Die E-Card: Patienten sind noch skeptisch, die Ärzteschaft zeigt sich über den verbundenen finanziellen Mehraufwand wenig begeistert.

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Nicht nur dem Rechnungshof kommt die derzeit laufende E-Card-Einführung zu teuer. Auch die Doktoren selbst klagen über zum Teil "unentrinnbare Zusatzkosten" von bis zu 1000 Euro. Patienten sind noch skeptisch, ergab ein Standard-Lokalaugenschein.

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Wien – Für Ute Holubetz, Ordinationsmanagerin in der Wiener Praxisgemeinschaft Wilhelmstraße, sind die Vorteile der blassblauen Plastikkarte mit der Hand zu fassen; sie muss sich nur bücken und die Lade eines Büromöbels zu ihren Füßen aufziehen.

"Schauen Sie sich einmal diesen ganzen Papierkram an", mosert sie dann angesichts der zu Vorschein kommenden prallen Krankenscheinsammlung. Und hofft auf baldige fußfreie Zeiten im engen Anmeldungskämmerchen der Großordination: Mit der flächendeckenden Einführung der E-Card werde es mit dem Scheineanhäufen – und somit auch mit dem kantigen Büromöbel – "ein für alle Mal vorbei sein".

"Dodelsicher"

Zudem – so Holubetz – sei die Bedienung der E-Card "wirklich dodelsicher". Rein mit der Karte in das Lesegerät und rauf mit dem Computercursor auf die richtige Programmzeile am Bildschirm – und schon ist der Patient Patient. Leisen Vorbehalten im Wartezimmer – "Ich lehne es prinzipiell ab, meine Daten zentral speichern zu lassen", merkt etwa Patientin Jitka Z. an – hält sie Faktisches entgegen: "Auf der E-Card stehen weniger Informationen als davor auf dem Krankenschein."

Ab Einführung der E-Card – und mit Ende des Krankenscheinausstellens durch den Arbeitgeber – werden Letztere zum Beispiel nicht mehr darüber informiert, zu welchem Arzt ihre Dienstnehmer gehen und wann sie das tun. "Genau das macht die Karte für die meisten Patienten attraktiv", erzählt Reinhard Dörflinger, Allgemeinmediziner in der Wilhelmstraße, aus seiner Praxis. Überhaupt stehe die Mehrheit der Versicherten der E-Card positiv gegenüber.

Weniger ausgeprägt sei die diesbezügliche Freude jedoch unter ärztlichen Kollegen. Schuld daran hätten "unentrinnbare Zusatzkosten" ebenso wie allgemein "die Erschwernisse der Übergangszeit", erläutert der Sprecher der Grünen Ärzte Wien. "Derzeit müssen wir die Daten von Patienten, die mit einem Krankenschein zu uns kommen, noch händisch in den Computer eingeben", schildert Ordinationshilfe Holubetz.

Während Christian Kohnen-Sülzer, Arzt für Allgemeinmedizin in Wien-Simmering, gar mit Gerüchten über eine Praxisauflösung zu kämpfen hatte. Der E-Card- taugliche Computer wurde dem Mediziner erst mit 14 Tagen Verspätung geliefert. Zu diesem Zeitpunkt waren einige Patienten bereits Plastikkartenbesitzer. Also wurden Vermutungen laut: "Manche haben gedacht, der nimmt die E-Card einfach nicht, der modernisiert nicht. Ein paar haben sogar geglaubt, ich sperr' bald zu", erzählt der Doktor.

Verspätet

Kohnen-Sülzers rückblickender Rat: "Es wäre wohl besser gewesen, zuerst alle Ärzte mit dem E-Card-System auszurüsten." Doch wie bekannt kam es anders: Mit Stichtag 8. Juli arbeiteten 800 von insgesamt rund 3000 Wiener Ordinationen mit der Karte – und 3800 von 12.000 Ärztepraxen bundesweit. "Damit sind wir ungefähr drei Wochen hinter dem Plan", verkündete Hauptverband-Geschäftsführer Volker Schörghofer am Montag.

Doch auch die glücklich Angeschlossenen haben einiges zu kritisieren. "Leider gehöre ich zu denen, wo bei der E- Card-Installation massive Probleme aufgetreten sind. In der EDV hatte ich einen Supergau. Auskünfte bei den Hotlines waren leider wenig hilfreich", beschwerte sich dieser Tage etwa ein Wiener Mediziner schriftlich bei der Wiener Ärztekammer. "Trotz achtwöchiger Voranmeldung" sei der Telekom-Techniker erst nach fünffacher Nachfrage erschienen.

Erlebnisberichte aus dem Provider-Hotline-Dschungel wie dieser erreichten die Wiener Ärztevertreter derzeit in beachtlicher Zahl, schildert Hans-Peter Petutschnig, Sprecher der Wiener Ärztekammer. Während Mediziner zornig vom Im-Kreis-geschickt- Werden berichten: "Als ich den ersuchte, beim Systemeinleiten gleich zwanzig Me 5. Spalte ter Kabel mitzubringen, da meine Ordination großflächig ist, hieß es: ,Das geht nur im Rahmen eines Extratermins.‘"

Überteuert Zudem komme die E-Card den Doktoren teuer, fügt Reinhard Dörflinger hinzu. Wer seine Ordination auf den aktuellen Stand papierloser Diagnoseerfassung bringen wolle, müsse "an die 1000 Euro privat bezahlen". Zwar trage die Kammer in manchen Fällen Teile der Summen, doch: "Der Unmut über die Zusatzkosten wird sich in den kommenden Honorarverhandlungen niederschlagen." (Irene Brickner, Christoph D. WeiermairDER STANDARD, Printausgabe, 09.08.2005)