Wien - Halbzeit auf dem Weg zum Europäischen Hochschulraum: 1999 haben 29 Länder die "Bologna-Erklärung" zur Schaffung eines gemeinsamen Rahmens für die europäischen Bildungssysteme bis zum Jahr 2010 unterzeichnet. Mittlerweile verfolgen 40 europäische Länder dieses Ziel. Die Bildungsminister der Unterzeichnerstaaten wollen auf der dritten Nachfolgekonferenz der Bologna-Konferenz am Donnerstag und Freitag in Bergen (Norwegen) eine Zwischenbilanz dieses Prozesses ziehen, der sich vor allem durch die Umstellung der Universitäts- und Fachhochschulstudien auf Bakkalaureat- und Master-Studiengänge bemerkbar macht. Bildungsministerin Elisabeth Gehrer (V) sieht Österreich in diesem Prozess "gut positioniert".

Wie Gehrer am Mittwoch im Gespräch mit der APA betonte, gibt es derzeit bereits 172 Bakkalaureat- und 217 Master-Studien in Österreich. Laut Nationalbericht für die Konferenz in Bergen sind damit rund 25 Prozent jener Studienprogramme, die auf das neue zweigliedrige System umgestellt werden können, in dem neuen System organisiert. Auch die Fachhochschulen haben demnach bereits rund ein Viertel ihres Studienangebots in dem neuen zweistufigen System.

Gehrer ist überzeugt, dass "nach einer gewissen Übergangsphase das neue Studiensystem relativ flächendeckend angeboten werden wird". In einigen Studienbereichen würden aber noch ernsthafte Diskussionen geführt, wie etwa der Medizin, wo eine Umstellung nicht in Frage komme, oder in den Rechtswissenschaften, wo die Frage zu klären sei, welche Berufsfelder es für Bakkalaureat-Absolventen gebe.

"Sehr erfreulich" ist für die Ministerin, dass Österreich in allen Studien bereits auf das ECTS-Punkte-System (European Credit Transfer System) umgestellt habe. Dieses System erleichtert die Vergleichbarkeit von Prüfungen und damit deren Anerkennung. Aus diesen Gründen erwartet Gehrer ein gutes Abschneiden Österreich bei einer internationalen Bestandsaufnahme über die Umsetzung des Bologna-Prozesses, die bei der Konferenz in Bergen vorgestellt werden soll.

Dass der Abschluss Bakkalaureat am Arbeitsmarkt noch nicht so anerkannt ist, bereitet der Ministerin keine Sorgen. Einerseits gebe es noch nicht viele Absolventen, andererseits würden Firmen Arbeitskräfte zunehmend danach bewerten, was sie können und nicht nach einem akademischen Grad. Es bedürfe einfach auch einer gewissen Übergangszeit.

Als Ziele der Konferenz in Bergen nannte Gehrer, dass die Einführung des neuen Studiensystems weiterhin auf freiwilliger Basis erfolgt. "Wir wollen keine zentrale Behörde haben, die das überwacht", so die Ministerin. Zudem wird an der Realisierung von neuen, europaweit einheitlichen Doktoratstudien gearbeitet. Diese sollen ein höheres Level als bisher erreichen, mit drei bis vier Jahren länger dauern, stärker strukturiert und betreut werden. Zudem sollen die Doktoratprogramme verstärkt in Forschungsprojekte eingebunden und junge Doktoratstudenten bereits als Forscher gesehen werden. "Damit schaffen wir die Verbindung zwischen dem Europäischen Hochschulraum und dem Europäischen Forschungsraum", so Gehrer. Bei der Konferenz wird mit der Aufnahme von Armenien, Aserbaidschan, Georgien, Moldawien und Ukraine die Zahl der "Bologna"-Länder auf 45 erhöht. (APA)