Kogler wünscht sich "Fantasie und gemeinsamen Willen".

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Das Loch im Rasen am Ende des Länderspiels gegen Dänemark am 6. Juni 2022 wurde zum Sinnbild für alles, was im Happel-Stadion nicht funktioniert ...

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Also zum Sinnbild für vieles ...

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Mit Kosten von 300 bis 400 Millionen Euro würde Vizekanzler und Sportminister Werner Kogler (Grüne) bei einem Stadionneubau in Wien rechnen. Er will "alle an einen Tisch bringen", das meint insbesondere den ÖFB und die Stadt Wien. Deren Sportstadtrat Peter Hacker tritt für eine neuerliche Renovierung des Ernst-Happel-Stadions ein, Kogler hingegen will "die große Idee" im Auge behalten.

STANDARD: Fußball-Teamchef Ralf Rangnick würde das Nationalteam gerne im Rapid-Stadion sehen. Man hat nicht das Gefühl, dass Rapid das ähnlich sieht. Wie sehen Sie das?

Kogler: Wir werden uns da nicht groß einmischen. Das wird der Eigentümer oder Betreiber selber entscheiden. Aber die Fragestellung versteh ich schon. Es gibt Spiele, für die man ein richtig großes Stadion braucht, und es gibt Spiele, da genügt ein etwas kleineres Stadion, um Stimmung zu erzeugen. Ich glaube aber, Klagenfurt und Linz stehen da gerne zur Verfügung.

STANDARD: Aber zeigt nicht auch die Diskussion, dass in Österreich, also in Wien, ein großes, modernes, multifunktionales Stadion fehlt? Eines, das auch gegen weniger attraktive Gegner gut gefüllt wäre?

Kogler: Das kann man so sehen. Und ja, diesem Ansatz stehe ich, wie schon öfter gesagt, durchaus offen gegenüber. Das wäre ein Projekt, das natürlich nicht über Nacht umzusetzen ist. Dafür braucht es Fantasie und den gemeinsamen Willen des Fußballverbandes, der Stadt und des Bundes. Für den ÖFB hatte der Plan, das Trainingszentrum samt der Geschäftsstelle nach Aspern zu verlegen, Priorität. Im Herbst soll Baubeginn sein.

STANDARD: Sie würden also, wenn ich das richtig verstehe, ein neues großes Stadion in Wien begrüßen?

Kogler: Im Prinzip natürlich. Aber dafür müssen mehrere das Gleiche wollen, da gehören zumindest auch die Stadt Wien und der ÖFB dazu. So ein Stadion wäre schon interessant, das Reizvolle daran ist ja nicht nur die klassische Multifunktionalität, sondern auch der ganze Betrieb rundherum. Da lässt sich, begonnen bei Hotels, viel integrieren. Wir kennen das aus anderen Ländern, wo es schon modernere Stadien gibt. Ich glaube, das müsste einmal groß gedacht werden, damit die Scheu verloren geht. Manche würden mit Sicherheit die Meinung vertreten, es sei verrückt, in Zeiten wie diesen für ein solches Stadion 300 bis 400 Millionen auszugeben. Umso besser müsste man eine solche Investition gegenüber den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern begründen.

STANDARD: Beim Wiener Sportstadtrat Peter Hacker scheint die Scheu besonders groß. Der machte sich zuletzt nicht wirklich für einen Stadion-Neubau, sondern für eine neuerliche Renovierung des Happel-Stadions stark.

Kogler: Er mag schon seine Gründe haben. Aber ihn braucht es auch, wenn wir alle an einen Tisch bringen wollen. Im realen Leben gibt es immer wieder Kompromisse und Weggabelungen. Ich würde die große Idee jedenfalls nicht aus den Augen verlieren wollen, im Gegenteil. Wenn wir sagen, wir brauchen eine Multifunktionalität, die auch abseits vom Fußball Nutzen stiftet, dann könnte sich das ja auf die Finanzierungsform auswirken. Vielleicht hätte das den Vorteil, dass weniger Geld von der öffentlichen Hand kommen müsste. Da bräuchte es dann auch Private, die mit am Tisch sitzen. Ich will jedenfalls nicht hasardieren. Schon allein deshalb, weil dieses langfristige Projekt womöglich noch eine Nachfolgerin bzw. einen Nachfolger betreffen könnte und die bzw. der dann nicht den Rechnungshof als Stammgast im Haus haben soll.

STANDARD: Vieles klingt theoretisch, und wir bewegen uns im Konjunktiv. In der Praxis und im Indikativ steht die Zweimillionenstadt Wien ohne großes brauchbares Stadion da, was sie von vielen vergleichbar großen europäischen Städten unterscheidet.

Kogler: Das Happel-Stadion ist aus diversen Gründen liebenswürdig, aber wirklich State of the Art ist es nicht, das stimmt.

STANDARD: In dem Zusammenhang fällt auf, dass die Zweimillionenstadt Wien in Österreich nur die viertgrößte Fußballstadt ist – mit mehr oder etwas weniger deutlichem Abstand hinter Salzburg, Graz und Linz. Das ist Ihnen als Steirer vielleicht egal, aber ist es, wenn Österreichs Fußball international etwas gelten will, nicht auch bedenklich?

Kogler: Aber glauben Sie, dass das mit der Stadionsituation zu tun hat?

STANDARD: Die Wiener Vereine Rapid und Austria haben halt praktisch gleichzeitig mit neuen Stadien große sportliche Probleme bekommen. Das war bei Sturm Graz vor 25 Jahren ganz anders, das sieht jetzt auch beim LASK anders aus.

Kogler: Es fällt mir dennoch schwer, da einen Zusammenhang zu sehen. (Fritz Neumann, 27.4.2023)