Die stellvertretende ÖH-Vorsitzende Patrice Fuchs hat sich entschieden, ihre Kinder schon während des Studiums zu bekommen.

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Wien - Patrice Fuchs hat sich ganz bewusst dafür entschieden, ihre Kinder während des Studiums zu bekommen: "Mein Gedanke war: Wenn ich ein Kind will, dann am besten während der Ausbildung, wenn ich meine Zeit noch relativ flexibel einteilen kann."

Die frühere Vorsitzende der ÖH ist mit diesem Lebenskonzept keine Ausnahme: "Wir haben die Erfahrung gemacht, dass Wissenschafter entweder ganz jung, schon während des Studiums Kinder bekommen oder nach der Habilitation", sagt Karoline Iber vom Kinderbüro der Universität Wien im Gespräch mit dem STANDARD. Frauen, die eine wissenschaftliche Karriere anstreben, seien sich dessen bewusst, "dass sie sich im Alter von 30 bis 40 habilitieren müssen, um eine Perspektive auf längerfristige Anstellung zu bekommen".

Warten auf Habilitation

Zeittechnisch könne die Realisierung des Kinderwunsches also knapp werden. Die Statistik zeigt: Der Anteil von Müttern ist gerade unter den nicht habilitierten Wissenschafterinnen mit 34,4 Prozent am geringsten, steigt aber nach der Habilitation auf über 50 Prozent an. Von den insgesamt ohnehin wenigen Professorinnen an den heimischen Hochschulen hat rund die Hälfte Kinder. Vergleichsweise viele männliche Kollegen auf der obersten Universitätsebene sind hingegen auch Väter: 81,30 Prozent.

Umgekehrt die Verteilung auf der Ebene der universitären Verwaltung: 49 Prozent der Frauen haben ein oder mehrere Kinder; unter den in der Verwaltung tätigen Männern sind es knapp 45 Prozent (Stand: 2002).

In dem vom Kinderbüro publizierten Sammelband "Eltern schaffen Wissenschaft" erzählen Studierende, Lehrende und Forschende von ihrem persönlichen Handling der Doppelherausforderung von Uni-Job und jenem als Vater oder Mutter. "Gerade die Entscheidung für die Wissenschaft ließ mich meinen Kinderwunsch umsetzen", ist eine im Band zitierte Historikerin bemüht, die These, wonach Uni-Karriere und Kinderglück nur schwer unter einen Hut zu bekommen sind, zu widerlegen. Sie habe ihre Schwangerschaft von vornherein mit eingeplant und somit nicht als Unterbrechung gesehen. Für Kinderbüro-Leiterin Karoline Iber ein Beispiel für jene "Flexibilität und Selbstorganisation", die besonders Eltern in der Wissenschaft aufweisen müssten.

Auch die Studierenden: Im Jahr 2002 hatten rund zehn Prozent von ihnen bereits ein Kind. Die Studiendauer hat sich dadurch um rund drei Semester verlängert. Das "Klischee des Studienabbrechers" ist laut Iber aber widerlegt: Hier gebe es "keine nennenswerten Unterschiede zwischen Studierenden mit und jenen ohne Kind".

Wer an der Uni bleibt, kann dennoch mit Brüchen im Forschungsfokus konfrontiert werden, wie die Geografin Elisabeth A. in "Eltern schaffen Wissenschaft" beschreibt. Sie betont vor allem räumliche Veränderungen: "Der Schwerpunkt hat sich von der Forschung auf europäischer Ebene auf die nationale Ebene verlagert." Für Kongresse kann beim Kinderbüro der Universität Wien eine so genannte "Flying Nanny" gebucht werden, die sich vor Ort um die Kleinen kümmert. Neben dem Kinderzimmer mit flexiblen Betreuungszeiten gibt es zudem das "Elternzimmer" mit Computerarbeitsplätzen für wissenschaftlich tätige Mütter und Väter.

(Karin Moser/DER STANDARD-Printausgabe, 27.5.2005)