Auch in Bonn wird gegen das Iran-Regime protestiert.

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Teheran – Im Iran sind drei weitere Demonstranten nach umstrittenen Prozessen hingerichtet worden. Die Männer seien Freitagfrüh exekutiert worden, berichtete das Justizportal Misan. Die Protestteilnehmer wurden beschuldigt, während der landesweiten Demonstrationen gegen die iranische Staatsführung im November drei Sicherheitskräfte in der Metropole Isfahan getötet zu haben. Unabhängig überprüfen lassen sich die Vorwürfe nicht.

Geständnisse laut Amnesty unter Folter erzwungen

Bei den hingerichteten Männern handelte es sich um Saleh Mirhashemi, Majid Kazemi und Saeed Yaghoubi. Gemäß islamischer Rechtsauffassung im Iran wurden sie unter anderem wegen "Kriegsführung gegen Gott" angeklagt und zum Tode verurteilt. Mirhashemi war laut Recherchen der "New York Times" Karatechampion.

Erst vor wenigen Tagen wurde bekannt, dass Irans Oberster Gerichtshof die Urteile bestätigt hatte. Bis zuletzt kämpften Menschenrechtler und Angehörige dafür, die Vollstreckung der Todesurteile zu verhindern. Amnesty International berichtete, die Geständnisse seien unter Folter erzwungen worden.

Seit Jahren kritisieren Menschenrechtler die Anwendung der Todesstrafe im Iran. Die Exekution von vier Protestteilnehmern zu Jahresbeginn löste international und im Iran einen Aufschrei aus. Der Staat verfolgte nach Einschätzung von Kritikern damit das Ziel, die Protestbewegung einzuschüchtern. Während die Straßenproteste nach den Hinrichtungen deutlich abnahmen, drücken viele Frauen und junge Leute ihren Protest mittlerweile in anderen Formen aus. In den Metropolen etwa ignorieren viele Frauen demonstrativ die Kopftuchpflicht.

Seit Tagen kämpften die Familien um das Leben ihrer zum Tode verurteilten Söhne. Eltern harrten teils vor der Haftanstalt aus, während die Vollstreckung immer wahrscheinlicher wurde. Menschenmassen versammelten sich Montagnacht noch vor dem Gefängnis, um gegen die drohenden Exekutionen zu protestieren. Amnesty International verbreitete zuletzt eine handgeschriebene Notiz der drei Männer, die aus der Haftanstalt geschmuggelt worden sein soll. "Lasst nicht zu, dass sie uns töten", stand auf dem Zettel.

Menschenrechtler sprechen von Hinrichtungswelle

Seit mehreren Wochen sprechen Menschenrechtler im Iran von einer Hinrichtungswelle. Nach Einschätzung der UN wurden dieses Jahr bereits mehr als 200 Menschen im Iran exekutiert. Organisationen wie Amnesty International kritisieren insbesondere den hohen Anteil ethnischer Minderheiten. Laut einem Bericht stieg die Zahl der erfassten Hinrichtungen im Iran von 314 im Jahr 2021 auf 576 im Jahr 2022. Auch die Exekutionen zweier EU-Bürger hatten internationale Kritik ausgelöst. Diese sind vergleichsweise eher ungewöhnlich.

Auch einem im Iran verurteilten Deutsch-Iraner droht die Hinrichtung. Ein Revolutionsgericht hatte den 68-jährigen Jamshid Sharmahd im Februar unter anderem für einen Terroranschlag verantwortlich gemacht. Familienangehörige und Menschenrechtler bezeichneten die Vorwürfe als haltlos und kritisierten das Verfahren als grob unfair. Die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock hatte Teheran aufgefordert, das "absolut inakzeptable" und willkürliche Urteil rückgängig zu machen. Der Iran erkennt doppelte Staatsbürgerschaften nicht an.

Protestwelle

Auslöser der Protestwelle im Herbst war der Tod der jungen iranischen Kurdin Jina Mahsa Amini. Sie starb Mitte September in Polizeigewahrsam, nachdem sie wegen Missachtung der islamischen Kleidungsvorschriften von der Sittenpolizei festgenommen worden war. Ihr Tod löste die schwersten Proteste seit Jahrzehnten aus – zunächst im Rahmen einer Frauenbewegung gegen den Kopftuchzwang, dann gegen das gesamte islamische System. Irans politische und klerikale Führung steht unter Druck. Mehr als 500 Demonstranten wurden laut Menschenrechtsorganisationen während der Proteste getötet.

Der Iran steht seit einem Aufstand gegen die Monarchie 1979 unter einer theokratischen Herrschaft. In dem Staat am Persischen Golf mit fast 84 Millionen Einwohnern herrschen strenge islamische Vorschriften. Die Demonstranten und die iranische Opposition im In- und Ausland fordern eine säkulare Demokratie. Das Land leidet zudem schon länger unter einer schweren Wirtschaftskrise. Nach Spannungen mit dem Westen und Streit über Irans Atomprogramm haben internationale Sanktionen die Wirtschaft deutlich geschwächt. (APA, 19.5.2023)