Landeshauptmann Wilfried Haslauer, Landtagspräsidentin Brigitta Pallauf und Verkehrslandesrat Stefan Schnöll wirken nicht begeistert von ihrer Partnerwahl.

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Mit ernsten, erstarrten Gesichtern verkündete das Führungsteam der ÖVP Salzburg am vergangenen Dienstag, mit der FPÖ in Koalitionsverhandlungen treten zu wollen. Die Mimik des Kernteams um den amtierenden Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP) sollte ausdrücken: Diese Entscheidung haben wir nicht gerne getroffen. Aber es ging nicht anders. Kühl, nüchtern, aber konstruktiv soll die erste Verhandlungsrunde zwischen ÖVP und FPÖ über eine künftige Landesregierung abgelaufen sein. Ein Gespräch dieser Art passt zu Haslauer, kühle, konstruktive Nüchternheit wird auch ihm zugeschrieben. Seit voriger Woche freilich noch ein weiteres Etikett, das ihn für viele nicht mehr so vorteilhaft aussehen lässt: Er habe vor seinem Abgang von der politischen Bühne noch den Türöffner für die Freiheitlichen im Land Salzburg gemacht.

Der Landeshauptmann weiß das wohl – und reagiert wie vor ihm die niederösterreichische Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner. Er versucht, den Sozialdemokraten die Schuld für Schwarz-Blau in Salzburg in die Schuhe zu schieben.

Demgegenüber steht die fröhlich lächelnde FPÖ-Chefin Marlene Svazek, die am Mittwoch voller Tatendrang als Speerspitze ihrer Mannschaft in den Chiemseehof spazierte. Ihr Ziel, Landeshauptfrau zu werden, hat sie zwar noch nicht erreicht. Aber eine Amtsperiode lang kann sie für diese Position als Stellvertreterin üben. Die ÖVP wird vier Sitze in der Landesregierung übernehmen, die FPÖ drei.

Marlene Svazek führt ihre Mannschaft in den Chiemseehof. Ihr Ziel, Landeshauptfrau zu werden, ist zwar noch nicht erreicht. Die blaue Regierungsbeteiligung löst jedoch offensichtliche Freude aus.

Kunstgriff Dreierkoalition

Die Art und Weise, wie Haslauer den Schritt hin zur dritten schwarz-blauen Koalition in den Bundesländern vorbereitet hat, ist erstaunlich. Sein taktischer Kunstgriff, um nicht selbst für die Verantwortung für diese Koalitionsvariante tragen zu müssen: das Angebot einer großen Dreierkoalition aus ÖVP, FPÖ und SPÖ.

Den Sozialdemokraten machte er zunächst ein Angebot, das diese ablehnen mussten. Denn die Verteilung der Regierungssitze – vier für die ÖVP, zwei für die FPÖ und einen für die SPÖ – war kein Vorschlag für eine Allianz auf Augenhöhe, auch wenn es der Landeschef so verkaufen wollte. Das taktische Manöver der proporzähnlichen Zusammenarbeit diente offenbar schon vorsorglich dazu, der SPÖ den schwarzen Peter zuzuschieben für den Fall, dass diese Variante scheitern würde.

Zwei Fehler der SPÖ

Freilich hat auch die SPÖ im Regierungspoker Fehler gemacht: einen bereits im Wahlkampf, in dem sie selbst nie eine Zusammenarbeit mit der FPÖ ausgeschlossen hat. Erst nach der Wahl führte SPÖ-Chef David Egger die FPÖ-Beteiligung in der Dreierkoalition als Ausschlusskriterium an. Er wolle nicht "das rote Gewissensmascherl einer rechtskonservativen Regierung" sein, sagte Egger. Nach der Wahl, wohlgemerkt.

Der zweite Fehler der Sozialdemokraten: ein kurzfristiger Umfaller in dieser ablehnenden Haltung am vergangenen Dienstag. Kurz vor dem ÖVP-Präsidium, in dem Haslauer seine Entscheidung für eine Koalition bekanntgeben wollte, hatte Egger noch das Vieraugengespräch mit dem Landeshauptmann gesucht. Er zeigte sich dabei, nach zweimaliger Absage, nun doch offen für weitere Sondierungen zu dritt. Doch da wollte FPÖ-Chefin Svazek nicht mehr sondieren. Was Haslauer perfekt in seine Erzählung passt: "Ich habe ein Problem damit, wenn jemand ständig seine Meinung ändert." Die SPÖ, aber auch die hauchdünne Mehrheit von einem Mandat seien nicht stabil genug für eine Regierung. Mit anderen Worten: Ihm bleibe nun nichts anderes übrig, als den Weg in die Regierung mit der FPÖ zu gehen.

