St. Pölten – Zum ersten Mal seit seiner Konstituierung kommt der niederösterreichische Landtag am Donnerstag zu einer Sitzung zusammen. Die Tagesordnung ist recht überschaubar: Neben drei Anträgen und einer Aktuellen Stunde steht nur ein einziger Gesetzesbeschluss auf der Agenda, und zwar die Novelle des Kindergartengesetzes – der STANDARD berichtete.

Für Brisanz dürfte die Landtagssitzung aber trotzdem sorgen. Die FPÖ will mit einem Antrag ein klares Bekenntnis zu geplanten Straßenbauprojekten, darunter die S1 samt Lobautunnel, die Marchfelder Schnellstraße (S8) und die Traisental-Schnellstraße (S34). Es solle die Bundesregierung unverzüglich aufgefordert werden, alle im Bundestraßengesetz verankerten Projekte umgehend umzusetzen, heißt es in dem FPÖ-Antrag.

Die niederösterreichische Landesregierung will ein klares Bekenntnis zu drei Straßenprojekten im Großraum Wien.
Foto: APA/ Asinfag/ Rohrmoser

Heiß diskutiert werden alle drei Projekte, besonders jenes rund um die S1-Verlängerung. Es ist auch nicht das erste Mal, dass das Land Niederösterreich auf die Umsetzung des Lobautunnels pocht. Mit aktuellem Stand werde keines der drei Projekte vom Umweltministerium weiterverfolgt, heißt es auf Anfrage des STANDARD. "Gerade die Lobauautobahn führt durch ein sensibles Naturschutzgebiet, das hätte massive Folgen für unser Klima und einen enormen Bodenverbrauch", sagt ein Sprecher.

Zustimmung auch von ÖVP und SPÖ

Nun selbst in der Landesregierung, wird die FPÖ im Landtag einiges an Zustimmung für ihren Antrag bekommen: Die ÖVP und auch die SPÖ, also das gesamte Regierungsteam, stehen dahinter. Bloß Grüne und Neos werden nicht zustimmen. Im vergangenen Jahr warf die FPÖ der ÖVP unter Johanna Mikl-Leitner noch vor, sie sei zu schwach, "um sich gegen eine wildgewordene grüne Verkehrsministerin durchzusetzen".

Vonseiten der niederösterreichischen Volkspartei ist man aber bei den Straßenprojekten auf gleicher Linie mit den Freiheitlichen: Der ÖVP-Klubobmann Jochen Danninger spricht davon, dass die grüne Umweltministerin Leonore Gewessler die "Grundprinzipien der Demokratie" ausheble, denn die Projekte seien ohnehin schon im Bundesstraßengesetz festgeschrieben.

Genau diese Gesetzespassage möchte Gewessler aber ändern, wie sie bereits im vergangenen Herbst betonte, was ihr Ministerium auf Nachfrage auch weiterhin verfolgt. Sie kündigte damals an, eine sogenannte Strategische Prüfung Verkehr einzuleiten, um in weiterer Folge die S1-Verlängerung samt Lobautunnel aus dem Bundesstraßengesetz streichen zu können.

Türkis-Grün nicht einig

Danninger wiederum verweist auf die jahrelangen Planungen und die durch das Projekt entstehende zusätzliche Verkehrssicherheit und Entlastung der Bevölkerung. Der freiheitliche Antrag in Niederösterreich solle sich übrigens konkret an das grüne Umweltministerium richten. Ein Antrag an die gesamte Bundesregierung wäre ein Affront gegenüber dem Koalitionspartner ÖVP, der im Bund mit den Grünen regiert.

Auch die Bundes-ÖVP betonte schon öfter, dass das Projekt rund um die S1-Verlängerung umgesetzt und nicht gestoppt werden solle – eine Einigung innerhalb der türkis-grünen Regierung ist also nicht in Sicht.

Ebenfalls für den Antrag wird die niederösterreichische SPÖ stimmen. Das kommt wenig überraschend, steht ja die Stadt Wien unter SPÖ-Führung klar hinter dem Lobautunnel. Vor der Landtagswahl haben sich die Sozialdemokraten nicht klar dazu geäußert – es wurde bloß betont, dass bereits in Planung befindliche Projekte umgesetzt werden sollen.

"Es braucht einen optimalen Mix aus allen Verkehrsmitteln. Hierzu zählt der massive Ausbau des öffentlichen Verkehrs, aber auch Straßenbauprojekte", erklärt SPÖ-Abgeordnete Kathrin Schindele auf Anfrage.

Prüfung von Alternativen

Das Umweltministerium will auf Alternativen setzen, um die Anrainerinnen und Anrainer zu entlasten. Dazu habe man auch schon öfter das Land Niederösterreich zu Gesprächen eingeladen, "leider gab es vom Land bisher keine Bereitschaft dazu", heißt es aus Gewesslers Ressort.

Klar gegen die Straßenprojekte sind Grüne und Neos. Das bedeute nicht, dass keine Straßen mehr gebaut werden dürfen, "aber wenn die Planung solcher Projekte mehr als 30 Jahre zurückliegt, dann ist es vollkommen logisch, dass wir heute mit einem anderen Blick draufschauen müssen", sagt Neos-Landessprecherin Indra Collini. (Max Stepan, 27.4.2023)