Der Buzz weckt Begehrlichkeiten, die Auftragsbücher sind prallvoll. Heißt auch: etliche Monate Wartezeit. Was noch kommt: Lang- und Nutzfahrzeugversion.
Foto: Andreas Stockinger

Test: Michael Völker

"Papa, warum fahren wir nicht mit dem?" Mikas Frage war berechtigt, zumal auch die Mama ein begehrliches Auge auf den bunten elektrischen Retrobus geworfen hatte. Es gab noch ein anderes Auto zur Auswahl, ein rasantes, flaches, eines mit Flügel hintendran, also recht fetzig und vielversprechend, sogar mit ordentlichem Sound. Aber die Präferenz des Kleinen war klar und deutlich: "Der Bus! Ich will mit dem Bus fahren!" Also fahren wir mit dem Bus.

Der alte, runde VW Bus, der Bulli, der war und ist eine Stilikone, erstaunlich, was heute für Preise dafür verlangt und auch gezahlt werden, Orientierungsmarke: 150.000 €. Der alte Bus war wunderbar schön und niedlich, kuschelig und sympathisch. Und cool. Das gelingt den wenigsten: kuschelig und cool zu sein. Männer scheitern zu Tausenden an diesem Anspruch oder Vorsatz. Und dann gab es dutzende Varianten späterer VW-Busse, eigentlich wurden sie immer hässlicher, eckiger, größer, praktischer, ja, aber so was von keinem Charme.

Im Vergleich: der Campervan VW T3 Westfalia.
Foto: AFP

Stylisches Gefährt

Aber erzählen Sie das bloß keinem der Besitzer, die finden die hässlichsten Kastln noch schön. Ein Freund von mir hat einen T3, er liebt ihn, möchte am liebsten darin wohnen – wie soll man ihm sagen, was für ein hässliches Gefährt das ist. Ich habe mit dem neuen Buzz bei ihm vorbeigeschaut, das war so richtig gemein. Da braucht man nichts sagen. Der Buzz, der kommt von der Formensprache, von seiner Klar- und Schlichtheit am ehesten an den alten Bulli, an die Legende heran. Der ist stylish, ohne peinlich zu sein, er ist praktisch, ohne hässlich zu sein, er ist modern, ohne langweilig zu sein.

Und das Beste: Er schaut nicht nur gut aus. Er fährt sich auch richtig gut. Unkompliziert elektrisch, dass es eine Freude ist. Die Reichweite ist auch ganz okay, 300 Kilometer sind es locker, wenn alles gut läuft und nicht gerade Eiseskälte oder brütende Hitze herrscht. Zugegeben, auf dem Weg nach Marokko muss man da schon ein paarmal stehen bleiben, aber das ist erst ein Anfang, wir werden uns mit der Reichweite schon noch steigern.

Richtig ansprechend auch der Innenraum des Buzz, erstmals bei einem ID-VW – geht also doch!

Eine Einstellung

Gemütlich ist der Buzz sowieso, viel Platz, gute Sitze und ein angenehmes Gefühl von luftigem Bus, man möchte stehen bleiben und noch ein paar Leute mitnehmen, damit der Platz gut genützt wird. Tatsächlich kommt man mit den Leuten schnell in Kontakt, man wird angesprochen und ausgefragt. Eigentlich wird einem zu diesem Auto permanent gratuliert, und dann wollen die Menschen halt noch ein paar Sachen wissen. Ja, so wie er dasteht, mit allem Drum und Dran, 85.000 Euro, da legen die Leute schon den Kopf schief und sinnieren einen Moment, aber es ist ein Lebensauto, eine Einstellung. Voll retro und durch und durch modern, dabei ganz unkompliziert im Handling.

Uns war klar, wir müssen mit dem Auto raus aus der Stadt, wir fuhren zu Donau, gingen am Strand spazieren und fühlten uns leicht und fröhlich, Mika sammelte Steine, die verteilte er dann im Buzz. Und die passende Lektüre sag ich Ihnen auch noch dazu: Drop City von T. C. Boyle, da sehen Sie schon auf dem Buchcover den Bus in voller Hippie-Kriegsbemalung.

