Obwohl nicht alle Unternehmen für das Vorjahr eine Dividende ausschütten, erreichen die Vergütungen an die Anleger einen neuen Rekordwert.

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Das vergangene Jahr war geprägt von Unsicherheit. Der Einmarsch Russlands in die Ukraine hat die Karten in der internationalen Politik neu gemischt. Die Kosten für Gas und damit auch für Strom erreichten Rekordhöhen, und die Inflation ist in Österreich auf über zehn Prozent angestiegen. Mit Russland, das von der internationalen Staatengemeinschaft mit Sanktionen belegt wurde, fiel ein Absatzmarkt weg. An den Börsen setzte eine Korrektur ein. So kam die Tech-Branche unter Druck, tausende Jobs wurden gestrichen.

Dennoch haben die im österreichischen Leitindex ATX notierten Unternehmen im Vorjahr äußerst gut verdient. Teilweise wurden absolute Rekordgewinne erreicht. Das zeigt der aktuelle Dividendenreport der Arbeiterkammer Wien.

OMV führt Ranking an

Den höchsten Gewinn in absoluten Zahlen erwirtschaftete erneut der Mineralölkonzern OMV mit 5,15 Milliarden Euro (2021: 2,8 Mrd. Euro). Das den Aktionären zurechenbare Ergebnis beträgt 3,63 Milliarden Euro (2021: 2,09 Mrd. Euro). Dies entspricht einer Steigerung von rund drei Viertel. Das zweitbeste Ergebnis erzielte die Raiffeisen Bank International (RBI) mit 3,6 Mrd. Euro (2021: 1,3 Mrd. Euro). Getrieben von Gewinnen in Russland sowie von Steigerungen der operativen Erträge liegt damit das den Aktionären zurechenbare Ergebnis um 164,4 Prozent über dem Vorjahresergebnis. An der dritten Stelle liegt ein weiteres großes Kreditinstitut – die Erste Group mit einem Rekordergebnis von 2,16 Mrd. Euro. Das den Aktionären zurechenbare Konzernergebnis liegt um 12,6 Prozent über dem Ergebnis des Vorjahres (2021: 1,9 Mrd. Euro). Platz vier ging an den Verbund, der seinen Gewinn auf 1,7 Mrd. Euro verdoppeln konnte.

Übergewinne

Gerade die Energiekonzerne haben im Vorjahr übermäßig von den gestiegenen Energiekosten profitiert – damit kam auch die Debatte einer Übergewinnsteuer ins Laufen. Öl- und Gasunternehmen, die ohne eigenes Zutun nur aufgrund der kriegsbedingten Preisentwicklung bei Gas und/oder im Raffineriebetrieb unverhältnismäßig stark profitiert haben, müssen einen Solidarbeitrag leisten.

Die Regelung trat rückwirkend mit 1. Juli 2022 in Kraft und läuft bis 31. Dezember 2023. Für Ökostromunternehmen, die elektrische Energie günstig herstellen, aber so teuer verkaufen, als wäre der Strom mit Gas hergestellt, gibt es eine Erlösobergrenze.

In Summe haben die 17 untersuchten ATX-Konzerne ihr Ergebnis um 42,6 Prozent auf 14,66 Milliarden Euro gesteigert. Zum Zeitpunkt der Erstellung des Dividendenreports lagen für drei Unternehmen (Voest, AT&S und Do&Co) noch keine Jahresergebnisse vor. Doch die Zahlen zum dritten Quartal weisen bei diesen Unternehmen ebenfalls auf stark steigende Gewinne hin. Zum dritten Quartal hatten diese in Summe ein Ergebnis von rund einer Milliarde Euro (Vorjahr knapp 800 Mio. Euro) erwirtschaftet. Setzt sich diese Entwicklung fort, wird der Gesamtgewinn deutlich über 15 Milliarden Euro zum Liegen kommen. Die ausgewiesenen Gewinne liegen damit sogar doppelt so hoch wie in den guten Konjunkturjahren 2018 und 2019.

