Mindestens zehn Gründe sprechen gegen das Kinderbetreuungsgeld für alle, das die schwarz-blaue Koalition ab 2002 einführen will.Erstens: Es ist eine völlige Systemumstellung, von einer Versicherungsleistung zu einer Sozialleistung . Bisher galt: wer vorher gearbeitet und Beiträge eingezahlt hat, bekommt Karenzgeld, wer keine Beiträge geleistet hat, bekommt es nicht. Künftig gilt: alle bekommen das Geld, egal was vorher war. Das ist auch eine Abkehr vom Leistungsprinzip, das Schwarz und Blau sonst gerne predigen. Zweitens: Das Fatale an Sozialleistungen ist: Sie können jederzeit beliebig gekürzt oder gar abgedreht werden. Es gibt keine wie immer geartete Sicherheit. Wie gewonnen, so zerronnen. Drittens: Nach Wünschen der ÖVP und der zuständigen FPö-Ministerin Elisabeth Sickl (Informationsstand: 28. April 2000) sollen es alle bekommen, ob arm oder reich. Das widerspricht der Treffsicherheit von Sozialleistungen, die Schwarz-Blau laut ihrem Regierungspakt ja überprüft haben will. Es lebe die Gießkanne!! Viertens: Das neue Geschenk kostet mindestens zusätzlich vier bis fünf Milliarden Schilling. Einen Luxus, den sich die Alpenrepublik nicht leisten sollte: Aus budgetären und politischen Gründen. Wer unter den geplanten Gebühren und Steuererhöhungen stöhnt, kann partout nicht verstehen, warum Frau Generaldirektor mit einer Zuwaag´ verwöhnt werden soll. Fünftens: Es könnte noch teurer kommen, als bisher angenommen, wenn das stimmt, was AMS-Chef Herbert Buchinger kürzlich sagte. Dann bliebe der Anspruch auf Arbeitslosengeld während der Kinderbetreuungsphase unangetastet. Frauen, die vorher Anspruch auf Arbeitslosengeld haben, hätten ihn nachher ebenso. Eine ziemliche Verlockung, ein drittes Jahr – als Arbeitslose mit dem Mobilitätshemmnis „Kind“ – zu Hause an zu hängen. Das würde weitere Milliarden kosten und Mütter mit Sicherheit vom Arbeitsmarkt weglotsen. Sechstens: In Wirklichkeit verdient das Kinderbetreuungsgeld den Namen nicht. Ob die Empfängerin ihren Nachwuchs selbst betreut, ihn der Omi überantwortet oder gar einer fremden Person, spielt ja keine Rolle. Bleibt es dabei, dass pro Monat auch noch 12.000 ÖS netto – das sind immerhin 18.000 Blaue brutto – dazuverdient werden dürfen, könnte es im Extremfall sogar passieren, dass Mütter oder Väter fulltime hakeln, ohne das Kinderbetreuungsgeld zu verlieren. Siebentens: Dass alle Kinder gleich viel wert sind, ist ohnehin ein Holler. Schon vergessen, dass für ein schnelles Zweitkind nur die Hälfte bezahlt werden soll? Selbst wenn Ministerin Elisabeth Sickl mit ihrem Vorstoss durchkommt und für Alleinerzieherinnen zweieinhalb Jahre Kinderbetreuungsgeld herausschlagen sollte, gebe es noch lange keine Gleichwertigkeit: Ein Kind zweier Partner brächte es in drei Jahren auf insgesamt 225.000 ÖS, der Nachwuchs von AlleinerzieherInnen aber selbst dann „nur“ auf 187.500 ÖS. Achtens: Zweifelhaft ist, ob Männern nicht nur formal zu Hause bleiben würden Mögliches Szenario: „Er“ pfuscht, kassiert Betreuungsgeld, und an „ihr“ bleibt – nach der Arbeit – wieder alle Kinder- und Hausarbeit hängen. Neuntens: Wenn 12.000 ÖS netto dazuverdient werden dürfen, könnten Firmen ihre karenzierten MitarbeiterInnen mit sanften Druck überreden, auf jeden Fall weiterzuarbeiten. Womöglich sollen sie ihren alten Job erledigen, halt in kürzerer Zeit und für weniger Geld. Dafür ersparen sich die Chefs eine Ersatzkraft. Zehntens: Es gibt keine ernst zu nehmenden ExpertInnen, die glauben, durch diese Art von Geburtenprämie die arg gesunkene Geburtenrate tatsächlich ankurbeln zu können. Schon aus dem einfachen Grund, weil es immer weniger Frauen in gebährfähigem Alter gibt. Zudem tun sich selbstbewußte und gut ausgebildete Frauen immer weniger die stressige Kindererziehung an.