Maßnahmenvollzug im oberösterreichischen Asten: Die Insassen werden rund um die Uhr beobachtet und betreut.

foto: helmut Fohringer

Lange wurden viel zu viele straffällig gewordene Menschen mit psychischen Erkrankungen in den Maßnahmenstrafvollzug verfrachtet; in eine Einrichtung, in der sie, so sich ihre psychische Störung nicht besserte und sie als fortgesetzt gefährlich galten, weit über das Verbüßen ihrer Strafe eingesperrt werden konnten – und wurden.

Nun sollen ab kommenden September rund 60 derartige Häftlinge freikommen – und es zeigt sich, wie schwer es ist, mit den Folgen einer solchen institutionellen Fehlentwicklung umzugehen.

Für die meist recht jungen Freizulassenden nämlich – Menschen, deren Tat mit einer Strafe von weniger als zehn Jahren bedroht ist und die zum Begehungszeitpunkt jünger als 21 Jahre waren – fehlen ausreichende Betreuungs- und Behandlungsmöglichkeiten für die Zeit danach. Schon jetzt herrscht Ressourcenmangel in den Psychiatrien, für eine Psychotherapie auf Krankenkassenkosten muss man vielfach lange warten. Auch die Bewährungshilfe, die sie von einem neuerlichen Abrutschen in die Kriminalität bewahren sollte, ist nicht üppig ausgestattet.

Durch die Haft verunselbstständigt

Wie sollen die jungen Ex-Straftäter mit einer solchen Mangelverwaltung zurechtkommen – zumal der Maßnahmenvollzug wohl die meisten von ihnen extrem verunselbstständigt hat? Derzeit leben sie noch in einem strukturierten Haftumfeld, in dem sie Psychopharmaka täglich ausgeteilt bekommen und zu Therapiesitzungen gebracht werden – soweit es diese Angebote denn gibt. Nun sollen sie nach einer nur kurzen Freigangsphase in die Freiheit entlassen werden.

Das erinnert im Kleinen an die großen Probleme, die vor mehreren Jahrzehnten mit dem Ende der klassischen Einsperrpsychiatrie einhergingen. In Italien, wo damals recht radikal vorgegangen wurde, verelendeten viele ehemaligen Patientinnen und Patienten. In Österreich ging das glimpflicher ab, denn es wurden ambulante Angebote forciert – etwa Tageskliniken und Notrufe, wie es sie heute auch gibt, wenn auch mit begrenzten Ressourcen. Mehr davon sowie einen einfachen Zugang zu Therapien braucht es jetzt für die Entlassenen aus dem Maßnahmenvollzug, und zwar rasch. (Irene Brickner, 26.4.2023)