Wien – Wer nicht zu jenen 550 Bewerbungsschreibern gehört, die aufgrund des Poststempels einen der begehrten Studienplätze an der Medizinuni Innsbruck erhalten haben, bekommt in den nächsten Tagen – ebenfalls postalisch – Antwort von der Hochschule. Im Kuvert: der offizielle Bescheid, dass man keine Berechtigung hat, ein Medizinstudium in Tirol zu beginnen.

Bescheid als Chance

Mit dem Bescheid könnten sich aber auch neue Chancen auftun: Schließlich gilt das Dokument als Voraussetzung dafür, dass das von der Hochschule gewählte Zulassungsverfahren in dritter Instanz vor dem Verwaltungsgerichtshof (VwGH) bekämpft werden kann. Die Höchstrichter rechnen jedenfalls mit Anträgen. Und planen bereits darüber hinaus: "Wir fordern jetzt vom Bildungsministerium mehr Material über die Zahl der deutschen Studienanfänger sowie über die Vergleichbarkeit von Abitur- und Maturazeugnissen. Dann werden wir entscheiden, ob wir in dieser Frage ein neues EuGH-Verfahren anstrengen", sagt Richter Heinz Kail zum Standard.

Das Verfahren einer abgewiesenen deutschen Studienwerberin, die noch vor dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes einen Antrag an den Verwaltungsgerichtshof gestellt hatte, ermöglicht diesem nun, sich grundsätzlich mit der Frage des offenen Hochschulzugangs zu beschäftigen. Denn anhand des konkreten Einzelfalles kamen die Verwaltungsrichter zu der Erkenntnis, dass diese Frage vom EuGH "nicht abschließend geklärt" sei. Zudem könne aus dem Urteil "nicht zweifelsfrei abgeleitet werden", dass deutsche Studienwerber nun Anspruch auf Zulassung in Österreich hätten.

Balsam auf der Haut der Bildungsministerin. Denn Elisabeth Gehrer (VP) sieht sich damit in ihrer Argumentationslinie bestätigt. Auch für den neuen Hochschul-Sektionschef Friedrich Faulhammer "unterstreicht der VwGH unsere bisherige Vorgehensweise". Bis Ende Oktober will das Ministerium "fundierte Zahlen" über die Anzahl deutscher Studienanfänger an das Höchstgericht liefern.

Als Indikator für die Feststellung der "Gleichwertigkeit" von Abitur- und Maturazeugnis gilt den Verwaltungsrichtern eine "Konvention über die Gleichwertigkeit der Reifezeugnisse" aus dem Jahr 1953. Die sei zwar nach europäischem Recht nicht bindend, könne aber als Maßstab herangezogen werden. "So ohne Weiteres" könne der EuGH nicht behaupten, "dass das gleichwertig ist", hoffen die Verwaltungsrichter – und wohl auch die Ministerin. (DER STANDARD-Printausgabe, 7.10.2005)