Marlene Svazek betreibt als Jägerin ein elitäres Hobby. Als Politikerin pflegt sie ein bodenständiges Image.
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Marlene Svazek hat definitiv keine Berührungsängste. Ungezwungen schüttelt die Salzburger FPÖ-Chefin eifrig Hände, teilt auch mal Umarmungen an ihre Fans aus. Sie lächelt, wirkt locker. Für die 30-jährige Spitzenkandidatin sind die Landgasthofsäle, die sie gemeinsam mit FPÖ-Bundesparteiobmann Herbert Kickl besucht, ein Heimspiel. "Neustart" lautet der klingende Titel ihrer Tour. Das passt.

Bodenständigkeit versus Jagdleidenschaft

Denn Svazek hat im Wahlkampf eine regelrechte Metamorphose vollzogen – zumindest in ihrem Auftritt. Nach dem Ibiza-Skandal hat die FPÖ wieder politischen Aufwind und Svazek sich neu erfunden. Ihr Image als bodenständige, heimatverbundene "Nationalliberale", wie sie sich selbst bezeichnet, pflegt sie. Ihr unverkennbarer Stil: Sie kombiniert trachtige Blazer mit Jeans. Das kommt auch beim Stammtisch auf dem Land gut an. Ihrer Bodenständigkeit steht ihre Jagdleidenschaft gegenüber. Ein elitäres Hobby, das sie auch in erlesene Kreise rund um Landesjägermeister Max Mayr-Melnhof bringt. Das passt zu ihrem Ziel, mehr bürgerliche Schichten anzusprechen.

Die 30-Jährige gibt sich regierungsfähig und unterscheidet sich deutlich von den freiheitlichen Brachialrhetorikern wie dem niederösterreichischen FPÖ-Landesrat Gottfried Waldhäusl. Ihr Ton ist aber auch gemäßigter als jener des Parteichefs in Wien. Auch wenn sie sich inhaltlich nicht groß von ihren Kollegen unterscheidet. Doch ihre Zurückhaltung beweist sie bei rhetorischen Angriffen – etwa bei den Elefantenrunden im TV. Da bleibt die Freiheitliche sachlich und kontert gekonnt. Ganz wie ihr Vorbild Marine Le Pen, die Vorsitzende der französischen rechtspopulistischen Partei Rassemblement National, fährt Svazek die Strategie der "Entdiabolisierung", um zusätzlich Wählerschaften der bürgerlichen Mitte anzusprechen.

Waldhäusl "vielleicht falsch abgebogen"

Dafür wird Svazek innerhalb der FPÖ deutlich. Als der niederösterreichische FPÖ-Landesrat Gottfried Waldhäusl im Wahlkampf zu zu einer Wiener Schülerin mit Migrationshintergrund sagte, dass "Wien noch Wien wäre", wenn FPÖ-Forderungen umgesetzt worden wären, erklärte Svazek, dass "Waldhäusl irgendwo in seinem Denkmuster verunfallt oder vielleicht falsch abgebogen ist". In Salzburg hat sich Svazek von Parteimitgliedern getrennt, die zum Problem werden könnten. Kandidaten mit rechtsextremen Verbindungen oder Funktionäre, die strafrechtlich aneckten, wurden ausgeschlossen.

Am Wahlsonntag stand sie unter Erfolgsdruck. Sie wollte die FPÖ zur stärksten Kraft im Land Salzburg machen. Obwohl das Ziel angesichts der Macht der ÖVP zu hoch gegriffen war, zählten die Freiheitlichen am Sonntagabend zu den Wahlgewinnern. Alle Umfragen prognostizierten den Blauen Zugewinne und Platz zwei vor der SPÖ. Auch weil bei der letzten Wahl mit der FPS von Karl Schnell noch eine zweite freiheitliche Liste antrat und der FPÖ 4,5 Prozent wegnahm. Mit 25,7 Prozent landete die FPÖ dann schließlich tatsächlich auf Platz zwei hinter der ÖVP.

Weibliches Aushängeschild

Doch Svazek ist nicht nur in Salzburg eine Politikerin, mit der in Zukunft zu rechnen ist. Die 30-Jährige ist das weibliche Aushängeschild der männerdominierten FPÖ und schafft den Spagat zwischen inhaltlicher Härte und gemäßigtem Auftreten. Für eine Regierungsbeteiligung im Bund würde sie auch wieder nach Wien gehen, sofern die FPÖ in Salzburg in der Opposition bliebe, erklärte sie im Interview mit der Presse. "Wenn Herbert Kickl mich gern an seiner Seite hätte, dann werde ich nicht Nein sagen."

