Grünweiße Tristesse in Klagenfurt.

Foto: APA/ERWIN SCHERIAU

Peter Guggi kann durchatmen, der 55-jährige Grazer hat auch den 30. April 2023 schadlos überstanden. Sollte Rapid je wieder ein Cupfinale erreichen, was natürlich nicht gänzlich auszuschließen ist, würde sich Herr Guggi über einen Anruf freuen. Schließlich bleibt er ein Hütteldorfer Held, der Autoverkäufer spricht gerne und ausführlich über sein goldenes Tor vom 5. Juni 1995 im Happel-Stadion gegen DSV Leoben. Der Pass kam übrigens von Stefan Marasek.

Am Sonntag in Klagenfurt war Rapid im Beisein Guggis vom 15 Cup-Erfolg ungefähr so weit weg wie Pamela Rendi-Wagner von einer Hochzeit mit Hans Peter Doskozil. Sturm gewann 2:0 und ergötzte sich am sechsten Pokal in der Vereinsgeschichte.

Für Trainer Christian Ilzer war es der erste Titel im Profifußball. "Die Reise erfüllt mich mit Stolz." Die Mannschaft wurde am Montagnachmittag auf dem Grazer Hauptplatz abgefeiert. Der 45-jährige Ilzer bestand übrigens auf reichlichen Alkoholkonsum, erst ab Mittwoch soll die Nüchternheit ein Comeback geben. Schließlich liegt man in der Meisterschaft nur drei Zähler hinter Red Bull Salzburg. "Ich verlange viel Kraft von den Jungs auf dem Platz. Nun sollen sie sich ordentlich betrinken. Sie haben die Kraft, das wegzustecken, davon bin ich felsenfest überzeugt." Ilzer wird auch alles geben, mittendrin, und nicht nur dabei sein.

Viele Baustellen

Über Rapids Alkoholkonsum wurde nichts überliefert. Frustsaufen kann trotz einer gewissen Notwendigkeit niemals die Lösung sein. Trainer Zoran Barisic hat, nüchtern betrachtet, Baustellen zuzuschütten. Nach einer respektablen ersten Halbzeit ist sein Team eingebrochen, hat den Faden verloren, die beiden Gegentore von Manprit Sarkaria waren quasi aufgelegt. Durch Eigenfehler, die Rapid seit Monaten (Jahren?) wie ein Rucksack mitschleppt. Barisic hofft auf einen Lerneffekt, angeblich wird man ja aus Fehlern klug. "Den Prozess müssen wir dringend beschleunigen."

Sturm hat den depperten Becher.
Foto: Reuters/Leutner

Sturm präsentierte sich im Finale weitaus homogener, war konzentrierter, in der Defensive wurde rein gar nichts zugelassen. Das Umschalten in die Offensive funktionierte vorzüglich. Zudem verfügen die Grazer über weitaus mehr individuelle Qualität als Rapid, von einem Alexander Prass, Sarkaria, Jan Gorenc Stankovic oder Emmanuel Emegha kann man in Hütteldorf nur träumen. Sportdirektor Markus Katzer hat Nachholbedarf.

Es war fast lustig, zu sehen, wie oft etwa Emegha der Abwehr enteilt ist. Barisic sagte nur: "Im Fußball kommt es immer mehr auf Geschwindigkeit an." Zumindest erkennt er Probleme, somit ist ein Anfang gemacht. Rapid darf die Langsamkeit nicht entdeckt haben. Barisic hielt sich mit Kritik zurück, auf die Schwächen des 22-jährigen Innenverteidigers Martin Moormann ist er nicht näher eingegangen, er philosophierte nur. "Ich bin sein Trainer. Vielleicht muss er leiden, das bringt ihn im Leben weiter."

Das Privileg

Ilzer sagte noch, es sei ein Privileg, "Trainer von Sturm zu sein". Gemeinsam mit Sportchef Andreas Schicker sorgt er für Konstanz, der Laden rennt. Spieler werden erst entwickelt, dann verkauft und durch Neue, Ebenbürtige nachbesetzt. "Die Warteschlange ist lang. Uns gelingt der Spagat, das ist harte Arbeit." Zudem wird man nicht panisch, bewahrt Ruhe. Der 26-jährige Sarkaria hatte im Herbst ein Formtief. Ilzer hat mit ihm lange gesprochen. "Er hat kapiert, was nötig ist, damit er in einen Topzustand kommt. Für das gehört ihm ein Riesenkompliment ausgesprochen. Er hat es alleine geschafft, sich aus einer schwierigen Situation herauszuziehen. Er hat sich dem gestellt."

BlackWhite09

Was im Finale noch aufgefallen ist? Elektrisierende Stimmung unter den 30.000 Zuschauern, die beiden Fanblöcke überboten sich an Choreografien, selten noch gab es in Österreich ein lauteres Fußballmatch. Viel (zu viel) Pyrotechnik. Da auf Blödheit Verlass ist, wurde Rapids Ersatzspieler Martin Koscelnik beim Aufwärmen von einer Rakete an der Schulter getroffen. Er blieb körperlich unversehrt. Ein Rapid-Fan hatte sie gezündet. Der Werfer wurde von klügeren Anhängern gestellt und aus dem Sektor geschmissen. Er erhält ein Stadionverbot. Abgesehen davon war die Polizei echt glücklich, nur zwei leichte Körperverletzungen und ein paar harmlose Verwaltungsübertretungen.

Peter Guggi muss sich also gedulden. Er versicherte glaubhaft, nicht weitere 28 Jahre auf einen Anruf warten zu wollen. (Christian Hackl, 2.5.2023)