Armut und Schulden gehen oft Hand in Hand, das ist nicht neu. Dass sich die Inflation seit Monaten rund um die Zehn-Prozent-Marke bewegt, jedoch schon, was für viele Menschen in Österreich zu einem existenzbedrohlichen Problem geworden ist. 18.500 Erstgespräche haben bei der Schuldnerberatung vergangenes Jahr stattgefunden, das sind zehn Prozent mehr als noch im Jahr 2021, wie aus dem aktuellen Schuldenreport hervorgeht. Bei etwas mehr als 60.000 Euro habe die durchschnittliche Verschuldung pro Person gelegen.

"Wer zur Schuldenberatung kommt, hat monatlich durchschnittlich 1400 Euro zur Verfügung", sagt Clemens Mitterlehner, Geschäftsführer der ASB Schuldnerberatungen. Bei fast der Hälfte sei die Pflichtschule die höchste abgeschlossene Ausbildung. Deswegen plädiert er für bessere Finanzausbildung in der Schule.

Mehr als 200.000 Menschen lebten im vergangenen Jahr in Österreich in Armut – deutlich mehr als noch im Jahr 2021.
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201.000 Menschen in Armut

Auch die absoluten Zahlen zeigen deutlich, dass immer mehr Leute gefährdet sind, in die Armut abzurutschen. Insgesamt 201.000 Menschen lebten vergangenes Jahr in Armut, wie Daten der Statistik Austria belegen – um 41.000 mehr als noch 2021. Sorgen bereitet Mitterlehner die Kindersituation im Land, denn mehr als 350.000 Kinder und Jugendliche gelten als armuts- oder ausgrenzungsgefährdet.

Mitterlehner forderte zudem eine Anhebung der Nettoersatzrate bei Arbeitslosigkeit auf 70 Prozent. Insgesamt sei die Arbeitslosigkeit in Österreich derzeit relativ gering – in der Beratung seien aber fünfmal häufiger arbeitslose Menschen als in der Gesamtbevölkerung.

Neben der Anhebung der Nettoersatzrate wäre es laut Mitterlehner nötig, "das Existenzminimum zumindest an die Armutsgefährdungsschwelle von zuletzt 1.371 Euro monatlich nach oben zu setzen. 2022 lag das Existenzminimum bei 1.030 Euro pro Monat. Besonders problematisch ist die Situation für jene, die sich selbst einen Privatkonkurs nicht mehr leisten können. Denn dafür müssen alle Ausgaben mit den Einnahmen gedeckt werden können und keine neuen Schulden gemacht werden.

Sozialminister Johannes Rauch (Grüne) verteidigte die bisher gesetzten Maßnahmen der Bundesregierung zur finanziellen Abfederung der extrem hohen Inflation. "Es ging darum, rasch zu handeln", hielt er der Kritik entgegen, dass diverse Einmalzahlungen an alle Haushalte nach dem Gießkannenprinzip nicht "sozial treffsicher" genug gewesen seien.
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Lebensmittelgipfel

Sozialminister Johannes Rauch (Grüne) verteidigte die bisherigen Maßnahmen der Regierung gegen die Inflation. "Es ging um rasches Handeln", hielt er der Kritik entgegen, dass Einmalzahlungen nach dem Gießkannenprinzip nicht "sozial treffsicher" genug gewesen seien. Menschen mit geringen Einkommen würden den Großteil für Wohnen, Energie und Lebensmittel aufwenden. Im März lag der allgemeine Preisauftrieb beispielsweise bei 9,2 Prozent, Lebensmittel verteuerten sich aber um 14,5 Prozent. Das will sich der Sozialminister näher ansehen. Am 8. Mai gibt es einen Lebensmittelgipfel. Details nannte Rauch nicht. (Andreas Danzer, 2.5.2023)