Der Harpunier Quiqueg (Wolfgang Seidenberg) und sein Schützling Ismael (Jonas Graber, rechts im Vordergrund) an Deck der Pequod.

Foto: Rita Newman

Ein Pottwal namens Moby Dick hat den Seefahrer Ahab einst "entmastet". In der Folge widmet der geschlagene Mann aus Herman Melvilles 900-Seiten-Roman (1851) sein restliches Leben der entsprechenden Rache. Um alles in der Welt will der Kapitän das Tier in den Weltmeeren aufspüren und töten. Diesem Topos männlichen Siegeswahns, gepaart mit Weltbeherrschungsfantasien und Todesmut, formuliert Regisseur Michael Schachermaier im Theater der Jugend (Spielort: Theater im Zentrum) als Kritik an toxischer Männlichkeit. Ist Ahab doch das Paradebeispiel eines ohne Rücksicht auf Verluste besessenen, alten weißen Mannes.

Er hetzt seine Leute über den Ozean, untersagt ihnen den Brotjob des Walfangs, raubt der Mannschaft mit nächtlichen Spaziergängen den Schlaf, duldet keine Widerrede. Er imaginiert sich selbst gar in einer gottgleichen Rolle, die die Besatzung auch widerwillig mitkultiviert. Moby Dick wirft also – analog zu heutigen Führungsdebatten – die Frage auf, warum eine Vielzahl vernunftbegabter Menschen einem Wahnsinnigen Folge leistet.

Intensive Akustik

In einem Bühnenbild von Regina Rösing, das die Rauheit eines Schiffsdecks zwischen Jack-Sparrow- und Captain-Hook-Atmosphäre ansiedelt, hängen die Matrosen in Strickleitern oder schöpfen stinkendes Walfett. Auf sie alle blickt als Erzählfigur und zugleich mittendrin der Schiffsnovize Ismael (Jonas Graber), der in einer Zweistundenfassung vom Horrortrip berichtet.

Dass Ahabs Wahn die Mannschaft in den Tod reißt, geht in dieser vor allem auf Autorität durch Lautstärke setzenden Inszenierung am Ende fast unter. Die Aufführung setzt vorwiegend auf intensive Akustik (Donner, Walgesänge, Knochenknacken, Schrittecho), die mit Mary Broadcast auch eine weibliche Gesangsstimme an Bord hat. (Margarete Affenzeller, 27.4.2023)