Wie wär’s, wenn in der SPÖ-Mitgliederbefragung zu den Wahlmöglichkeiten Pamela Rendi-Wagner, Andreas Babler und Hans Peter Doskozil (und "keine*r") noch rasch der Name Kay-Michael Dankl hinzugefügt würde?

Der 34-jährige Jungpolitiker gibt in der ZiB 2 und auf Puls 24 klarere Antworten als alle drei, ist mindestens so artikuliert, vertritt linke, aber weniger linke Positionen als etwa Babler, lehnt im Unterschied zu Babler (hat dies vor zwölf Jahren gefordert) einen EU-Austritt ab, übt schärfere Kritik an Wladimir Putin und größere Solidarität mit der Ukraine als so manche SP-Politiker. Und er hat soeben einen überraschenden Wahlsieg in Salzburg Land (11,7 Prozent, in Salzburg-Stadt 22 Prozent) eingefahren. Leider ist Dankl für die KPÖ angetreten und kommt nicht infrage. Ursprünglich war er übrigens ein Grüner, ehe er von der damaligen Parteichefin Eva Glawischnig hinausgehaut wurde. Zur KP gingen er und einige Freunde wohl nicht, weil sie eine stalinistische Kaderpartei (die die KPÖ teils immer noch ist) suchten, sondern eine linke Alternative.

Vom Protest profitiert: Kommunist Kay-Michael Dankl darf sich über seinen Wahlerfolg in Salzburg freuen.
Foto: APA/Barbara Gindl

"Alternative" ist das Stichwort. Politikbeobachter gehen davon aus, dass jenseits des traditionellen Parteienspektrums noch Platz ist für neue Parteien und Bewegungen. Sora-Mitbegründer und Wahlforscher Christoph Hofinger sagt im STANDARD-Chat: "Es ist angerichtet für eine linke Protestpartei." Politikberater Thomas Hofer ganz ähnlich: Wenn sich ein paar attraktive Politiker(innen) jenseits der traditionellen Parteien fänden, die die Stimmung der Leute treffen, hätten sie Chancen, ins Parlament zu kommen.

Die Stimmung ist auf Protest ausgerichtet und speist sich aus dem Gefühl, die traditionellen Parteien würden bei den Butter-und-Brot-Themen wie Teuerung, Gesundheitssystem etc. versagen. Dazu kommt ein sehr starker hierzulande offenbar unterschätzter emotionaler Zug, der sich am ehesten mit Staatsskepsis oder gar Staatsfeindschaft umschreiben ließe. Starkes Wahlmotiv in allen drei Landtagswahlen bisher war die "Corona-Diktatur", vor allem mit der Maskenpflicht und der eingebildeten oder tatsächlichen Benachteiligung der Ungeimpften.

Wutthemen

Bisher profitierte die FPÖ vom Protest. Auch weil sie geschickt alle Wutthemen aufsammelt, aber auch, weil es keine andere Protestmöglichkeit für konservative Bürger(innen) gab. Viele können es einfach nicht über sich bringen, die Grünen oder die Neos zu wählen. Die FPÖ, trotz ihres rechtsextremen Grundzugs, schon. Der wird eben verdrängt.

Nun haben Leute, die sich von der FPÖ abgestoßen fühlen, aber trotzdem protestieren wollen, eine Alternative in der KPÖ, allerdings noch nicht im Bund. Wenn die KPÖ im Bund antritt, werden die Schwierigkeiten mit der Natur der Kommunisten aber viel stärker hervortreten. Aber sie werden der SPÖ und den Grünen Stimmen wegnehmen.

Davon abgesehen: Ist es denkbar, dass sich noch weitere Protestparteien bilden, die vielleicht nicht nur der SPÖ stimmen wegnehmen, sondern auch der FPÖ? Von rechts hat es das immer wieder gegeben. Frank Stronach oder die Antiimpfpartei MFG haben der FPÖ geschadet. Sie sind aber wieder weg.

Immer wieder tauchen Andeutungen auf, dass der frühere SPÖ-Kanzler Christian Kern eine eigene Mitte-links-Bewegung aufziehen will. Er meldet sich jedenfalls immer wieder und durchaus interessant zu Wirtschaftsthemen. Er müsste allerdings langsam entscheiden, was er will.

ÖVP, SPÖ und bis zu einem gewissen Grad auch die Grünen und die Neos leiden an Ideenerschöpfung und Umsetzungsschwäche. Zugleich ist ihnen nichts gegen die FPÖ eingefallen, die davon profitiert. Gibt es Bewegungen und/oder neue Parteien, die das Protestmonopol der FPÖ aufbrechen? Das wird die spannende Frage der nächsten Zeit. (Hans Rauscher, 26.4.2023)