Loreen aus Schweden kann ihr Glück kaum fassen: Kein Nagel ist abgebrochen! Und über den Gewinn des 67. Eurovision Song Contest freut sie sich auch.

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Wie lange ihr Lied "Tattoo" dem Publikum im Ohr sein wird, ist ungewiss, aber diese Fingernägel wird man länger nicht vergessen. Die Schwedin Loreen hat das, was der Handwerker 100er-Nägel nennt. Nur nicht als Verbindungswerkzeug zwischen zwei Brettern, sondern als Finger-Extension. Loreen mit den Scherenhänden. Das muss man mögen, man kann es aber auch ein wenig gruselig finden.

Ausdrucksstark ergriffen empfing die 39-jährige Loreen in der Nacht auf Sonntag den Zuspruch der Jury und des Publikums des 67. Eurovision Song Contest (ESC). Die als Favoritin gehandelte Sängerin errang und ersang den ersten Platz für Schweden, das nun die ehrenvolle Aufgabe hat, den Song Contest im nächsten Jahr auszurichten. Nachdem es bereits der siebente Sieg Schwedens ist, dürfte da eine gewisse Gelassenheit herrschen. Auch für Loreen war es nicht ihr erster Erfolg beim Song Contest, bereits 2012 kehrte sie als Siegerin aus Baku heim.

VIDEO: Wie politisch ist der ESC?
DER STANDARD

Österreichs Beitrag von Teya & Salena kam auf Platz 15. Die Jury war von dem Lied "Who the Hell is Edgar?" stärker angetan als das europäische Publikum. Die Buchmacher hatten das Duo zuvor unter den ersten Zehn gesehen. Die Band Käärijä aus Finnland kam knapp hinter Schweden auf Platz zwei; sie waren die Publikumslieblinge. Während Schweden insgesamt 583 Punkte erhielt, waren es für Finnland 526. Israels Noa Kirel folgte mit 326 Punkten und kam mit dem Lied "Unicorn" auf Platz drei.

Blau-gelbes Liverpool

Wiewohl der Bewerb in Liverpool abgewickelt worden war, hieß der Gastgeber Ukraine. Das unter Russlands Angriffskrieg leidende Land hatte ihm Vorjahr gewonnen, eine sichere Austragung der Großveranstaltung wäre in der Ukraine aber nicht möglich gewesen, England war als Veranstalter eingesprungen. Die Ukraine konnte heuer mit dem Duo Tvorchi und dem Lied "Heart Of Steel" den sechsten Platz erreichen. Eine Videobotschaft des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj während des Song Contests wurde vom ESC untersagt, das sei mit der unpolitischen Ausrichtung des Bewerbs nicht vereinbar.

Die Solidarität mit der Ukraine war dennoch spürbar, Liverpool nahm sich zugunsten des Gastgebers wohltuend zurück; etliche Geschäfte in der britischen Hafenstadt waren in den Farben Blau und Gelb geschmückt, den Nationalfarben der Ukraine.

Loreen mit "Tattoo" – der Siegernummer.
Eurovision Song Contest

Der Bewerb mag möglichst unpolitisch wirken, das Rundherum ist es nie. So wurde das heurige Motto "United by Music" nicht nur als Zeichen pro Ukraine verstanden, sondern als Votum wider den Brexit. Schließlich hatten in Liverpool beim Brexit-Referendum 58 Prozent der Bewohnerinnen und Bewohner gegen den Austritt Englands aus der EU gestimmt. Geholfen hat es dem englischen Beitrag nicht: Mae Muller landete mit der blassen Disconummer "I Wrote A Song" auf Platz 25 und wurde damit Vorletzte.

Das Schlusslicht markierte Deutschland. Die Band Lord Of The Lost kam mit der verweichlichten Hardrocknummer "Blood & Glitter" auf nur 18 Punkte, aber es heißt ja, Dabeisein ist auch schön.

Österreich trotz allem happy

Österreich erreichte im zweiten Semifinale am vergangenen Donnerstag den zweiten Platz und eröffnete das Finale mit Startnummer eins. Vielleicht nicht das günstigste Los, doch in einem ersten Statement nach dem Finale kommentierten Teya & Salena den Ausgang mit lockerer Zufriedenheit: "Wir waren nicht enttäuscht, sondern happy, dass wir Teil dieser großen Show sein konnten."

Eurovision Song Contest

Was die Zukunft für das Duo bringt, ist nach dessen Aussage noch offen, zumal die beiden Sängerinnen eigentlich als unabhängige Solo-Acts ihr Glück im Business versuchen. Eine gemeinsame Aussicht besteht aber durchaus: Die beiden könnten nächstes Jahr einen Amadeus gewinnen. Schließlich hat heuer sogar Lum!x feat. Pia Maria einen gewonnen. Für das Lied, mit dem sie im Vorjahr beim Song Contest am Finaleinzug gescheitert waren. (Karl Fluch, 14.5.2023)