Gugelhupf und Sachertorte

Am Mittwoch, dem Tag seines 67. Geburtstags, lud Haslauer zur ersten Verhandlungsrunde mit den Freiheitlichen. Als Geschenk brachte die gutgelaunte Svazek, die sich bereits nach der Wahl 2018 Hoffnungen auf eine Regierungsbeteiligung gemacht hatte, eine Sachertorte und Rotwein mit. Die Mehlspeise lässt zurückdenken an das Jahr 2013, als Haslauer erstmals als Wahlgewinner die Regierungsgespräche führte und einen Gugelhupf zur Verhandlung des Dreierbündnisses mit den Grünen und dem Team Stronach mitgebracht hatte. Der Marmorkuchen stand später sinnbildlich für den neuen politischen Stil, der in Salzburg Einzug halten sollte. Ein partnerschaftlicher Umgang, bei dem nicht der Misserfolg des einen, sondern der Erfolg aller zähle. So stellte es jedenfalls der damals designierte Landeshauptmann Haslauer dar.

Das FPÖ Verhandlungsteam brachte Sachertorte und Wein mit zur ersten Verhandlungsrunde an Haslauers Geburtstag.
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In der Realität konnte sich keiner der kleinen Koalitionspartner gegen die ÖVP durchsetzen. Und auch der politische Umgangston war alles andere als konziliant. Zwar rückte meist nicht Haslauer selbst aus, um die Koalitionspartner schlecht dastehen zu lassen – das erledigte oft Klubobmann Wolfgang Mayer oder man ließ andere Parteien einfach an der schwarzen Beamtenschaft anlaufen.

Auch mit der FPÖ wird sich die Salzburger ÖVP wohl der Strategie des einstigen schwarzen Bundeskanzlers Wolfgang Schüssel bedienen und hoffen, dass sich die Freiheitlichen in der Regierung "entzaubern". Das hat Haslauer zumindest mit den Grünen, den Neos und dem Team Stronach geschafft.

Wie Haslauer seine Macht ausspielt, hat er bereits beim ersten Pressegespräch der beiden künftigen Partner klargemacht. Die Ressortaufteilung stehe zwar am Schluss der Verhandlungen. Es sei aber klar, dass die Ressorts, die die ÖVP traditionell habe, auch weiterhin behalten werde, sagte Haslauer. Für die FPÖ würden dann das undankbare Wohnbauressort, an dem sich schon die Neos und das Team Stronach die Zähne ausgebissen haben, sowie die Bereiche Soziales, Pflege und Umweltschutz bleiben.

Es spricht nichts dagegen, dass die Verhandlungen wie vorgesehen bis Ende Mai positiv abgeschlossen werden. Denn inhaltlich trennt ÖVP und FPÖ wenig. Beide haben sich im Wahlkampf etwa für eine Entmachtung der Landesesumweltanwaltschaft ausgesprochen, um Projekte zur Gewinnung von erneuerbarer Energie zu beschleunigen. Auch in Sachen Wolfsschutz ist man einig. In festgelegten Weideschutzgebieten werden Abschüsse erlaubt, kündigte Haslauer im ORF-Radio an. Beide Parteiobleute wollen im Übrigen auch die ORF-Landesabgabe abschaffen.

Einer der wenigen Knackpunkte könnte der Ausbau der Windenergie im alpinen Bereich sein, für den sich Haslauer erst seit kurzem ausspricht. Für die Freiheitlichen kommen Windräder im Alpenraum nicht infrage, sie können sich dafür Wasserkraft im Nationalpark vorstellen. Auch in der Frage der Kinderbetreuung könnte es sich spießen: Die FPÖ fordert eine Art Herdprämie für Eltern, die ihre Kinder zu Hause betreuen. Trotzdem meinen Beobachter, die unterschiedlichen Ansichten dürften kein großes Problem in den Verhandlungen darstellen.

Spannend wird, wie eine schwarz-blaue Regierung die drängendsten Probleme der hohen Wohnkosten und der fehlenden Fachkräfte, vor allem in der Pflege, lösen will. Menschen aus dem Ausland anzulocken, um offene Stellen zu besetzten, wird mit der FPÖ schwer umzusetzen sein. Beim Wohnen setzten beide Parteien vor allem auf Eigentumsförderung. Doch Eigentum ist in Salzburg für Normalverdiener längst nicht mehr leistbar. (ANALYSE: Stefanie Ruep, 6.5.2023)