In den vergangenen Wochen war der Bundesparteiobmann jedoch an ihrer Seite in Salzburg. Auch zum Wahlkampfabschluss am Freitagabend im Stieglkeller kündigte sich Kickl an. Die zunehmende Beliebtheit der FPÖ wird auch von der ÖVP registriert. Landeshauptmann Wilfried Haslauer sprach gegen Ende des Wahlkampfes die Politik von Herbert Kickl direkt an und lehnte sie klar ab. Beim schwarzen Wahlkampffinale sagte er: Wenn Svazek "bestimmend" werde, stehe dahinter in Wahrheit Kickl. Er, Haslauer, wolle nicht, dass "Niedertracht, Neid und Boshaftigkeit" einkehrten. Doch die blaue Spitzenkandidatin hofft auf eine Gegenreformation: "Die ÖVP wird ganz schnell katholisch werden, wenn es mit niemand anderem mehr geht." Soll heißen: Svazek will diesmal mitregieren.

30-jährige Berufspolitikerin

Das ist nicht überraschend, schließlich ist Svazek Berufspolitikerin. Schon während ihres Politikwissenschaftsstudiums dockt sie zuerst bei der ÖVP an, wird dann aber Funktionärin in der FPÖ-Jugendorganisation RFJ. Später wird sie, noch studierend, Gemeinderätin in Großgmain und arbeitet drei Jahre lang als Referentin im freiheitlichen Landtagsklub. Als persönliche Assistentin des Europaparlamentariers Harald Vilimsky geht Szvazek später nach Brüssel. 2016 übernimmt sie mit 23 Jahren die Salzburger FPÖ. Langzeit-Parteiobmann Karl Schnell war zuvor von Heinz-Christian Strache aus der Partei ausgeschlossen worden. Ihr zur Seite gestellt werden zwei Burschenschafter.

2017 zieht Svazek in den Nationalrat ein. Im Jahr darauf wird sie Generalsekretärin der Bundes-FPÖ. 2018 legt sie die Ämter zurück, um sich auf Salzburg zu konzentrieren. Doch die Landtagswahl 2018 ist ein herber Rückschlag. Haslauer schneidert sich entgegen dem Wunsch des damaligen ÖVP-Kanzlers Sebastian Kurz eine Dirndlkoalition aus ÖVP, Grünen und Neos. Die FPÖ ist außen vor. Den politischen Tiefpunkt erreicht Svazek allerdings erst ein Jahr danach. Die FPÖ-Landeschefin verfehlt bei der Bürgermeisterwahl in ihrer Heimatgemeinde Großgmain die Stichwahl.

Sexistische Rollenbilder

Um diesmal als Gewinnerin aus der Wahl hervorzugehen, setzte Svazek in ihrer Kampagne auf zwei unterschiedliche Zielgruppen. An blaue Kernwählerschichten gerichtet: "Während Sie das hier lesen, überqueren zwei Illegale die Grenze zu unserer Heimat". Dieses Plakatsujet erntete prompt heftige Kritik der ÖVP und des KZ-Verbandes. Die zweite Plakatserie zielte bereits auf ÖVP-Klientel ab. Mit weichgezeichnetem Porträt und dem Slogan "neue Hoffnung" präsentierte sich Svazek als "ideale Schwiegertochter", sagt der Salzburger Politologe Reinhard Heinisch.

Als Frau in einer männerdominierten Partei habe es Svazek schwer, sagt der Universitätsprofessor, bei dem sie studiert hat. "Wenn eine Frau zu nahe an einem starken Mann ist, heißt es, sie sei seine Assistentin oder Statthalterin." Das seien sexistische Rollenbilder: "Ab Sonntag ist sie die unangefochtene Nummer eins und kann selbst gestalten, weil sie etwas vorzuweisen hat."

Spannend wird, ob sich im Falle einer blauen Regierungsbeteiligung der Umgang mit Medien ändern wird. Das Interview mit dem STANDARD sagte Svazeks Pressesprecher kurzfristig ab. (Stefanie Ruep, 24.4.2023)