Rekordausschüttung

Für Aktionäre gibt es damit erneut hohe Dividenden. Nach einem kleinen Corona-Knick, der zu einer geringeren Dividendenauszahlung noch im Jahr 2020 führte, geht es seither steil bergauf. In den Jahren 2021 und 2022 schütteten alle 20 ATX-Unternehmen Rekorddividenden von 4,1 Mrd. Euro bzw. 3,8 Mrd. Euro aus. Wie die ersten Zahlen für 2023 zeigen, dürften diese Rekorddividenden heuer noch um mindestens 50 Prozent übertroffen werden.

Von den 17 Unternehmen planen trotz der weiterhin unklaren wirtschaftlichen Lage nur zwei Unternehmen, keine Dividenden zu bezahlen: Das sind Lenzing und die Immofinanz. Der Faser- und Textilhersteller Lenzing war im Vorjahr von den extremen Entwicklungen an den globalen Energie- und Rohstoffmärkten betroffen. Dies schlug stark auf das Ergebnis durch. Aufgrund des erwirtschafteten Verlustes nimmt Lenzing von der Zahlung einer Dividende daher Abstand. Auch die Immofinanz plant derzeit keine Dividendenausschüttung.

Bis zu sechs Milliarden gehen an Anleger

Von den verbleibenden 15 ATX-Unternehmen werden zwei Unternehmen aufgrund von Gewinnrückgängen ihre Dividenden leicht reduzieren (Post und CA Immo) und drei Unternehmen ihre Dividenden unverändert lassen (Strabag, Uniqa und EVN). Zehn der 17 ATX-Konzerne heben ihre Dividenden jedoch sehr kräftig an. Insgesamt werden von den Unternehmen um 57,8 Prozent höhere Dividenden im Ausmaß von 5,55 Mrd. Euro (2021: 3,51 Mrd. Euro) den Aktionären zur Verfügung stehen. Wenn die endgültigen Zahlen von Voestalpine, AT&S und Do&Co vorliegen, könnte sogar die Marke von sechs Milliarden Euro geknackt werden. Dies wäre der dreifache Wert des langjährigen Durchschnitts von zwei Milliarden.

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An der Spitze mit einer Rekordausschüttung von 1,65 Mrd. Euro (plus 119,6 Prozent) steht die OMV, gefolgt vom Verbund mit 1,25 Mrd. Euro. Platz drei im Ranking geht an die Erste Group, die 811,3 Mio. Euro ausschüttet. Bei allen drei Unternehmen handelt es sich um die höchste Dividendenzahlung in der Unternehmensgeschichte.

Die durchschnittliche Ausschüttungsquote der 17 ATX-Unternehmen liegt mit 37,7 Prozent wieder über dem Niveau des Vorjahres (2021/22: 34,2 Prozent für 17 ATX-Konzerne, 32,2 Prozent bezogen auf alle 20 ATX). "In der Gesamtbetrachtung erscheint zwar eine Ausschüttung von knapp zwei Fünfteln als noch vertretbar", sagt Markus Oberrauter, Betriebswirt der AK Wien und Autor des Dividendenreports. Angesichts der allgemeinen Lage mit den bestehenden Unsicherheiten wäre jedoch ein wenig Zurückhaltung ein Gebot der Stunde.

Genug Spielraum für Mitarbeiter und Arbeitsbedingungen

Kritisch merkt Oberrauter an, dass bei zwei Unternehmen die Ausschüttungsquote deutlich zu hoch liegt. Die CA Immo schüttet mehr als den 2022 erwirtschafteten Gewinn (Ausschüttungsquote 132,0 Prozent) aus. Platz zwei mit einer Ausschüttungsquote von 95,8 Prozent geht an die Bawag. Auch die Post befindet sich mit ihrer Ausschüttungsquote Jahr für Jahr im absoluten Spitzenfeld. 2022 gelangt mit 94 Prozent wieder fast der ganze Gewinn zur Auszahlung an die Aktionäre. "Hat man so stark steigende Gewinne, ist auch ausreichend Spielraum da für eine bessere Belohnung der Mitarbeiter und eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen", fasst Oberrauter die Studie zusammen. (Bettina Pfluger, 4.5.2023)