Im Gaming-Room mit begrünter Wand und Riesenscreens stehen Xbox und Playstation bereit. Im Privatkino sind noch Plätze frei. Und vielleicht findet in der Rooftop-Bar mit baumelnden Discokugeln und Blick über Wien heute eine Party statt? Anna, Cristina und Jack hat es aus den unterschiedlichsten Teilen der Welt für ihr Studium oder ein Praktikum nach Wien verschlagen. Gelandet sind sie im "Youniq Living" in einem der drei weithin sichtbaren Triiiple-Türme inmitten eines abends wie ausgestorben wirkenden Büroviertels in Wien-Erdberg.

Studierendenheime haben sich in den letzten Jahren stark verändert. Doppelzimmer sind passé.
Foto: Lea Sonderegger

Die kleinsten Wohneinheiten sind hier nur 20 Quadratmeter groß, dafür gibt es Gemeinschaftsflächen mit Bezeichnungen, die geradewegs aus dem Katalog für instagrammables Wohnen stammen: Rooftop-Disco, Creative-Lounge, Community-Kitchen. "Wer hat schon ein privates Kino?", sagt die Litauerin Anna, 19, stolz. Demnächst will sie ihre Freunde zum Formel-1-Schauen einladen.

Studierendenheime haben sich in den letzten Jahren stark verändert – und damit auch das Studentenleben. Doppelzimmer mit Klo auf dem Gang sind längst passé. Stattdessen werden möblierte Wohnungen zu Preisen von 600 Euro aufwärts angeboten. So wollen es die Studierenden, beteuern die meist internationalen Betreiber – und so wollen es auch die Investoren, die das Studentenleben als Anlageform entdeckt haben.

Zimmer um 1400 Euro

Zahlreiche Gebäude mit Tausenden solcher kleinen Wohnungen, die sich nicht nur an Studierende, sondern auch an junge Berufseinsteiger richten, sind in den letzten Jahren in Wien in die Höhe gewachsen (siehe Infokasten). Kurz sah es so aus, als würde die Corona-Pandemie der Entwicklung einen Dämpfer verpassen. Nun sind die internationalen Studierenden, an die man sich mit dem Angebot vorwiegend richtet, wieder in der Stadt.

In Wien-Erdberg sind fast alle Zimmer ausgebucht, heißt es auf Anfrage – einige größere Einheiten ab 1400 Euro, in denen auch Paare leben können, wären sofort zu haben. Anna, Cristina und Jack schätzen in ihrem Zuhause vor allem die Ruhe – Partys gibt es zwar, sie dauern aber maximal bis Mitternacht –, sowie die Sauberkeit und die Nähe zu Öffis, Supermarkt und Fitnessstudio. Wenn man das will, kann man hier auf seinen paar Quadratmetern Wohnfläche mit kleiner Küche und eigenem Bad ziemlich anonym leben. Nicht einmal beim Empfang, der 24 Stunden am Tag besetzt ist, kennt man die mehr als 600 Gesichter, die Tag für Tag ein und aus gehen.

Wer Lust auf neue Kontakte hat, kann hier aber auch leicht neue Menschen kennenlernen. Erst unlängst habe er in der Waschküche beim Warten auf die Waschmaschine jemanden kennengelernt und sofort die Handynummern ausgetauscht, erzählt Jack, 24, der aus Australien kommt. Den berühmten Wiener Grant haben die wenigsten Bewohner und Bewohnerinnen schon kennengelernt. Man bleibt weitgehend unter sich.

Alle paar Monate gibt es eine offizielle Party oben auf dem Dach, im Sommer im Eingangsbereich manchmal Eis, im Winter Punsch, und über eine Whatsapp-Gruppe organisieren sich die Bewohnerinnen und Bewohner selbst. "Irgendwer hat immer Zeit für Mittagessen oder Kaffee", erzählt Iris, 23, die gerade nach Hause kommt. Sie hat auf Instagram vom studentischen Wohnturm erfahren. Bei den Mieten musste die angehende Schauspielerin aber erst einmal schlucken. Bei der kleinsten Einheit liegt die monatliche Miete bei über 30 Euro pro Quadratmeter. Ein Großteil der Bewohnerinnen und Bewohner brauche die Eltern als Bürgen, bestätigt man auf Betreiberseite. Die Miete darf nicht mehr als 40 Prozent des Einkommens ausmachen. Cristina, Anna und Jack haben vorab recherchiert und sich auch günstigere Heime und den privaten Wohnungsmarkt angeschaut.

Flexible Mietverhältnisse

Letztlich stimme hier das Preis-Leistungs-Verhältnis, sagt Anna: "Und wenn ich mich im Freundeskreis umschaue, zahle ich nicht einmal am meisten für das Wohnen." Die Wohnform profitiert vom Mangel an leistbarem Wohnraum. Am privaten Markt wurden die Mieten wegen der Inflation mehrfach erhöht, die Betriebskosten sind gestiegen, und flexible Mietverhältnisse, wie von internationalen Studierenden gewünscht, sind nicht üblich. Noch ein Vorteil der servicierten Wohnungen: Besichtigung und Anmietung gehen online, egal, wo auf der Welt man sich befindet.

Die Stockwerksküche gibt es immer noch – auch wenn Anna (links) und Cristina eigentlich ihre eigenen Küchen haben.
Foto: Lea Sonderegger

Vieles hat sich im Studentenleben verändert – aber nicht alles: Die gute alte Stockwerksküche gibt es immer noch. Zwei sind es im Triiiple-Turm, obwohl jedes Zimmer eine eigene Küche hat. Im Regal stehen stylishe Plastikpflanzen und Coffee-Table-Books. Derzeit wird ein zitroniger Raumduft getestet, der den Essensgeruch übertünchen soll. Der Geruch von Käsetoast und Tiefkühlpizza liegt trotzdem in der Luft. Es riecht nach Studentenleben. (Franziska Zoidl, 4.5.2023)