den kommenden Jahren schrittweise auf das Ziel von 1,5 Prozent des BIPs angehoben werden. Mit der Arbeit am Landesverteidigungsbericht wurde aber schon vor Russlands Angriff auf die Ukraine begonnen. "Wir waren spätestens bei Russlands Einmarsch auf der Krim 2014 schon ziemlich alarmiert", sagt Hofbauer zum STANDARD. Da sei schnell erkannt worden, dass das Bundesheer seine Strategien langfristig neu ausrichten beziehungsweise adaptieren muss.

Frage: Was steht drin?

Antwort: Ein zentraler Punkt ist, dass mit dem Angriffskrieg Russlands konventionelle Bedrohungen auch für Österreich wieder wahrscheinlicher geworden sind als in der Vergangenheit. Eine noch wahrscheinlichere Gefahr sieht man im Verteidigungsministerium aber in sogenannten subkonventionellen Bedrohungen – sowohl durch staatliche als auch durch nichtstaatliche Akteure. Zu den subkonventionellen Bedrohungen werden etwa Cyber- oder auch Drohnenangriffe gezählt.

Frage: Hat das etwas mit der kürzlich vorgestellten neuen Sicherheitsstrategie zu tun?

Antwort: Nicht direkt. Die Sicherheitsstrategie ist ein recht allgemein gehaltenes und ressortübergreifendes Papier. Sie wird federführend vom Bundeskanzleramt ausgearbeitet und soll zentrale politische Leitlinien und Ziele für das Handeln der Regierung in Sicherheits- und Verteidigungsfragen definieren. Sie betrifft Polizei und Innenressort ebenso wie Außen-, Justiz- und Verteidigungsministerium. Das Heeresressort verfügt aber über mehrere – und deutlich konkretere – eigene Papiere, die speziell für den Bedarf der Streitkräfte erstellt wurden. Dazu gehört ab jetzt auch der Landesverteidigungsbericht.

Frage: Es gibt die "Sicherheitsstrategie", das "Streitkräfteprofil" und das "Risikobild" des Bundesheers, jetzt auch noch den neuen Landesverteidigungsbericht. Warum so viele Papiere?

Antwort: Die Sicherheitsstrategie ist, wie in der vorigen Antwort erläutert, in der Praxis von eher nachrangiger Bedeutung für das Bundesheer. Mit dem Streitkräfteprofil "Unser Heer 2030" wurden vor allem langfristige Investitionspläne für die verschiedenen Aufgabenbereiche und Waffengattungen des Heeres ausgearbeitet. Das Risikobild, das ebenfalls vom Verteidigungsministerium erstellt und jährlich aktualisiert wird, ist dagegen eher eine strategische Bedrohungs- und Lageeinschätzung unter Rücksicht auf aktuelle nationale und vor allem internationale Entwicklungen. Der neue Landesverteidigungsbericht reiht sich gewissermaßen dazwischen ein. Der Fokus liegt dabei aber auf der genauen Dokumentation der laufenden Investitionen, wie Hofbauer betont: "Der Bericht soll sowohl für den Gesetzgeber als auch für eine breite Öffentlichkeit darstellen, was das Bundesheer mit dem Geld macht." Länder wie die Schweiz würden derartige Papiere schon seit längerem jährlich ausarbeiten.

Frage: Was wird das Bundesheer in nächster Zeit einkaufen?

Antwort: Bereits am Laufen ist die Modernisierung der Schützen- und Kampfpanzer. "Über die nächsten Jahre soll die Flotte so modernisiert werden, dass sie wieder für verschiedene Szenarien einsatzbereit ist", sagt Hofbauer. Großer Wert werde auch auf alles gelegt, was unmittelbar der Truppe zugutekommen könne. Dazu zählen laut Hofbauer etwa die modifizierten Sturmgewehre 77, die mit neuen Visier- und Nachtsichtsystemen ausgestattet werden, oder der neue Feldschuh. Unter den großen Anschaffungen ist noch die mögliche Nachfolge der Saab-105-Trainingsjets zu klären. Hofbauer betont außerdem die Wichtigkeit von Drohnen und der bodengebundenen Luftabwehr, die bis zur mittleren Reichweite ausgebaut werden soll. Ein weiterer Schwerpunkt: Alles, was mit der Digitalisierung zusammenhängt. Dazu gehört etwa ein neues Führungsinformationssystem. (Martin Tschiderer, 19.4.2023)