Die Preise sind hoch, die Zinsen steigen weiter, und die Vergaberegeln sind streng. Doch wer kauft, muss sich wenigstens nicht mehr von befristetem Mietvertrag zu befristetem Mietvertrag hanteln.

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Das Eigenheim ist der ganz große Traum vieler Menschen in Österreich – nur ist dieser Traum in den letzten Jahren für viele in unerreichbare Ferne gerückt. In den Ballungsräumen sind die Immobilienpreise wegen hoher Bau- und Grundstückskosten in unerreichbare Höhen geschnalzt. Seit dem Vorjahr verteuern auch noch steigende Zinsen Immobilienkredite. Und dann wurden vergangenen Sommer auch noch die Vergabekriterien für Immobilienfinanzierungen verschärft.

Eigentum zu besitzen ist für viele Menschen zur Illusion geworden. Maklerinnen und Makler berichten bereits, dass sich nun wieder mehr Menschen für Mietwohnungen interessieren als in der Vergangenheit, wo die Zinsen niedrig waren. Doch zahlt es sich in der aktuellen Situation wirklich nicht mehr aus, in Eigentum zu investieren, sollte man noch die Möglichkeit haben? Falls Sie aktuell überlegen – wir haben das Für und Wider in Sachen Kaufen zusammengetragen.

Für

Es gibt viele gute Gründe, die für den Immobilienkauf sprechen. Das werden vor allem all jene unterschreiben, die sich zuvor von befristetem Mietvertrag zu befristetem Mietvertrag gehantelt haben und sich dabei auch einmal unfreiwillig auf die Suche nach einer neuen Bleibe machen mussten – auf einem Wohnungsmarkt, auf dem die Mieten im freifinanzierten Bereich in den letzten Jahren stetig gestiegen und günstige, unbefristete Verträge längst zur Ausnahme geworden sind. Wenn man alle paar Jahre umziehen muss, geht das ordentlich ins Geld. Und weil gerade ohnehin alles teurer wird, sind auch die Mieten zuletzt in manchen Häusern gleich mehrfach angehoben worden. Zumindest über Mieterhöhungen muss man sich im Eigentum keine Gedanken mehr machen.

Überhaupt kann man das Konzept der Miete hinterfragen: Monatlich wird Geld an den Vermieter oder die Vermieterin überwiesen, das dann futsch ist. Wer einen Kredit für den Haus- oder Wohnungskauf aufnehmen muss, muss zwar auch monatlich blechen, baut sich damit aber immerhin Vermögen auf – und kann den Kindern und deren Kindern ein wenig Sicherheit hinterlassen in einer Welt, in der nicht mehr viel als sicher gilt. Das ist doch ein gutes Gefühl. Und wer langfristig an einem Ort wohnen kann, baut sich dort ein besseres soziales Netz auf, betont Wifo-Ökonom Peter Huber. Das kann auch bei der Jobsuche von Vorteil sein.

Außerdem ist es sehr wahrscheinlich, dass der Wert der Immobilie, sofern sie in einem Ballungsraum liegt, weiter steigt. Die Preis-Rallys der letzten Jahre dürften zwar angesichts steigender Zinsen und strengerer Kreditvergaberegeln vorerst vorbei sein – mit einem starken Rückgang der Preise rechnen Expertinnen und Experten derzeit aber auch nicht.

Immobilien dürften also eine gute Anlage bleiben – noch dazu eine, die man, im Gegensatz zu anderen Investmentkategorien, tatsächlich angreifen und nutzen kann. Sollten sich die Lebensumstände irgendwann ändern, ist auch eine Vermietung möglich – und damit lässt sich ein Einkommen generieren.

Mit Eigentum geht außerdem ein gewisses Maß an Freiheit einher: Man muss den Vermieter nicht mehr um Erlaubnis bitten, wenn man die Küche herausreißen oder die Wohnung umgestalten möchte, kann bei der farblichen Gestaltung der Wände aus dem Vollen schöpfen, ohne zu fürchten, dass man diese am Ende wieder weiß anmalen muss. Erlaubt ist, was gefällt.

Wider

Es gibt viele gute Gründe, die gegen den Immobilienkauf sprechen. Der offensichtlichste: In weiten Teilen des Landes ist es sehr, sehr teuer geworden, Eigentum zu erwerben – so teuer, dass viele Menschen die Finanzierung angesichts steigender Zinsen und strenger Vergaberegeln nicht mehr stemmen können.

Und dann kommen noch weitere Kosten dazu, auf die bei der Kalkulation gern vergessen wird: Die Kaufnebenkosten – Notar, Grunderwerbsteuer, Grundbuch- und eventuell auch Pfandrechtseintragungsgebühr sowie Maklerprovision – liegen bei zehn Prozent des Kaufpreises. Auch Betriebskosten und Rücklagen müssen monatlich neben der Kreditrate berappt werden, die Mindestrücklage liegt mittlerweile bei 90 Cent pro Quadratmeter Nutzfläche. In vielen Bestandshäusern wird es damit nicht getan sein, denn in den kommenden Jahren muss die Gasheizung raus. Das wird teuer.

Diese hohen laufenden Kosten nehmen Flexibilität: Wer kauft, muss in anderen Lebensbereichen Abstriche machen und auf Luxus wie teure Urlaube vielleicht verzichten. Für einen Jobwechsel in eine andere Stadt oder ein anderes Land ziehen? Das überlegt man sich vermutlich zweimal, wenn man noch die Kreditraten abstottert. Ja, man ist natürlich weniger mobil, wenn man sesshaft geworden ist, sagt auch Wifo-Ökonom Peter Huber.

Ein nötiger Umzug, etwa bei Arbeitsplatzverlust, wird da wohl seltener in Erwägung gezogen. Ganz einig ist sich die Wissenschaft zwar nicht in der Frage, ob Eigentum oder Miete für die Karriere förderlicher ist (siehe links). Doch auch wenn sich die Wohnkonstellation verändert und die Familie wächst oder schrumpft, stößt man in der Eigentumswohnung schnell an Grenzen, während man sich notfalls relativ unkompliziert eine kleinere oder größere Mietwohnung suchen könnte.

Was viele beim Immobilienkauf außerdem vergessen: Man sollte sich die Nachbarinnen und Nachbarn vor dem Unterschreiben des Kaufvertrags ganz genau anschauen. Denn man wird in einem Wohnhaus zur Miteigentümerin – und muss sich daher künftig mit einer Eigentümergemeinschaft zusammenraufen. Das verläuft bei weitem nicht immer friktionsfrei. Zwar wurde die Entscheidungsfindung in vielen Bereichen gesetzlich erleichtert, um Sanierungen anzustoßen. Letztendlich muss man aber in vielen Fragen weiterhin Klinken putzen gehen und darauf hoffen, dass der Nachbar ein Teamplayer und kein Querulant ist. Mietet man die eigenen vier Wände nur, kann man unkomplizierter raus. (Martin Putschögl, Bernadette Redl, Franziska Zoidl, , 22.4.2023)