Wilfried Haslauer ist eine tragische Figur. Auch wenn es dem Landeshauptmann von Salzburg gelingen sollte, mithilfe der FPÖ an der Spitze zu bleiben, hat er persönlich jetzt schon verspielt. An Ansehen.

FPÖ-Landesparteiobfrau Marlene Svazek und ÖVP-Chef Wilfried Haslauer: Sind die schwarz-blauen Verhandlungen tatsächlich alternativlos?
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Der ÖVP-Mann, der Festreden zur Eröffnung der weltberühmten Festspiele hielt, behielte mit einer schwarz-blauen Koalition zwar die Macht. Ob diese auch so "stabil" wie nötig wird, wie er gerne hätte, wird sich weisen. Aber Haslauer hat eine zweite Eigenschaft, über die ein Regierungschef verfügen sollte, beschädigt: seine Glaubwürdigkeit.

Denn was sollen die Bürgerinnen und Bürger von einem Politiker halten, wenn er vor der Wahl über die Freiheitlichen unter Parteichef Herbert Kickl sagt, diese würden nur "Niedertracht, Gemeinheit, Hass und Bösartigkeit" ins Land bringen? Das geht nicht zusammen. Viele werden sich im (Vor-)Urteil bestätigt sehen, Politikern sei nie zu trauen.

So etwas passiert dann, wenn der Mut fehlt, Machtanspruch und Glaubwürdigkeit unter einen Hut zu bringen, auch um den Preis, dass die Machtausübung eingeschränkt und komplizierter wird.

Minderheitsregierung?

Diese Chance hätte Haslauer gehabt, wenn er aus dem Wahlergebnis einen Schluss gezogen hätte, wie er in reifen Demokratien in Nordeuropa gängig ist. Er hätte die Bildung einer Minderheitsregierung anbieten können.

Diese Regierungsform setzt voraus, dass die diversen Parteien im Parlament einander respektieren, sich dulden und der Regierungschef sich notfalls auch wechselnde Mehrheiten suchen muss. In Dänemark oder in Schweden gilt das durchaus als normal. Wenn das nicht funktioniert, gibt es Neuwahlen. So geht Demokratie auch.

Zurück zu Salzburg: Eine solche Variante hätte Haslauer erlaubt, seine starken Vorbehalte – und die in Teilen seiner Partei – gegen die Rechtspopulisten beizubehalten, ohne sich dem Vorwurf auszusetzen, er würde den Wählerwillen ignorieren. Auch mit 25 Prozent Wählerzuspruch hat niemand Anspruch auf einen fixen Regierungsplatz.

"Versöhnungsmodell"

Es braucht jedoch mehr. FPÖ-Chef Kickls aggressive Rede am 1. Mai gegen die "Systemkanzler" von ÖVP und SPÖ bestätigte das. Man kann Haslauer zugutehalten, dass er versucht hat, mit einer "Allianz für Salzburg" aus ÖVP, SPÖ und FPÖ einen anderen Weg aus der Wahlniederlage – auch der SPÖ – zu suchen, die zudem mit dem Verschwinden der Liberalen und einem Sensationserfolg der KPÖ Plus einherging.

Dieses "Versöhnungsmodell" war von vornherein zum Scheitern verurteilt. Wie sollen drei Parteien, die einander spinnefeind sind, einen "Dreier" bilden, wenn sie schon Probleme haben, vorbehaltlos eine Zweierkoalition zu bilden?

Da ÖVP und SPÖ keine klare Mehrheit haben, ist das Argument, Haslauer hätte Rot-Schwarz versuchen müssen, nicht so stark. Die SPÖ ist im Chaos. Wenn eine Regierungsmehrheit an nur einem Mandat hängt, dann kann man gleich eine Minderheitsregierung angehen – samt fairer Zusammenarbeit in Sachfragen mit allen im Landtag vertretenen Parteien, auch Grünen und KPÖ Plus.

Wie es aussieht, ist dafür die Zeit aber nicht reif. Nach den Nationalratswahlen 2024 könnte es so weit sein, wenn ein Ausweg ohne Kickl gesucht wird.

In Salzburg scheint Schwarz-Blau fix. FPÖ-Landeschefin Marlene Svazek wird die Chance zur rehabilitierten Machtbeteiligung der FPÖ kaum vorbeiziehen lassen. Die Haslauer-ÖVP sitzt in der Falle. (Thomas Mayer, 3.5.2023)