Dagmar Belakowitsch wünscht sich ein "gesamtösterreichisches, tragbares Konzept".

Foto: APA / HELMUT FOHRINGER

Wien – Die FPÖ ortet ein Jahr nach Verkündung der Pflegereform durch die Regierung weiterhin Stillstand und warnt vor einer Personalnot in diesem Bereich. Laut Sozialsprecherin Dagmar Belakowitsch ist seitdem nichts passiert. Sie schlug am Dienstag in einer Pressekonferenz vor, die Pflegeausbildung wieder niederschwelliger zu gestalten und attraktiver zu machen. Zudem müssten Deutschkenntnisse für Pflegerinnen und Pfleger verpflichtend sein.

Geht es nach Belakowitsch, brauche es beim Thema Pflege dringend einen Zusammenschluss zwischen Bund, Ländern und Gemeinden – eine Chance würden die derzeit laufenden Finanzausgleichsverhandlungen bieten. Herauskommen solle dabei ein "gesamtösterreichisches, tragbares Konzept". Alle Landeshauptleute und Sozialreferenten sollten sich zudem an einen Tisch setzen, damit in der Pflege nicht nur die Bundesländergrenzen fallen, sondern auch finanzielle.

Belakowitsch will Ausbildung ohne Matura-Voraussetzung

Geht es nach den Freiheitlichen, sollte die Pflegeausbildung durchaus beibehalten werden. Jedoch hätte die Akademisierung zu Schranken geführt. Belakowitsch fordert daher eine niederschwellige und trotzdem hochwertige Ausbildung ohne Matura als Voraussetzung. Die von der Regierung jüngst beschlossene Pflegelehre sei zwar auch immer eine Forderung der Freiheitlichen gewesen. Diese müsste jedoch attraktiver werden, etwa durch höhere Entschädigungen und Gratisunterkünfte.

Was die FPÖ noch fordert, um der Krise entgegenzuwirken, sind Deutschkenntnisse als Voraussetzung für diese Tätigkeit. So sei es zwar nett, dass die Regierung etwa marokkanische Pflegekräfte anwerben will, aber "das wird so nicht funktionieren". So bezweifelt Belakowitsch etwa, dass Muslime die Körperpflege bei 80-jährigen Frauen übernehmen würden. "Frauen werden wir schon gar nicht bekommen", glaubt die FPÖ-Sozialsprecherin.

Derselben Meinung ist auch der freiheitliche Bundesratsfraktionsvorsitzende Christoph Steiner, der selbst Therapeut ist. "Wenn der Pfleger oder die Pflegerin kein Deutsch spricht, da spielen sich Dramen ab", berichtete er aus seiner beruflichen Erfahrung. So bekämen Pflegebedürftige etwa die falsche Medikation und könnten oft nicht getrocknet werden. Mehr Wertschätzung forderte er auch für pflegende Angehörige ein. Diese würden oft wie Bittsteller behandelt.

Gesundheitsministerium: Es gibt bereits Sprachanforderungen

Das Gesundheits- und Sozialministerium betont auf STANDARD-Anfrage: "Die österreichische Bevölkerung wird immer älter, der Bedarf an Langzeitpflege wird steigen. Ohne qualifizierte Zuwanderung von außen werden wir adäquate Pflege in Österreich künftig nicht sicherstellen können." Zudem wird festgehalten, dass es bereits jetzt sprachliche Voraussetzungen für den Eintritt in Gesundheitsberufe gebe. Zur Ausübung des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege sind etwa laut Paragraf 27, Absatz Eins Gesundheits- und Krankenpflegegesetz (GuKG) Personen berechtigt, die "über die für die Berufsausübung erforderlichen Kenntnisse der deutschen Sprache verfügen".

In jenen Fällen, in denen ein Nachweis der Kenntnisse der deutschen Sprache erforderlich ist, seien Zeugnisse über die erfolgreich absolvierte Sprachprüfung des geforderten Sprachniveaus vorzulegen, erklärt das Gesundheitsministerium. Für die Eintragung in das Gesundheitsberuferegister und damit für die Berufsberechtigung muss man als Pflegeassistenz etwa das Sprachniveau B1 nachweisen, als diplomierte Gesundheits- und Krankenpflegerin B2 und als Logopädin etwa C1.

Kritik von den Grünen

Kritik an der freiheitlichen Forderung nach einer Deutschpflicht für Pflegekräfte kam von den Grünen. Pflegesprecherin Bedrana Ribo zeigte sich "mehr als schockiert über die hetzerischen Aussagen". Ausländischen Fachkräften gehöre der rote Teppich ausgerollt, meinte sie stattdessen. Neos-Gesundheitssprecherin Fiona Fiedler meinte: "Eine Deutschpflicht wird die Pflegekrise nicht lösen, im Gegenteil." Sie werde den Pflegenotstand noch verschärfen.

Die Pflegereform sei steckengeblieben, kritisierte auch Diakonie-Direktorin Maria Katharina Moser zum Jahrestag des Regierungsvorhabens: "Die Maßnahmen, die gesetzt wurden, waren durchaus wichtig, aber keine Reform, sondern Notmaßnahmen. Wie wir tagtäglich beobachten, vergrößert sich der Notstand trotz der Maßnahmen weiter."

Auch das Rote Kreuz sieht keine Lösungen in der Versorgungskrise im Pflegebereich. Bis 2030 fehlten in Österreich 75.000 Pflegekräfte. "Es muss uns gelingen, Menschen in diesem Feld zu halten und für diesen Beruf neu zu gewinnen", lautete der Aufruf des stellvertretenden Generalsekretärs des Roten Kreuzes, Peter Kaiser. Nicht zuletzt kritisierte auch der Samariterbund die stockende Pflegereform. "Wird nicht rasch gehandelt, so wird die Pflege selbst immer mehr zum Pflegefall", meinte Präsident Franz Schnabl in einer Aussendung. (APA, red, 9.5.2023)