Der Bundeskanzler eines Binnenlandes mit neun Millionen Einwohnern mitten in Europa reist also in Staaten Subsahara-Afrikas, nach Angola und Ghana, um dort Besuche zu absolvieren. Was sucht Karl Nehammer in derart weit entfernten Gefilden? Das mag man zunächst denken. Doch – eine solche Reise ist hochnotwendig und grundvernünftig.

Auf Afrikareise: Bundeskanzler Karl Nehammer in Ghana.
Foto: Apa/Robert Jäger

Vieles spricht dafür, dass Afrika der Kontinent der Zukunft ist. Zum Beispiel im Bereich Energie. Unter der afrikanischen Sonne lässt sich etwa grüner Wasserstoff wettbewerbsfähig für den Weltmarkt herstellen. Das ist dringend erforderlich für die Klimawende. Und wegen vergleichsweise geringer Distanzen könnte man den Stoff auch gut nach Europa exportieren.

Oder im Bereich Arbeitsmarkt: In Europa herrscht vielfach Fachkräftemangel; in Afrika stehen junge Menschen trotz guter Ausbildung auf der Straße. Mehr Austausch würde beiden Wirtschaftsräumen guttun.

Um diese Potenziale zu nutzen, braucht es aber Partnerschaften im wirtschaftlichen und politischen Bereich. Die EU jedoch interessiert sich kaum für Afrika – und überlässt China das Feld. Deshalb ist es wichtig, dass auch der Kanzler des kleinen Österreich nach Afrika reist. Jetzt müsste Nehammer nur noch in anderen Politikfeldern ebenso klug agieren wie in der Auswahl seiner Reiseziele: Mehr Ernsthaftigkeit in der Klima- und Migrationspolitik statt E-Fuels-Populismus und abstruser Schengen-Blockaden wäre ein lohnender Anfang. (Joseph Gepp, 26.4.2023)