Bild nicht mehr verfügbar.

Foto: APA/dpa/Leonhart
Wien - Acht Uhr ist zu früh oder: Früher Schulbeginn macht Teenager zu schlechteren Schülern: Zu diesem Ergebnis kommen US-Forscher von der Universität Chicago in einer neuen, in der jüngsten Ausgabe des Fachjournals Pediatrics publizierten Studie. 60 High-School-Schüler mussten Schlaftagebücher während der Schulwoche, am Wochenende und in den Ferien führen sowie Tests am Morgen, zu Mittag und am Nachmittag schreiben. Mit dem Resultat, dass alle Teenager nach elf Uhr wesentlich leistungsfähiger und aufmerksamer waren als bei den Prüfungen am Vormittag.

Nächtlicher Zeitverlust

Zudem beobachteten die Forscher, dass die Heranwachsenden während der Schulwoche ein veritables Schlafdefizit ansammelten. Durchschnittlich zwei Stunden Schlaf pro Nacht "verloren" die Schüler in Schulwochen im Gegensatz zu Wochenend- oder Ferientagen. Die meisten Jugendlichen könnten nur an schulfreien Tagen ihrem natürlichen Schlafbedürfnis folgen. Die Conclusio der US-Schlafforscher lautete: Um die "Lernperformance zu maximieren", sollte der Unterricht später starten und Schularbeiten am Nachmittag angesetzt werden.

Psychologin Christiane Spiel, Dekanin der Fakultät für Psychologie an der Uni Wien und Mitglied der Zukunftskommission, beurteilt generelle Aussagen über jugendliche Schlafdefizite und späteren Schulbeginn skeptisch. "Die Frage ist: Was steckt dahinter? Ja, es gibt ein gewisses durchschnittliches Schlafbedürfnis, das bei Teenagern im Wachstum auch steigt, aber es schwankt individuell. Entscheidend ist, wie man den Schlaf aufteilt und wann die Kinder ins Bett gehen. Schlafmangel ist relativ häufig selbst gemacht", sagt Spiel im STANDARD-Gespräch.

Für Teenager sei das Heimkommen und Spät-ins-Bett-Gehen ein "typisches Kampffeld gegen die Eltern. Das müssen wir zur Kenntnis nehmen. Aber", so die Psychologin, "hier sind die Eltern gefordert, mit den Kindern das Schlafbedürfnis zu beobachten und zu schauen, dass es gedeckt wird. Dazu gehört halt auch, am Abend früh genug ins Bett zu gehen". Zwar könne das Faktum, dass es Morgen- und Abendmenschen gebe, nicht ausgeschaltet werden, aber eines sei unbestritten: "Schlafzeit ist auch Lernzeit. Studien zeigen, dass während des Schlafens Lerninhalte verarbeitet werden." Daher sei die Schlafmenge insgesamt entscheidender als der Aufstehzeitpunkt, um rechtzeitig in der Schule zu sein.

Neben dem vermeintlich zu frühen Unterrichtsbeginn gebe es aber, verweist Spiel auf "Arbeitszeitstudien" über Schüler, noch einen anderen Grund für Schlafdefizite.

Schul-Saisonarbeiter

Neben Kindern, die kontinuierlich lernen, gebe es die so genannten "Saisonarbeiter, die vor Schularbeiten extrem viel lernen - oft auf Kosten des Schlafes. Dann kommen sie natürlich entsprechend unausgeschlafen in die Schule. Dieses Lernen ohne genug Schlaf führt nicht zum Erfolg".

Auch im Bildungsministerium ist man sich der unterschiedlichen Biorhythmen der Kinder bewusst. Das Problem sei aber durch eine Verschiebung des Unterrichtsbeginns nach hinten nicht wirklich zu lösen, sagt Gerhard Krötzl von der Abteilung Schulpsychologie: "Es muss halt - auch im Hinblick auf die Arbeitswelt - eine gesellschaftliche Übereinkunft über den Schulbeginn geben. Aber in gewisser Weise kann man den Rhythmus eines Kindes schon auch in den Griff kriegen." Kindlichen Morgenmuffeln ist beim Aufstehen mit einem "kleinen Vorlauf und Morgenroutinen mehr geholfen, als wenn man sie ein paar Minuten länger schlafen lässt und dann hetzt". (DER STANDARD-Printausgabe, 14.6.2005)