Die stark gestiegenen Preise für Nahrung liegen auch Sozialminister Rauch schwer im Magen. Warum steigen diese schneller als der Rest der Verbraucherpreise?

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Die sich auftürmende Teuerungswelle bei Lebensmitteln sorgt in Österreich und in Deutschland für Diskussionen – und führt zu einer Suche nach den Verursachern. Einer Studie zufolge brauchen sich deutsche Haushalte keine Hoffnung auf günstigere Nahrungsmittel zu machen. "Durchgesetzte Preiserhöhungen werden erfahrungsgemäß nur selten zurückgenommen", sagt der Inflationsexperte des Kreditversicherers Allianz Trade, Andy Jobst, zu der am Montag veröffentlichten Untersuchung. Demnach sind Lebensmittel im ersten Quartal um 22 Prozent teurer geworden, im Gesamtjahr sollen die Preiszuwächse durchschnittlich mehr als zwölf Prozent betragen. Auffallend dabei: "Mehr als ein Drittel des jüngsten Anstiegs der Lebensmittelpreise hierzulande können nicht mit den traditionellen Risikotreibern erklärt werden", sagt Jobst. Es gebe zunehmend Anzeichen für erhöhte Gewinne sowie unzureichenden Wettbewerb in den Bereichen mit besonders starken Preissteigerungen.

Für Sozialminister Johannes Rauch (Grüne) sind die hohen Preissteigerungen bei Lebensmitteln in Österreich "nicht nachvollziehbar". Deshalb will er in den nächsten Tagen Gespräche mit Vertretern des Lebensmittelhandels und Experten zu dem Thema führen. Geklärt werden soll die Frage, warum die Preissteigerungen bei Lebensmitteln deutlich über der ohnehin hohen Inflationsrate – im März 9,2 Prozent auf Jahressicht – liegen. Die Bundeswettbewerbsbehörde habe bereits eine Untersuchung gestartet und zuletzt 1500 Lieferanten des Lebensmittelhandels dazu befragt, heißt es dazu aus dem Ministerium. Viele Länder hätten unterschiedliche Maßnahmen ergriffen.

Körberlgeld für Branche?

Das gewerkschaftsnahe Momentum-Institut hat berechnet, dass drei Viertel der "hausgemachten", also nicht importierten, Teuerung in höhere Unternehmensgewinne fließen. Demnach treiben die Profite die Inflation in Österreich stärker als in fast allen anderen Ländern der Eurozone. Die anteiligen Profite bei der Inflation in Österreich hätten zuletzt um ein Viertel mehr ausgemacht als in den Jahren vor 2022. Drei Viertel der nicht importierten Teuerung gingen demnach auf die höheren Unternehmensgewinne zurück, nur ein Viertel auf die Löhne, schreibt Momentum unter Berufung auf Daten der Statistikbehörde Eurostat.

Ein Ranking, in dem Österreich viel besser dasteht, hat die industrienahe Agenda Austria erstellt: Die Lebensmittelpreise seien in Österreich im Jahresabstand weniger stark gestiegen als in den meisten EU-Ländern – der Preisanstieg um 14,6 Prozent bei Lebensmitteln war demnach deutlich geringer als in Deutschland, aber auch in den Nachbarländern Ungarn, Slowakei, Tschechien oder Slowenien.

Preise weitergegeben

"Wenn die Lebensmittelpreise in Österreich viel stärker steigen würden als in vergleichbaren Ländern, dann müsste man sich schon fragen, ob da etwas nicht stimmt", meint Jan Kluge von der Agenda Austria. Derzeit scheine der Handel vor allem die gestiegenen Weltmarktpreise weiterzugeben.

Laut dem Branchenradar der Bank Austria kann die Lebensmittelindustrie trotz nachlassenden Gesamtwachstums weiterhin stabile Zuwächse erwarten. Nahrungsmittelerzeuger profitierten von sehr hohen Preissteigerungen. Dabei hätten die Unternehmen die stark gestiegenen Rohstoff- und Energiepreise weitergegeben. (APA, aha, 25.4.2023)