Karoline Edtstadler könnte Johannes Hahn (hier beide gemeinsam im Bild mit Energie- und Klimaschutzministerin Leonore Gewessler) in Brüssel beerben.

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Die Europawahlen finden zwar erst 2024 statt. In den europäischen Parteifamilien laufen die Vorbereitungen, mit wem auf den Wahllisten sie in den EU-Wahlkampf ziehen, bereits an. Einflussreiche Posten in EU-Institutionen werden bevorzugt an Leute vergeben, die konkrete Erfahrungen in europäischer Politik haben.

Wie DER STANDARD berichtete, läuft alles darauf hinaus, dass Ursula von der Leyen, die Präsidentin der Kommission, sich um den Verbleib im Amt bemühen wird und sich bei den EU-Wahlen in Deutschland um ein Mandat bewirbt. Bei vielen Regierungen setzt sich die Ansicht durch, dass wegen des Ukrainekrieges Kontinuität Priorität hat.

Die CDU-Politikerin könnte im Amt mit einer Übergangskommission gut handlungsfähig weitermachen. Ansonsten würde es mit Beginn des Wahlkampfs fast ein Jahr dauern, bis ein Nachfolger samt neuem Team antritt. Das gilt auch über von der Leyen hinaus. Sollte ihre Parteifamilie, die EVP, gewinnen, könnten die Sozialdemokraten (S&D) als Zweite den Nachfolger des Ständigen Ratspräsidenten Charles Michel nominieren. Der Liberale muss nach fünf Jahren aufhören. Für EU-Außenbeauftragten Josep Borrell (S&D) könnte Belgiens liberaler Ex-Außenminister Didier Reynders kommen, derzeit Justizkommissar.

Hahn geht in Pension

Aus österreichischer Sicht stellt sich die Frage, was mit Budget- und Personalkommissar Johannes Hahn passiert, seit 2010 in Brüssel. Hahn wird nach Auslaufen seines Mandats im Herbst 2024 in Pension gehen, hat er intern schon angekündigt: "Ich werde mir die weitere Entwicklung als Pensionist anschauen."

Wer ihn ersetzen könnte? Formal ist es so, dass die Bundesregierung nach den EU-Wahlen von der im Parlament gewählten neuen (alten) Präsidentin aufgefordert wird, zwei Kandidaten zu nominieren: eine Frau und einen Mann. Fänden Nationalratswahlen wie geplant im Herbst 2024 statt, wird die schwarz-grüne Regierung nominieren.

Edtstadler mit EU-Erfahrung

Europaministerin Karoline Edtstadler werden die größten Chancen zugeschrieben. Die Juristin war bereits 2019 neben Otmar Karas EU-Spitzenkandidatin der ÖVP, übte das EU-Mandat ein halbes Jahr aus, ehe sie als Verfassungsministerin in die Regierung Kurz berufen wurde.

Sie sagt dazu: "Diese Frage stellt sich derzeit nicht. Ich mache mit Leib und Seele, was ich jetzt machen darf. Es ist kein Geheimnis, dass ich ein internationales ‚Zweitherz‘ habe." Grundsätzlich gelte: "Strebe nichts an, schlage nichts aus."

Außer ihr genannt: Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP); Klimaministerin Leonore Gewessler (Grüne), Karas, seit 1999 EU-Abgeordneter (ÖVP). Kommissarskandidaten müssen vor Ernennung ein Hearing im EU-Parlament bestehen. (Thomas Mayer aus Brüssel, 15.5.2023)