Im Rahmen der Studie der Uni Wien werden muslimische Schüler beispielsweise mit folgender Aussage konfrontiert: "Es ist ekelhaft, wenn Homosexuelle sich küssen."

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Projektleiter Ednan Aslan war bereits für die kritisierte "Islamlandkarte" und die umstrittene Kindergartenstudie verantwortlich.

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Wien – Eine Studie unter muslimischen Schülerinnen und Schülern sorgt teilweise für Irritation unter den Betroffenen und Kritik durch die Muslimische Jugend (MJÖ). So seien Jugendliche aus dem regulären Unterricht geholt worden, um unter externer Aufsicht mit Aussagen konfrontiert zu werden wie: "Es ist ekelhaft, wenn Homosexuelle sich küssen." Die Studie wird von der Universität Wien erstellt und trägt den Namen "Effekte des islamischen Religionsunterrichts in Österreich".

Bildungsminister Martin Polaschek (ÖVP) distanzierte sich von der Studie. Er betonte zudem, dass für derartige Studien eigentlich eine Qualitätssicherung zu erfolgen habe. Fragen müssten ethischen Standards entsprechen. Nach Informationen des Ministeriums sei bei einzelnen Bildungsdirektionen angefragt worden, ob die Studie durchgeführt werden darf. Gewisse hätten allerdings abgelehnt. "Ich persönlich lehne eine solche Art von Befragungen ab", sagte der Minister. Kinder müssten sich in der Schule in einem sicheren, geschützten Raum aufhalten und gebildet werden können. "Das muss selbstverständlich mit dem gebotenen Respekt und Professionalität erfolgen unter Wahrung der Persönlichkeitsrechte der Kinder."

Laut Website der Universität zielt das Forschungsprojekt auf die "Evaluierung des islamischen Religionsunterrichts in Österreich" mittels aus quantitativer Forschung gewonnener Ergebnisse ab. Verglichen wird dabei die Einstellung zum Islam und anderen Religionen bei Schülerinnen und Schülern der neunten Jahrgangsstufe, die den islamischen Religionsunterricht besuchen, und jenen, die sich vom Unterricht abgemeldet haben. Projektleiter ist Ednan Aslan. Er war bereits für die kritisierte "Islamlandkarte" und die umstrittene Kindergartenstudie verantwortlich. Für den STANDARD war Aslan bisher nicht erreichbar.

Verlosung von E-Reader

Befragt werden sollen bei der Querschnittsstudie pro Gruppe rund 1.000 Probandinnen und Probanden. Ziel ist es laut offizieller Darstellung, "anhand des mittels Fragebogen erhobenen Wissens und der erhobenen Einstellung die Effekte des islamischen Religionsunterrichts in Österreich zu eruieren, was als Grundlage zu dessen Weiterentwicklung dienen soll". Als Anreiz werden unter allen Schülerinnen und Schülern, die den Fragebogen vollständig ausfüllen, drei E-Reader verlost.

Kritik gibt es einerseits an den Fragestellungen selbst. So finden sich zwischen Wissensfragen über den Islam auch unterschiedliche Formulierungen, die offensichtlich die Gesinnung der Schülerinnen und Schüler abklären sollen. So wird etwa abgefragt, ob Muslime nur mit ihresgleichen befreundet sein und Frauen für unsittliches Verhalten bestraft werden sollten.

Muslimische Jugend kritisiert "rassistische Struktur" der Studie

Die Schülerinnen und Schüler sollen zudem entscheiden, wer in die Hölle kommt, und eine Einschätzung abgeben, ob Männer Schwächlinge seien, wenn sie keine Gewalt anwenden. "Mich stört der Anblick von behinderten Menschen" lautet eine weitere Aussage, die bewertet werden soll. Eine weitere: "Wenn Frauen in der Öffentlichkeit Miniröcke oder freizügige Kleidung tragen, signalisieren sie sexuelle Bereitschaft."

Die MJÖ spricht von einer "rassistischen Natur" der Studie. Der tendenziöse Aufbau und die stigmatisierende Umsetzung scheinten bereits vorgefertigte Ergebnisse als Grundlage zu haben. Die betroffenen Jugendlichen würden von einem "Gefühl des Unbehagens und des Unverständnisses" darüber berichten, dass ausschließlich muslimische Schülerinnen und Schüler an der Umfrage teilnehmen mussten, hieß es in einer Stellungnahme gegenüber der APA.

Die Universität Wien bedauerte in einer Stellungnahme gegenüber der APA, dass die Studie unter muslimischen Schülerinnen und Schülern für Irritation gesorgt habe. "Wir nehmen die Kritik ernst und werden uns gemeinsam mit der Universität Siegen um eine rasche Klärung der Faktenlage bemühen", meinte Rektor Sebastian Schütze. Die Namen zweier Theologen, die für das Projekt neben Aslan mitverantwortlich sein sollen – ein katholischer und ein evangelischer –, waren übrigens am Donnerstag von der Website der Uni Wien verschwunden.

IGGÖ verlangt "Ende manipulativer Forschung" zu Musliminnen und Muslimen

Die Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGÖ) hat die Stellungnahmen von Polaschek und Schütze in einer Aussendung begrüßt und ein "Ende manipulativer Forschung" zu Musliminnen und Muslimen gefordert. Das Bildungsamt der IGGÖ habe bereits beim ersten Auftauchen der Fragebögen im September letzten Jahres gegenüber den Bildungsdirektionen kommuniziert, dass diese Studie ohne Zustimmung der IGGÖ angestrengt wurde, und darauf hingewiesen, dass diese wissenschaftlicher Forschung prinzipiell aufgeschlossen gegenüberstehe, sie ein ethisch fragwürdiges Studiendesign, das muslimische Jugendliche unter Generalverdacht stelle, aber nicht unterstütze. (APA, red, 11.5.2023)