Ein schöner Rücken kann auch entzücken.
Foto: Andreas Stockinger
Foto: der Standard

Test: Andreas Stockinger

Jänner 2001, Detroit Auto Show. Wir haben soeben den ersten Rundgang beendet – bisherige Höhepunkte: Porsche Carrera GT, Mazda RX-8 (noch als Studie), Nissan Z (wird 2002 zum 350Z), Volvo SCC, aus dem 2006 der Serien-C30 hervorgeht – und stehen nun vor einem der gelungensten Showcars der Messe in Motown, dem VW Microbus vulgo Mircobus, schöne Grüße, Heinz; auch eine Art Pick-up/Pritschenversion haben die Wolfsburger mitgebracht.

Neun Monate später ereilt uns auf der IAA in Frankfurt die Botschaft der Anschläge in New York und Washington, keiner will es erst glauben. Das alles kommt mir in den Sinn, als ich nun, 22 Jahre später, im ID. Buzz sitze. Hat die Welt inzwischen einen anderen Lauf genommen? Gewiss. Auch im Bereich der Mobilität.

Gerade der lange Weg vom Mircobus zum Buzz zeigt die zurückgelegte Strecke. Einmal die Sache mit dem Retro-Trend. Der New Beetle (seit 1997) war außerhalb der USA ein Flop. Chryslers PT Cruiser detto: Kurzer Hype, dann war es vorbei. Verständlich, wenn VW sich die Sache mit einer auf den ersten Bus, den Bulli, verweisenden Neuauflage lieber zwei, drei Mal überlegte. Retro, so zeigt sich in der Nachbetrachtung, funktioniert bisher nur beim Fiat Cinquecento und bei Mini.

Die Studie Microbus von 2001 zeigt, wie lange VW mit dem Retro-Bus-Gedanken schwanger ging.
Foto: Volkswagen

Neuer Antrieb

Doch jetzt, 2023, hat VW den Nagel auf den Kopf getroffen. Der ID. Buzz ist ein ausgemachter Sympathieträger, was den Nachteil hat, dass man mitunter kaum vom Parkplatz wegkommt, weil jede und jeder einen auf das Auto anspricht, und auch antriebstechnisch – das wäre nämlich der Hauptunterschied zur Studie von 2001 – zeigen die 22 Jahre die Dramatik des Wandels.

Denn glasklar, der ID. Buzz ist ein E-Auto, wie die anderen "Ideen" ("I" und "D" auf Deutsch gelesen, so wie "Volkswagen") baut er auf dem Modularen E-Antriebs-Baukasten MEB auf und ist meines Erachtens der erste ID-Designwurf, der sitzt. Ideal.

Apropos sitzen: Fünf Plätze wären im Buzz Pro 150 kW zu vergeben, sie belegen sich stets flugs, und es sitzt sich VW-typisch bequem. Die luftige Atmosphäre nimmt weiter für den Bus ein, nur ganz hinten, beim Kofferraum, ergeben sich Fragen. Die eigentliche Ladefläche ist recht hoch angebracht, unter dem doppelten Boden finden sich zwei Behältnisse für das Kabelzeugs, da wird viel Platz verschenkt. Mal sehen, wie die Lösung bei der kommenden Langversion aussieht.

Auch der Kofferraum bietet viel Stauraum.
Foto: Andreas Stockinger

Komfortabel und begehr

Wirklich praktisch sind natürlich die seitlichen Schiebetüren, wie bei manchem Minivan vorzeiten, und es handelt sich ja streng genommen immer noch um ein Kleinbus-, ein Van-Konzept.

Was den Fahrbetrieb anlangt: Da kommt doch tatsächlich ein Hauch von Erinnerung auf an Bulli-Zeiten – bei der Lenk- und Sitzposition. Die Fahrwerksabstimmung ist in Richtung Komfort getrimmt, und der Wagen beschleunigt zwar E-Auto-mäßig zügig, benötigt mit seinem 150-kW-Heckmotor – Bulli schau ába – aber doch über zehn Sekunden für null auf 100 km/h. Jaja, Leichtgewicht ist er mit 2,5 t auch nicht, doch welches E-Mobil ist das schon.

Bei 145 km/h ist Schluss, ist auch gut so, denn bei Autobahntempo ist der Buzz alles andere als ein Sparweltmeister: Knapp 28 kWh / 100 km gönnte sich der Buzz da im noch dazu Winterbetrieb. Da schrumpfen die 400 km Normreichweite, bereitgestellt vom 77-kW-Akku, rasch zusammen. Der grundsätzlichen Sympathie tut das keinen Abbruch. ID. Buzz. Möge die Macht mit ihm sein. (Michael Völker, 10.5.2023)