Drei Brüder, drei Ehrenringe: Markus, Andreas und Johannes Schörgenhumer promovierten an der Universität Linz mit der besonderen und seltenen Auszeichnung sub auspiciis (v. li.).
Foto: JKU Linz

Am 23. März 2023 passierte es schon wieder. An diesem Tag nimmt Andreas Schörgenhumer an der Johannes-Kepler-Universität Linz (JKU) einen Weißgoldring mit eingravierter Österreich-Flagge und damit seine Promotio sub auspiciis praesidentis entgegen. Es ist die höchste Auszeichnung, die man hierzulande für seine Studienerfolge erhalten kann. Dafür müssen alle Studienabschlussprüfungen und Arbeiten von der Oberstufe bis zur Promotion mit "Sehr gut" benotet werden.

Schon Andreas’ Brüder Markus und Johannes nahmen den Ring an der JKU entgegen. Warum liegen solch hohe Auszeichnungen in der Familie? Antworten liefert ein virtuelles Treffen, zu dem sich die Geschwister, zu denen auch die 38-jährige Maria gehört, von ihren Arbeitsplätzen aus zuschalten. Ihre Laufbahnen führten in die Industrie, die Forschung und auch in die Lehre. Sie alle begannen im Waizenkirchner Elternhaus.

Voller Ideen und Tatkraft

Markus, 34 Jahre alt, nahm seinen Ring 2016 entgegen. In seiner Dissertation beschäftigte sich der Doktor der Technischen Physik mit numerischer Modellierung, erforschte, wie man die Wechselwirkungen von Strömungen und Mechanik vorhersagen kann. Heute leitet er am Linz Center of Mechatronics (LCM) ein Team, das mit Simulationen in der angewandten Forschung und Entwicklung Unterstützung bietet. "Wir berechnen mit digitalen Modellen physikalische Eigenschaften, etwa die mechanische Festigkeit. So kann man effizient Produkte entwickeln und Prozesse optimieren", erklärt er.

Johannes (32) ist der Einzige, der sich nicht aus Oberösterreich einwählt. "Ich habe mich unter anderem mit Organokatalyse auseinandergesetzt. Es ging um neue Systeme, die asymmetrische Reaktionen ermöglicht hätten. Dabei habe ich auch computergestützte Methoden verwendet", erklärt der Doktor der technischen Chemie. Nach seiner Promotion an der JKU im Jahr 2019 begann er einen Postdoc an der Universität Zürich.

Als Senior Scientist verantwortet er dort heute den Aufbau eines High Throughput Experimentation Lab, in dem chemische Experimente computergestützt vorbereitet und analysiert werden sollen. Auch Ideen für datenbasierte Grundlagenforschung der Katalyse habe er noch zur Genüge.

Die Schönheit der Sterne

Andreas, 29 Jahre alt, ist nach seiner Promotion der JKU treu geblieben. Für seine Dissertation erhielt er Messdaten von Computersystemen eines Unternehmens der Softwareindustrie. "Ein Ziel war es, innerhalb dieser Systeme Rückschlüsse etwa auf das Abstürzen von Prozessen zu finden. Auch mit Machine-Learning habe ich mich intensiv beschäftigt", erklärt der Jüngste der vier Geschwister.

Heute lehrt er als Senior Lecturer Studierende der Computerwissenschaften und Artificial Intelligence. Der Vater der Schörgenhumer-Geschwister unterrichtete Mathematik, Physik und Informatik, ihre Mutter unterrichtete nach einer Promotion in Philosophie Germanistik und Französisch an demselben Gymnasium. Seiner Mutter widmete Johannes in seiner Dissertation den Satz "Per aspera ad astra. Danke, dass du mich immer an die Schönheit der Sterne erinnerst und dass du immer an mich glaubst!"

Offenheit und Diskurs

Er kenne niemanden, der sich für so viele verschiedene Themen begeistern könne. Seine Mutter sei die Einzige, die sämtliche Dissertationen gelesen und verstanden habe. Auch die vier Geschwister haben stets diskutiert, miteinander musiziert und gescherzt, ergänzt Maria. Diese Offenheit für die anderen verbinde die Geschwister bis heute. Während des Studiums mussten sie zwar keine Studentenjobs annehmen, gaben aber Nachhilfe, arbeiteten als Tutoren und im Sommer beim Roten Kreuz. "Unsere Eltern haben ein Umfeld geboten, das Kreativität, selbstständiges Denken und Lernen ermöglicht hat. Ob wir studieren wollten, stand uns völlig frei", betont Markus. Die Promotio sub auspiciis hätte keiner von ihnen anfangs im Blick gehabt: "Diese Studienleistungen ergaben sich aus dem Anspruch jedes Einzelnen an sich selbst."

Es braucht keine guten Noten, um Relevantes zur Gesellschaft beizutragen, meinen die Geschwister. Schließlich, so Markus, werde ja nicht nur bewertet, ob man die beste Antwort habe, sondern auch, ob man Fragen in kurzer Zeit beantworten kann. Gute Noten, ist Johannes überzeugt, spornen aber auch an. Das habe er gesehen, als er Nachhilfe gab. Genau und kritisch denken, beharrlich sein, eigenständig arbeiten – diese Qualitäten sind wichtig, sagt Maria.

Beinahe wären aus drei Ehrenringen vier geworden, denn auch Maria Schörgenhumer glänzte in ihrem Studium mit fantastischen Leistungen.
Foto: privat

Fast vier Ehrenringe

"Gute Noten zeigen die Tendenz, dass eine Person Willen und Durchhaltevermögen hat, Leistungen zu erbringen", ergänzt Andreas. Fast wären aus drei Ehrenringen vier geworden. Auch Maria Schörgenhumer hat in ihrem Philosophiestudium an der Universität Wien die Voraussetzungen bezüglich der Bestnoten erfüllt. Der Universitätssenat entschied sich gegen die Promotio sub auspiciis praesidentis.

Dass sie zwei Kinder geboren und in Vollzeit gearbeitet hat, war kein triftiger Grund dafür, dass Maria über die Regelstudienzeit hinaus studierte. "Ich frage mich, ob das die Leistung schmälert, wenn man parallel auch anderes geleistet hat", sagt die mittlerweile dreifache Mutter. Ihr Bruder Markus pflichtet ihr bei: "Ich hinterfrage diese Entscheidung des Senates schon kritisch", sagt er. In diesem Satz zeigt sich auch das kritische Denken, das zum Erfolg der vier Schörgenhumer-Geschwister beiträgt. (Laura Anninger, 6.5.2023)